Demo gegen die drohenden Kürzungen im städtischen Haushalt

Jetzt schlägt’s 13!

16. März. Am Samstagnachmittag fanden sich über 1000 Kölnerinnen und Kölner auf dem Neumarkt ein, um gegen die drohenden Kürzungen im städtischen Haushalt, vor allem in sozialen und kulturellen Bereichen, zu protestieren.

Neben Occupy Cologne, Attac und der Kölner Elf, dem Zusammenschluss der 13 Kölner Bürgerzentren und Bürgerhäusern, hatten „ARSCH huh, ZÄNG ussenander!“, GEW Köln, Partei Die Linke, Piraten, DKP, DIDF, die Freidenker, SDAJ, die Bezirksschülervertretung und viele andere kurzfristig aufgerufen. Künstler unterstützten mit ihren Beiträgen die Kundgebung: Brings, Klaus, der Geiger, Kabarettisten. Es sprachen Tjark Sauer von Verdi, Jörg Detjen, Ratsherr der PDL, Pfarrer Mörtter und andere. Klaus Stein, Vorstandsmitglied des Bürgerzentrums Alte Feuerwache, zählte als Sprecher des Bündnisses einige der Kürzungsmaßnahmen auf, machte aber deutlich, daß es nicht reiche, im Haushalt selbst umzuschichten. Nicht nur in Köln richteten die Schuldenbremsen und der Fiskalpakt Verheerungen an. „Vorgestern haben 15 000 Menschen in Brüssel gegen die Sparpolitik demonstriert. Sie zeigen, daß wir es nicht nur mit einem Kölner Problem zu tun haben. Es ist ein europäisches. Wir müssen griechische, spanische, portugiesische Zustände verhindern. Es ist Zeit, gemeinsam und solidarisch gegen Armutsprogramme in ganz Europa aufzustehen. Nicht sparen bei den Armen, sondern Streichen bei den Reichen! UmFAIRteilen statt Kaputtkürzen!“

Rede für das Bündnis „UmFAIRteilen statt kaputtkürzen“

Köln Neumarkt, 16. März 2013

Liebe Freunde,

schön, wie viele sich eingefunden haben! Aber wir müssen noch mehr werden, damit der Stadtrat uns hört! Wir sagen Nein zum Kaputtkürzen!

In dieser Stadt ist jedes vierte Kind arm. Aber die Stadtkämmerin Gabriele Klug plant den Wegfall der Einschulungshilfe. Das sind 160.000 Euro für I-Dötze, die das Geld für einen Schulranzen und die Erstausstattung mit Heften, Stiften, Turnzeug nicht haben – sowas kostet seine 200 Euro.

Den Köln-Pass-Kindern will die Stadt auch das Mittagessen nicht mehr bezahlen. Sie geht davon aus, daß sie ihren Anspruch aus dem Bildungs- und Teilhabepaket der Frau von der Leyen geltend machen. Die Anträge dazu sind berüchtigt. Sie sind kompliziert. Deswegen werden sie nicht gestellt. Einsparvolumen: 700.000 Euro pro Jahr.

Der Kölntag in den Museen (erster Donnerstag im Monat freier Eintritt für Kölnerinnen und Kölner) soll gestrichen werden. Auch der freie Eintritt für Kinder und Jugendliche wird zurückgenommen. Davon erhofft sich die Stadt Mehreinnahmen. Die Hoffnung trügt. Die hohen Preise sind eine Hürde besonders für Kinder und Jugendliche. Sie bleiben weg. (360.000 Euro)

Die Stadt verzichtet, wie es heißt, auf die Übermittagsbetreuung von Schulkindern. Dadurch soll eine weitere Million Euro erwirtschaftet werden. Begründung: die Kinder würden zunehmend in Ganztagsschulen unterrichtet. Fragt sich nur, warum die betroffenen Eltern protestieren.

Die Stadt ist verpflichtet, zu den Unterkunftskosten von Erwerbslosen beizutragen. Vorgesehen ist aber die Einsparung von zwei Mio Euro. Grund: Die Kämmerin will uns weismachen, daß infolge einer verbesserten Konjunkturerwartung eine schnelle Vermittlung in den Arbeitsmarkt zu erwarten sei.

Wer das nicht glaubt und sich empört, benötigt womöglich psychosoziale Beratung, aber auch die soll für Erwerbslose um 1,3 Millionen gekürzt werden.

Die freien Träger der Wohlfahrtspflege müssen 1,2 Millionen Euro einsparen.

Die Bürgerzentren und Bürgerhäuser sollen ihre Arbeit einschränken, Leute entlassen, die Ausgaben um 1,1 Mio kürzen. Es wird an die Schließung von Bocklemünd, Quäkerheim und Stollwerck gedacht.

Interkulturelle Arbeit und solche mit Senioren: hier sind fast anderthalb Millionen rauszuquetschen.

Es wird noch um 7 Millionen gestritten. So teuer wäre der jährliche Betrieb der U-Bahn zwischen Severinstraße und Rodenkirchen. Die Grünen sind dafür. Die SPD ist dagegen und will noch vier Jahre warten. Nachdem schon eine Milliarde Euro für die U-Bahn in die Kassen der Baukonzerne geflossen ist, erscheint die Inbetriebnahme nicht mehr so dringlich.

Parkautomaten bringen der Stadt 15 Millionen Euro im Jahr. Nach ihrer Umrüstung kostet eine Stunde Parken 3 Euro, vorher zwei. Allein an Knöllchen will die Stadt 3,5 Millionen mehr einnehmen.

Freunde, die Liste ist lang. 102 Millionen Euro beträgt die Summe, die allein im Haushaltsjahr 2013 eingespart werden soll. Wer es nicht glaubt, kann es auf der Website der Stadtverwaltung selbst nachlesen. Sie sind stolz darauf.

Aber wir lehnen diese Kürzungen ab! Deswegen sind wir heute hier und am kommenden Dienstagnachmittag vor dem Rathaus und protestieren. Und wir machen nach Ostern weiter!

Noch im Januar wurden wir mittels Bürgerhaushalt aufgefordert, selbst Sparvorschläge zu machen, also den Kakao zu trinken, durch den man uns zieht.

Nun, in der Tat gibt und gab es im Kölner Haushalt auch überflüssige Ausgaben. Nur zwei Beispiele.

Noch ist das Bürgerbegehren in Erinnerung, mit dem vor drei Jahren der Neubau von Oper und Schauspielhaus verhindert worden ist. Eine halbe Milliarde Euro hätte der Neubau gekostet. Der fällige Umbau wird immer noch die Hälfte kosten. Eine Viertelmilliarde. Über diese Sparmaßnahme indes war bei den Stadtoberen keine Dankbarkeit zu spüren.

Gerade ist der Prozess gegen vier Manager der Oppenheimbank verschoben worden. Die Anklage lautet auf Untreue. Die Bankiers hätten die Bank geschädigt. Beispielsweise wurden Millionen in die Renovierung einer Villa in Marienburg gesteckt. Hier wohnte die Mutter von Christopher Oppenheim dann zu einer außerordentlich günstigen Miete.

Wohlgemerkt, die Staatsanwaltschaft klagt nicht gegen die Finanzlöcher, die dieselbe Bank in den Stadtsäckel gerissen hat. Der Oppenheim-Esch-Fonds hatte die Lanxess-Arena, das technische Rathaus in Deutz und die Messehallen vorfinanziert und sie der Stadt zu überhöhten Mieten überlassen. Mit dem Trick wurde Köln um einige hundert Millionen Euro ärmer und der Oppenheim-Esch-Fonds reich. Was lehrt uns das: Nicht derartige Public-Private-Partnership-Geschäfte zum Schaden der Stadt sind strafbar, sondern Mietnachlässe für die Oppenheim-Mutter zum Schaden der Bank. Aber das selbstverständlich erst, nachdem Oppenheim von der Deutschen Bank übernommen worden ist.

Nicht nur die Stadt Köln soll sparen. Alle Gemeinden in NRW haben Schulden. Viele von ihnen werden von einem Sparkommissar beaufsichtigt. Bei einem Etat von 3,8 Mrd steht Köln mit 2,7 Mrd an Krediten noch vergleichsweise gut da. Die Zinsen betragen jährlich 132 Mio Euro.

Die Kölner Kämmerin beruhigt die Gläubigerbanken und versichert, daß die Kapitalmarktschulden der Stadt Köln konstant bleiben werden. Sie plant, ständig neu an Krediten aufzunehmen, was sie an alten Krediten abzahlt.

Schulden sind für die Kämmerin kein Problem. Aber die Banken hätten eins, wenn es den Kommunalkredit nicht gäbe. Denn sie leben von unseren Zinsen. Kredite werden erst zum Problem, wenn sie angesichts der Krise nicht mehr bedient werden können und die Banken gefährden, wie im Herbst 2008.

Damals wurde im Zuge der Finanzkrise das Finanzmarktstabilisierungsgesetz beschlossen, bekannt als Bankenrettungsschirm. Ein Jahr darauf kam die Schuldenbremse ins Grundgesetz, verschärft durch den europäischen Fiskalpakt vom vergangenen Sommer. Seitdem ist der Druck gewachsen. Bund und Länder verlagern die Defizite und wälzen die Kürzungszwänge auf die Kommunen ab.

Mit den kommunalen Kürzungsprogrammen kommen wir für die Bankenrettungsschirme auf. Es handelt sich mittlerweile um Beträge von Hunderten von Milliarden. Ein Riesenumverteilungsprogramm von Arm zu Reich, ein gewaltiger neuer Schub der Aneignung fremder Arbeit, fremden Eigentums, fremden Kapitals.

Vorgestern haben 15 000 Menschen in Brüssel gegen die Sparpolitik demonstriert. Sie zeigen, daß wir es nicht nur mit einem Kölner Problem zu tun haben. Es ist ein europäisches. Wir müssen griechische, spanische, portugiesische Zustände verhindern. Es ist Zeit, gemeinsam und solidarisch gegen Armutsprogramme in ganz Europa aufzustehen. Nicht sparen bei den Armen, sondern Streichen bei den Reichen! UmFAIRteilen statt Kaputtkürzen!

Klaus Stein, 16. März 2013


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