Kreismitgliederversammlung der DKP Köln 2024

Bericht des Kreisvorstands

Banner auf der Kreismitgliederversammlung der DKP Köln 2024.
Quelle: DKP Köln

Bericht des Kreisvorstands
KMV 29. Juni 2024

Es ist eine alte, aber hartnäckige Lüge, dass der Faschismus 1933 legal an die Macht gekommen sei. In Wahrheit war es ein Putsch.
In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar hatte der Reichstag gebrannt. Noch in derselben Nacht wurde Marinus van der Lubbe als Täter festgenommen. Tausende Kommunisten und andere Linke, in deren angeblichem Auftrag Lubbe das Gebäude in Brand gesetzt haben soll, kamen in Haft. Grundlage war eine Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat, kurz Reichstagsbrandverordnung, die noch in derselben Nacht erlassen wurde. Offenkundig aber hatten die Nazis selbst den Reichstag in Brand gesetzt.

Die Diktatur begann am 23. März 1933 mit dem Ermächtigungsgesetz. Das war nicht nur dem Inhalt nach offen gegen die Weimarer Verfassung gerichtet. Artikel 1 bestimmte: «Reichsgesetze können durch die Reichsregierung beschlossen werden.» Artikel 2: «Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze können von der Reichsverfassung abweichen.»
Denn absehbar war, dass die 120 Abgeordneten der SPD dem Gesetz nicht zustimmen würden. Über 81 Abgeordnete verfügte die KPD. Die waren alle in Haft oder auf der Flucht. Die für ein verfassungsänderndes Gesetz nötige Zweidrittelmehrheit war folglich gefährdet. Vorsorglich war zuvor die Geschäftsordnung geändert worden.
Bei der Abstimmung waren, wie es die Weimarer Reichverfassung verlangte, zwar «zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl» des Reichstages, nämlich 535 von insgesamt 647 Abgeordneten, anwesend. Und es hatten davon 441, also mehr als «zwei Drittel der Anwesenden» mit «Ja» und 94 mit «Nein» gestimmt.
Aber 81 KPD-Abgeordnete sowie 25 sozialdemokratische Abgeordnete waren an der Sitzungsteilnahme gewaltsam gehindert. Und nach der gerade geänderten GO des Reichstags wurde das Nicht-Erscheinen der Abgeordneten als «unentschuldigtes Fehlen» gewertet.
Die Frage der Legalität des Übergangs zum Faschismus hat nach wie vor erhebliches politisches Gewicht. Von der Bundesrepublik wurden nicht nur Nazi-Gesetze übernommen, sondern auch faschistische Unrechtsurteile gerechtfertigt. Ministerpräsident Filbinger verteidigte sich bekanntlich mit dem Satz, was damals Recht war, heute nicht Unrecht sein könne.
Unterdessen werden wir nach dem Rezept des Froschkochens sachte und peu à peu an Krieg und Faschismus als neue Normalität gewöhnt.

Der Trend in Europa geht nach rechts. Das ist nicht neu, die Rechtsentwicklung lässt sich schon lange beobachten. Die extreme Rechte ist auf dem Vormarsch und hat sich längst in den staatlichen Strukturen und den Institutionen der EU etabliert. In Italien stellt mit Giorgia Meloni die faschistische «Fratelli d'Italia» gar die Ministerpräsidentin, der stellvertretende Ministerpräsident ist Matteo Salvini von der nicht weniger faschistischen Lega. Auch in Ungarn (Fidesz mit Ministerpräsident Victor Orban), in Finnland (Die Finnen) und in der Ukraine (Sluha narodu, deutsch: Diener des Volkes) stellt die extreme Rechte Regierungsparteien. In Polen regierte die klerikal-konservative, nationalistische PiS (deutsch: Recht und Gerechtigkeit) bis Dezember 2023. In Österreich endete die Regierungskoaltion von ÖVP und der rechtsextremen FPÖ unter Sebastian Kurz infolge der «Ibiza-Affäre» bereits nach 2 Jahren im Mai 2019. Beinahe wäre der Faschist Geert Wilders (Partij voor de Vrijheid) Ministerpräsident geworden.

Wenn man sich die Politik dieser Regierungen anschaut, dann wird klar, was uns im Falle einer CDU/AfD-Regierung blüht. Und das wird weit über die Zumutungen der Ampel-Regierung hinausgehen, über das, was unter der SPD-geführten Regierung bereits an Sozialabbau und Einschränkung demokratischer Rechte betrieben wird. Aber auch manches bestehende Gesetze wird seine wahre Bestimmung erst dann finden. Man muß sich nur das NRW-Versammlungsgesetz ansehen, das Bestrebungen zur Änderung der Eigentumsordnung als terroristisch definiert. Und welche Organisationen wird der Verfassungsschutz unter einer Regierung mit AfD-Beteiligung als extremistisch bewerten?

In Österreich beschloss im Jahr 2018 die ÖVP/FPÖ-Fraktion beispielsweise eine im übrigen immer noch gültige Reform, die es Unternehmen erlaubt, ihre Beschäftigten 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche arbeiten zu lassen.
Eine der ersten Maßnahmen Melonis war die sofortige Streichung der Sozialhilfe. Gegenwärtig will die extreme Rechte in Italien die Verfassung umbauen, um ihre Machtstellung zu festigen. Die Mehrheit von Melonis Koalition hat jüngst einen entsprechenden Entwurf im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, verabschiedet. Er sieht unter anderem eine Entmachtung des Parlaments bei der Wahl des Ministerpräsidentenamtes vor, die künftig direkt erfolgen soll. Zudem soll der Wahlgewinner automatisch eine Mehrheit von 55% der Sitze in beiden Kammern erhalten, also auch bei einer relativen Mehrheit der Wählerstimmen.

Auch die sogenannte politische Mitte radikalisiert sich zunehmend und rückt immer mehr nach rechts. Zwischen radikalen Konservativen und der extremen Rechten verschwimmen die Grenzen.
Die Bereitschaft zur Durchsetzung neoliberaler Politik, mit rechten bis faschistischen Kräften zu paktieren, wächst. Von der Leyen versteht sich bestens mit der Faschistin Meloni und handelte zusammen mit ihr Abkommen zur Flüchtlingsabwehr aus. Auch ihr Parteikollege Manfred Weber, Fraktionschef der EVP, ist ein Fürsprecher der Zusammenarbeit mit der extremen Rechten, die defacto schon seit Jahren in der EU praktiziert wird.

Einmal im Jahr findet seit 2022 in Budapest die CPAC (Conservative Political Action Conference) statt. Die Konferenz verfolgt das Ziel, die Rechtskräfte international zu vernetzen und einen breiten Rechtsblock zu bilden. In diesem wie in den vergangenen Jahren versammelten sich im Rahmen dieser Konferenz sowohl Politiker konservativer Parteien als auch solche, die wie der belgische Vlaams Belang oder der französische Rassemblement National der extremen Rechten zugehören.

Die extreme Rechte organisiert sich, tritt immer offener auf und vernetzt sich mit den konservativen bürgerlichen Parteien. Parallelen zu den Vorgängen Anfang der 30er Jahre drängen sich auf. Damals waren vor allem die Konservativen die Steigbügelhalter für die Faschisten.
Die EU-Wahl brachte den erwarteten Wahlsieg für die extreme Rechte. Beide Fraktionen, in denen diese im EU-Parlament organisiert ist, sowohl die ID (Identität und Demokratie) als auch die ECR (European Conservatives and Reformist), legten deutlich zu. Eine Mehrheit für einen breiten Rechtsblock von Konservativen (EVP) und Ultrarechten (ID und ECR) rückt in den Bereich des Möglichen, wenn man noch die fraktionslosen Rechten, zu denen die AFD-Abgeordneten zählen, hinzurechnet. Nicht zu vergessen die Liberalen, die auch prinzipiell Bündnissen mit Rechts nicht abgeneigt sind.

In Deutschland zeigt die EU-Wahl eine klare Trennung der politischen Landschaft zwischen Ost und West. Im Osten ging die AfD mit Werten bis zu über 30 Prozent als stärkste, im Westen als zweitstärkste Partei aus der Wahl hervor. Bei der CDU verhält es sich umgekehrt. Die Ampel-Parteien sind für ihre dilettantische, vor allem gegen die Interessen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung gerichtete Politik abgestraft worden. Die Prozentzahl der Grünen hat sich halbiert und die SPD hat das schlechteste Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl erzielt. Besonders bei den jungen Wählern bis 25 Jahre sind die Grünen eingebrochen, von 34 % bei der Wahl von 2019 auf nur noch 11%.
Die PdL hat ihr Ergebnis der letzten Wahl halbiert und erreichte bundesweit nur noch 2,7%. Ein Großteil derer, die zuvor die PdL gewählt hat, ist zum BSW gewechselt. Das BSW kam auf 6,2% und hat damit mehr Stimmen bekommen als die PdL bei der vorhergehenden EU-Wahl. Im Osten Deutschlands liegt sie mit 13-16% gar an dritter Stelle, weit vor der SPD. Grüne und SPD würden bei dem jetzigen Stand im Osten bei der nächsten Bundestagswahl unter der 5%-Hürde bleiben. Das ist schon ein politischer Erdrutsch, vor allem ein Rechtsrutsch. Immerhin kommen BSW und PdL im Osten zusammen auf etwa 20%. Viele, die ansonsten die AfD gewählt und deren Friedensdemagogie auf den Leim gegangen wären, haben ihre Stimme dem BSW gegeben. Allein deshalb ist das Ergebnis für diese Partei zunächst einmal positiv zu bewerten, wenngleich sie in der Migrationsfrage und in der Wirtschaftspolitik eher nicht linke Positionen vertritt.

Der Krieg weitet sich aus. Der Westen dreht weiterhin an der Eskalationsspirale. Eine rote Linie nach der anderen wird bei der militärischen Unterstützung der Ukraine übertreten. Nun werden auch Waffen geliefert, mit denen die Ukraine russisches Staatsgebiet erreichen kann. Ein ukrainischer Drohnenangriff auf eine Radaranlage des russischen Frühwarnsystems gegen anfliegende Atomraketen vor einigen Wochen war den bürgerlichen Medien allenfalls eine kurze Schlagzeile wert, häufig versehen mit dem Adjektiv «mutmaßlich». Die Ukraine hat diesen Angriff nicht auf eigene Faust unternommen, denn diese Drohnen werden der Ukraine mit Zielprogrammierung geliefert. Es handelt sich dabei um eine bewußte Provokation. Das ist nicht einfach nur eine weitere Überschreitung einer roten Linie. Es wird deutlich, dass namentlich die USA den Atomkrieg vorbereitet.
Je mehr sich die Niederlage der Ukraine abzeichnet, desto lauter werden auch die Forderungen nach einem Einsatz eigener Truppen. Macron tut sich dabei besonders hervor. Das wäre dann in der Tat der Schritt in den Weltkrieg.

Zwei Tage vor unserer letzten KMV am 26. Februar 2022 marschierte Russland in der Ukraine ein. Die sogenannte «militärische Spezialoperation» hat schnell die Ausmaße eines verbissenen Stellungskrieges angenommen, mit großen Opfern auf beiden Seiten und unter der Zivilbevölkerung. Uns war von Anfang klar, dass es sich dabei um einen Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland handelt. Und das ist auch der überwiegenden Mehrheit der Weltbevölkerung klar. Bereits das Weißbuch der Bundeswehr von 2016 orientiert auf einen Großmachtkonflikt mit Russland.

Der Westen und die Hegemonialmacht USA stemmen sich mit allen Mitteln gegen ihren ökonomischen, politischen und kulturellen Abstieg. Auch gegen China, das als Dreh- und Angelpunkt einer neuen multipolaren Weltordnung den westlichen Hegemonieanspruch herausfordert, liegen schon detaillierte Kriegspläne vor. Die Rand Corporation hat einen solchen Plan im Jahr 2016 unter dem Titel War with China vorgelegt. Er sieht einen regional auf Ostasien beschränkten und auf konventionelle Waffen begrenzten Krieg vor und rechnet mit einem Sieg, selbstverständlich mit hohen Verlusten auf der gegnerischen und geringen auf der eigenen Seite.
Für die Verteidigung der westlichen Hegemonie wird alles in Kauf genommen: weitere Kriege, zunehmender Hunger auf der Welt, die Verarmung der eigenen Bevölkerung und die bald nicht mehr abzuwendende Klimakatastrophe. Die weltweiten Militärausgaben beliefen sich im letzten Jahr auf 2,443 Billionen US-Dollar, 6,8% mehr als das Jahr davor. Allein 916 Milliarden bzw. 37% dieser Ausgaben fielen auf die USA.

Diplomatie wird zur Lösung von Konflikten vom Westen in Gestalt der G7, der EU, der NATO gar nicht mehr in Erwägung gezogen. Der sogenannte Ukraine-Friedensgipfel, der vor kurzem in der Schweiz stattgefunden hat, galt nicht dem Frieden sondern der Festigung der Front gegen Russland. Das Land war folgerichtig auch nicht eingeladen. Dieses Vorhaben, Russland zu isolieren, ist zum wiederholten Male nicht gelungen. China nahm aufgrund des Ausschlusses Russlands nicht an der Konferenz teil. Andere Länder wie Brasilien, Indien, Südafrika, die im BRICS-Staatenbund mit Russland kooperieren, insgesamt 13 von 92 Teilnehmerländern, wollten die Abschlusserklärung nicht unterzeichnen. Eine weitere politische Schlappe für den Westen und ein weiterer Beleg für die zunehmende Isolierung des Westens.

Auch im Falle des Gaza-Krieges wächst der internationale Druck einerseits auf die israelische Regierung, die rücksichtslose Bombardierung der Zivilbevölkerung mit nunmehr über 40.000 Toten, zumeist Kinder und Frauen, einzustellen und Friedensverhandlungen aufzunehmen, andererseits auf die Unterstützer Israels, allen voran die USA und Deutschland, ihre Waffenlieferungen an Israel zu beenden. Der KV hat einen Beschluss zu Gaza gefasst, der sich auf die Positionen der UNO beruft und den sofortigen Waffenstillstand, die Beendigung der Besatzung und das Recht auf Selbstbestimmung für die Palästinenserinnen und Palästinenser fordert.

Die gegenwärtige rasante Rechtsentwicklung und die wachsende Weltkriegsgefahr sind Ausdruck der Krise des Neoliberalismus, im Kern Folge der Überproduktionskrise. Der Abwärtstrend des Produktivitätswachstums lässt sich für alle wichtigen Industrieländer nachweisen. Der IWF sagt in seiner aktuellen Prognose von Ende Januar für alle westlichen Industriestaaten einen deutlichen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) voraus. Es werden für 2024 rund 1,5 Prozent prognostiziert, während die Schwellen- und Entwicklungsländer auf 4,1 Prozent kommen sollen.

Aber Deutschland ist das einzige Land der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, dessen Wirtschaft im Jahr 2023 geschrumpft ist. In den USA wurden 2023 2,08 Prozent mehr erwirtschaftet als im Vorjahr, für 2024 werden laut statistischem Bundesamt vom 2. Januar 2024 1,48 Prozent erwartet. Die russische Wirtschaft ist im Jahr 2023 um drei Prozent gewachsen.
Die höchsten Wachstumsraten werden in den kommenden Jahren für Indien und China vorausgesagt. Für China prognostiziert der IWF im Oktober einen Anstieg des BIP auf 5%, für Indien ein Wachstum von 6,2%.
Im Jahr 2023 hat der Einzelhandel in Deutschland 3,3 % weniger umgesetzt als im Vorjahr.

Am Dienstag dieser Woche (25. Juni 2024) waren in der Presse die jüngsten Zahlen der Unternehmensinsolvenzen nachzulesen. Für das erste Halbjhar 2024 registrierte die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rund 11.000 Unternehmensinsolvenzen, ein Anstieg von fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Als Ursachen werden genannt: hohe Energie- und Materialpreise, Corona-Nachwirkungen und die Inflation. Von Überakkumulation ist nicht die Rede.
Creditreform hält sich brav an die Sprachregelung und veralbert die Verarmung als Mangel an Kauflaune. Die Firma vergißt aber auch nicht, Standortnachteile deutscher Mittelständler im internationalen Wettbewerb zu bejammern. Kostensteigerungen könne nicht jedes Unternehmen gleichermaßen an Kunden weiterreichen.

In dem Zusammenhang fallen die Energiepreissteigerungen auf. Sie sind hausgemacht. Am 7. März 2024 hat der Bundesrechnungshof einen Bericht zur Umsetzung der Energiewende veröffentlicht. Dort heißt es:
«Die Energiewende ist bei der Stromversorgung nicht auf Kurs: Die Versorgungssicherheit ist gefährdet, der Strom ist teuer und Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt kann die Bundesregierung nicht umfassend bewerten. Insgesamt haben sich die Risiken seit der letzten Prüfung des Bundesrechnungshofes im Jahr 2021 verschärft.» (S.6)
«Hohe Strompreise sind ein erhebliches Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Akzeptanz der Energiewende. Bereits heute steht die Bezahlbarkeit der Stromversorgung in Frage. Die Preise für Strom sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und zählen zu den höchsten in der Europäischen Union: Private Haushalte zahlten mit 41,25 Cent/Kilowattstunde (kWh) im ersten Halbjahr 2023 beispielsweise 42,7 % mehr als der EU-Durchschnitt, Gewerbe- und Industriekunden rund 5 % mehr. Zugleich sind weitere Kostensteigerungen des Energiesystems absehbar.» (S. 8 f.)
Tatsache ist: Schon zu Jahresbeginn 2020, noch vor Corona, hatten 700 der 800 regionalen Stromversorger die Preise angehoben. Ein Jahr später, der Ukrainekrieg war noch nicht in Sicht, kündigten 326 der 700 Gasversorger ebenfalls Preiserhöhungen an. Im Schnitt um sieben Prozent. Als Grund wurde damals die CO2-Abgabe genannt. Das Publikum sollte sich langfristig auf weiter steigende Heizkosten einstellen. Ohnehin lagen die Strompreise in Deutschland schon an der Weltspitze.

Dieses hohe Niveau der Energiepreise geht auf eine langfristig eingestielte Liberalisierung des Energiewirtschaftsrechts zurück. Schon im Dezember 1996 hatte eine EU-Richtlinie einen wettbewerbsorientierten Elektrizitätsmarkt gefordert. Sie wurde im Juni 1998 durch eine weitere Richtlinie zur Einrichtung des Erdgasbinnenmarkts ergänzt.
Der Bundestag – noch unter Kanzler Kohl - beeilte sich 1997 mit dem «Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts», abgekürzt EnWG. Es trat am 29. April 1998 in Kraft. Im Paragraph 1, der den Zweck des Gesetzes beschreibt, ist zu dem Zeitpunkt zwar noch nicht von der «Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs» die Rede, sondern allein von einer «möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit.» Allerdings spricht das Neuregelungsgesetz von der Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs. Die Wettbewerbsfloskel gerät erst in die zweite Novelle des EnWG von 2005. Insgesamt erfährt das Gesetz bis 2021 sechs Neufassungen und 18 Durchführungsverordnungen. Das ist soviel Stoff, dass über die Geschichte der Liberalisierung des Energiemarktes schon etliche Doktorarbeiten geschrieben wurden.
Der Liberalisierung folgten prompt Großfusionen, die den Strommarkt bis 2003 umkrempelten. Ich kann mich noch gut an den Kampf gegen die Privatisierung der Düsseldorfer Stadtwerke erinnern. Er war vergeblich.
Es entstanden vier Großkonzerne (E.ON, RWE, EnBW, Vattenfall Europe) mit einem Marktanteil an der Stromerzeugung von insgesamt 80 Prozent. Die Endkundenpreise stiegen im Zeitraum von 1998 bis 2014 in Deutschland für einen Drei-Personenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh um 12 ct/kWh, das sind 70,2 Prozent. Dagegen lag der allgemeine Verbraucherpreisanstieg im gleichen Zeitraum bei 27 Prozent.
Warum ist das wichtig? Weil wir damit die Aufmerksamkeit von den Kriegs- oder Coronafolgen weg, hin auf die privateigentümlichen Ursachen richten. Krieg, Corona, Geldgier oder andere Unzulänglichkeiten der Moral sind womöglich Anlässe. Die krisengeschüttelte monopolistische Eigentumsordnung indes ist die Ursache. Das sollten wir nicht vergessen.

Am Dienstag vergangener Woche informierte der Betriebsrat von Ford über den nächsten Stellenabbau. Tags darauf hieß die Schlagzeile: «Bei Ford geht die Job-Angst um.» (KR, 19. Juni 2024). Gestern hieß die Schlagzeile «Drohender Kahlschlag in der Autobranche». In Köln streicht Ford 2300 weitere Stellen, allein 1700 in der Entwicklung. Der Standort Aachen wird vollständig geschlossen. Dabei sieht schon das laufende Stellenabbauprogramm von Ford in Europa den Wegfall von 3800 Stellen vor. Beim Autozulieferer ZF (Zahnradfabrik Friedrichshafen) werden bis 2030 etwa 12.000 Stellen, also jede vierte Stelle, wegfallen. Bei VW gebe es Spekulationen über den Abbau von 20.000 Stellen. Conti entlasse 7150 Beschäftigte, schließe allein in Deutschland sechs Standorte mit 1000 Arbeitsplätzen. Bei Tesla solle jeder Zehnte das Unternehmen verlassen, allein in Grünheide 400. Laut VDA (Verband der Autoindustrie) werden 82 Prozent der Unternehmen geplante Investitionen verschieben, verlagern oder streichen.

Nach Franz Xaver Corneth vom Mieterverein haben wir 540.000 Wohnungen in Köln (Kölnische Rundschau, 19. Januar 2024). Er sagt: «Selbst wenn der Wohnungsbau wie jetzt angekündigt ganz nach oben auf die Prioritätenliste der Stadtspitze kommen sollte, es käme zehn Jahre zu spät.»
Der Zeitraum von 10 Jahren hat Corneth nicht zufällig gewählt.
Denn am 17. Dezember 2013, kurz vor der Kommunalwahl im Jahr 2014, hatte der Stadtrat mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und Linkspartei drei Maßnahmen beschlossen. Er wollte 1. Milieuschutzsatzungen fördern, außerdem versprach er 2. ein «kooperatives Baulandmodell» und 3. ein Sonderprogramm «Bezahlbaren Wohnraum sichern - Investoren motivieren».
Mit dem Baulandbeschluss sollte erreicht werden, daß 30 % des Neubaus aus Sozialwohnungen bestehen. Mit dem Sonderprogramm wollte die Stadt auf die gesetzliche Förderung noch 150 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche drauf legen und damit die Investoren locken. Das Programm war indes bei 2 Millionen Euro gedeckelt, so dass allenfalls 150 Wohnungen zusätzlich hätten gefördert werden können. Versprochen waren 1000. Schon damals schrieben wir in der Sonderausgabe der DrP zur Kommunalwahl 2014: «Die werden nicht erreicht werden. Im vergangenen Jahr waren es immerhin 537 (2012 nur 210).»
Leider sind unsere damaligen Einschätzungen der Wohnungspolitik des Stadtrats aktuell geblieben und heute noch verwendbar. Denn die Mieten steigen, weil Bauherren ausschließlich bauen, wo Renditen locken. Der Wohnungsmangel treibt die Mieten hoch. Dazu kommt: schon in die Grundstückspreise sind maximale Mieten einkalkuliert. Folglich treibt sogar das Subventionssystem des Sozialen Wohnungsbaus die Grundstückspreise hoch.
Im Koalitionsvertrag verspricht die Ampel eine «neue Dynamik beim Bau» sowie «dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums». Und sie verspricht eine «neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen». Das soll wohl an die Wohnungsgemeinnützigkeit erinnern, die bis 1990 für gemeinnützige Wohnungsbestände mit bezahlbaren Mieten sorgte. Aber der Koalitionsvertrag verlangt: «Sie (die Wohngemeinnützigkeit) soll nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit die Struktur der etablierten Wohnungswirtschaft ergänzen, ohne diese zu benachteiligen.» (S. 88)
«Ohne diese zu benachteiligen...»?!
Die «etablierte» Wohnungswirtschaft darf folglich erwarten, dass ihre Profite nicht durch mietgünstige und gemeinnützige Konkurrenten angetastet werden. So sorgt sich die Ampel von Anfang an mehr um die Profite der etablierten Wohnungswirtschaft als um die wachsend prekäre und schutzlose Lage der Mieterinnen und Mieter und Wohnungssuchenden.

Im nächsten Jahr werden wahrscheinlich Bundestags- und NRW-Kommunalwahlen auf denselben Termin fallen. Davon sollten wir ausgehen. Die Wohnungspolitik wird für uns ein Schwerpunkt sein.
Die Wohnungsnot ist kein Zufall. Man muss sogar die Frage aufwerfen, ob sie billigend in Kauf genommen oder absichtsvoll konstruiert wird. Für die Vermieter ist sie allemal ein Geschenk. Wohnen muss man sich leisten können.
Nach wie vor regelt der Markt die Miethöhe. Ausnahmen bestätigen die Regel, darunter fallen Genossenschaften, die stadteigene GAG, andere städtische Unterkünfte, Sozialwohnungen, Wohngeldregelungen.
Im Gefüge des Marktgeschehens sind das Zwangsräumungswesen und die Obdachlosigkeit unentbehrliche Regulative zur Durchsetzung der Mietzahlungsdisziplin.

Als Kalle Gerigk aus seiner Wohnung im Frühjahr 2014 zwangsgeräumt wurde, hörten wir davon, dass solche Zwangsräumungen in Köln 1400 mal pro Jahr vorgenommen würden. Schon im Dezember 2012 hatte die Linkspartei einschlägig bei der Stadtverwaltung angefragt. Antwort: In den Jahren 2003 bis 2005 habe die Anzahl der terminierten Zwangsräumungen durchschnittlich 2185 Fälle pro Jahr betragen, von 2006 bis 2008 lag diese bei durchschnittlich 1699 Fällen pro Jahr. In 2009 wurden von den zuständigen Gerichtsvollziehern 1.749 Zwangsräumungen terminiert. Mit Stand Oktober 2010 waren es 1.415 terminierte Zwangsräumungen. Offenbar war die Stadt stolz auf diese Auskunft, denn sie zeige, dass es gelungen war, die Zahl zu verringern. Aber immer noch sind das fast vier Zwangsräumungen – jeden Tag.

Im Jahr 2022 wurden bundesweit mehr als 27.319 Wohnungen zwangsweise geräumt, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht. Mietschulden sind die häufigste Ursache für den Wohnungsverlust.

Schon jahrelang werden die städtischen und sonstigen Krankenhäuser in öffentlichem Eigentum vernachlässigt. Notwendige Renovierungen und Sanierungen wurden nicht durchgeführt. Die Planungen zur Schließung des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße, des Krankenhauses Holweide und für Neu- und Umbauten in Merheim sind weit fortgeschritten. Die Kosten werden die Stadtkasse mit 818,6 Mio Euro belasten. In der Gegenrechnung soll das Grundstück in Holweide und das nahe der Flora gelegene Grundstück der Kinderklinik Amsterdamer Straße veräußert werden.
Die Schließung des Kinderkrankenhauses bedeutet gleichzeitig den Verlust der kinderärztlichen Notdienstpraxis in Riehl. Schon heute müssen Kinder mit schweren Infektionen immer wieder von der Amsterdamer Straße abgewiesen werden, weil Betten fehlen. Aber die Gesundheit darf nicht angeblichen politischen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten geopfert werden.
Die drei Städtischen Kliniken haben mit ihren jeweiligen Aufgaben ihren eigenständigen Platz in der kommunalen Krankenhausversorgung. Das soll so bleiben.

Die Krisenerscheinungen sind allgegenwärtig. Angesichts der sich verschärfenden sozialen Probleme und zu erwartender Unruhen tendieren die Herrschenden zur Anwendung autoritärer Maßnahmen und physischer Gewalt. Die Herrschaft des Monopolkapitals ist immer weniger im Rahmen der bürgerlichen Demokratie zu gewährleisten. Und auch nicht im Rahmen einer friedlichen internationalen Ordnung der Kooperation. Die Bevölkerung wird auf Krieg eingestimmt. Sie müsse wieder «kriegstüchtig» werden, fordert unter anderen der Verteidigungsminister Boris Pistorius. Und die Kriegsvorbereitungen laufen auf Hochtouren. Hunderte Milliarden Euro werden im Rahmen europäischer und nationaler Aufrüstungsprogramme in die Kassen der Rüstungsindustrie und ihrer Anlegerinnen und Anleger gespült. Das sogenannte 100 Milliarden Sondervermögen für die Aufrüstung der Bundeswehr ist schon aufgebraucht. Vor einigen Tagen hat Rheinmetall von der Bundesregierung den größten Auftrag seiner Firmengeschichte erhalten. Für über 8 Milliarden Euro soll Munition produziert werden. Boris Pistorius kündigte bereits die Anhebung der 2%-Aufrüstungsvorgabe der NATO gemessen an der Wirtschaftsleistung auf 3 oder 3,5% an. Das entspräche dann 125 bzw. 150 Milliarden jährlich für die Bundeswehr.

Die Friedensbewegung ist schwach, aber es gibt starke Tendenzen gegen die Rechtsentwicklung. Vor allem vor der Corona-Zeit häuften sich die sozialen Massenbewegungen. Eine davon waren die Demonstrationen von #unteilbar in Berlin und #ausgehetzt in München im Jahr 2018, bei denen Hunderttausende gegen Rassismus, aber auch gegen die Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten und Sozialabbau auf die Straße gingen.
Überrascht wurden wir von der Heftigkeit der Demonstrationen gegen die AfD Anfang des Jahres. Als im Januar ein Geheimtreffen ruchbar wurde, bei dem AfD-Mitglieder, Unternehmensvertreter, Burschenschaftler und mit Ulrich Vosgerau, Hans-Georg Maaßen und Simone Braun auch drei Mitglieder der CDU zusammen mit Martin Sellner, führender Kopf der rechtsextremen identitären Bewegung, Pläne zur Vertreibung von Asylbewerbern, Ausländern mit Bleiberecht und «nicht assimilierte Staatsbürger» schmiedeten, gingen über Wochen bundesweit Millionen Menschen auf die Straße. Die Massenproteste gegen die AfD zeugen davon, dass der Antifaschismus noch sehr stark in der Gesellschaft verankert ist. Sie zeigen auch, dass eine faschistische Entwicklung auf Widerstand stoßen würde. Auf der großen Demo in Deutz und weiteren Demos und Kundgebungen waren beide Kölner Partei-Gruppen und die SDAJ aktiv vertreten und haben Flugblätter verteilt. Darin teilten wir mit, dass die Rechtsentwicklung der Regierung und des Staates die AfD anschlussfähig macht und Widerstand gegen Sozialabbau, Aufrüstung und Umverteilung von unten nach oben fällig ist, um den Rechten das Wasser abzugraben. Die Nachfrage nach unseren Informationen war groß. Wir hätten noch viel mehr Flugblätter verteilen können. Aber auch auf der Kreis- und Bezirksseite haben diese ihre Wirkung entfaltet.
Es braucht breite Bündnisse und mächtige soziale Bewegungen unter Einbeziehung der Gewerkschaften und der Sozialverbände, um die Rechtsentwicklung zu stoppen.


Vorstandsbericht zur Kreismitgliederversammlung der DKP Köln