Mehr Nachdenklichkeit und politischer Durchblick als bei Birlikte
15 000 bekamen den Arsch huh und demonstrierten am vergangenen Sonntag gegen »Gewalt, Rassismus und Neonazis – Für ein buntes und tolerantes Köln«.
Anlass war das Entsetzen über die Zusammenrottung von Hooligans am 26. Oktober in Köln, die ungehindert Nazi-Parolen grölen und den Hitler-Gruß hatten zeigen können. »Wir wollen, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur, Religion und sexueller Orientierung friedlich und respektvoll zusammenleben und Flüchtlinge unsere Solidarität erfahren. Gewalt und Intoleranz – ob vom braunen Pöbel oder von fanatischen Salafisten – trifft auf unseren aktiven Widerstand.« »Wir müssen und werden wachsam bleiben und die Neonazi-Szene, die rechtsradikale Pro Köln-Partei wie auch die rechtspopulistische AfD in Köln genau im Auge behalten.«
Das war nötig und ermutigend.
Aber es gab auch Kritik.
In Köln ist die Neigung verbreitet, gesellschaftliche Gegensätze mit Heimatkitsch zu verrühren. »Du bes Kölle« (Du bist Köln) hieß die Losung und ein Lied: »du bes Fastelovend, Du bes janz nevvenbei Blootwosch... Du bes d'r Neven un DuMont, bes Oppenheim«. Also Leser und gleichzeitig Verleger? Opfer der PPP-Geschäfte von Oppenheim & Esch und gleichzeitig die Nutznießer? So schunkeln wir uns die Welt schön. »Kölle – du bes super tolerant«
Dazu der Kabarettist Jürgen Becker: »Köln ist nicht supertolerant. Hier gibt es genauso viele Fremdenfeinde wie in jeder großen Stadt.« Just die Kölschtümelei biete eine offene Flanke zum rechten Rand. Das saß. Er hatte die Bühne dafür.
Vor zwei Jahren, als »Arsch huh« 20jähriges Jubiläum feierte, hatte er sie nicht. Das Konzert sei der Versuch, kommentierte Becker damals, die Nazis mit der Androhung penetrant kölscher Musik aus der Stadt zu treiben. Denn rechtsextremes Gedankengut entstehe ja immer aus übertriebener Liebe zu dem Ort, an dem man geboren ist. »Aus unreflektierter, stumpfer Heimatverbundenheit. Wenn man denkt, die eigene Kultur, das eigene Volk und die eigene Lebensweise sei das Beste auf der Welt und für die Welt. Ein Gedanke, der Köln bekanntlich komplett fremd ist. Und das demonstriert man, indem ausschließlich Kölner Bands in Köln vor Kölnern mit einem Kölsch in der Hand auf kölsch singen, wie schön kölsch-multikulturell et in Kölle is.«
Nun, so schlimm war es diesmal gar nicht. OB Jürgen Roters wanzte sich zwar bei den verdutzten Demonstrantinnen und Demonstranten huldvoll an und erklärte, wie stolz er auf sie sei. Aber es kam insgesamt mehr Nachdenklichkeit und politischer Durchblick zusammen als zu Pfingsten bei Birlikte. Georg Restle (Monitor-Redaktion) sezierte Hogesa und Pegida und ihre Zielstellungen. Es kamen Vertreter der FC-Ultras Coloniacs zu Wort. Die Höhner gaben zusammen mit Kutlu Yurtseven (Microphone Mafia) dessen Lied »Der Opportunist« zum Besten. Eko Fresh textete zum NSU: »Zehn Menschen tot, die Behörde scheinbar schlief, du hast knapp überlebt und sie verdächtigen dich.«
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