Flüchtlinge in Köln

„Drehscheibe“ am Flughafen Köln

Zum 21.09.2015 wurde eine Einrichtung für die Flüchtlingsverteilung am Flughafen Köln/Bonn eingerichtet.
"Die Stadt will ab kommendem Montag am Flughafen  eine Art Drehscheibe schaffen, von der aus mit der Bahn
ankommende Flüchtlinge mit dem Bus in andere nordrhein-westfälische Städte weiterfahren sollen. Das kün-digte Kämmerin Gabriele Klug am Donnerstagabend im Sozialausschuss des Rates an. Die über Bayern in Sonderzügen angereisten Asylsuchenden sollen nach ihrer Ankunft jeweils nur wenige Stunden bleiben. Übernachtungen seien nicht vorgesehen. Wenige Stunden zuvor hatte Landesinnenminister Ralf Jäger die Stadtverwaltung so schnell wie möglich um Amtshilfe gebeten. Der Kölner Flüchtlingsrat e.V. forderte am 18.09.2015 die Einrichtung eines mit ausreichendem Fachpersonal ausgestatteten Sozialen Dienstes, um vor allem besonders schutzbedürftige Personengruppen (Kinder, allein reisende Frauen, Traumatisierte, Kranke, Opfer von Gewalt, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen u.a.) individuell zu betreuen und qualifizierte Antworten auf rechtliche Fragestellungen der Flüchtlinge zu geben. Die Aufnahmeeinrichtungen, in die die Flüchtlinge verteilt werden, sollten über die individuellen Bedarfe vorab informiert werden, damit sie die notwendigen Maßnahmen ergreifen können. Der Einsatz ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer wird vom Flüchtlingsrat ausdrücklich begrüßt.
Die Ehrenamtlichen sollten jedoch nicht für staatliche Aufgaben herangezogen werden und das dringend erforderliche Fachpersonal ersetzen. Nach Auffassung des Vereins müssen zeitnah unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vor Ort identifiziert werden, um sie unmittelbar dem Jugendamt zur Inhobhutnahme zuzuführen.

Am 20.09.2015 kritisierte der Kölner Flüchtlingsrat e.V., dass die Stadt Köln versäumt hat, das Sozialdezernat
und den Runden Tisch für Flüchtlinge in die Vorbereitungen auf die Organisation der neuen Verteilungsstelle
einzubeziehen. Der Kölner Flüchtlingsrat e.V. sei über den Stand der Vorbereitungen informiert worden, aber
eine Einladung, an der Konzeptentwicklung oder -umsetzung teilzunehmen, habe es nicht gegeben.
 
Insofern sei auch die Einrichtung eines Sozialen Dienstes nach bisherigen Informationen nicht vorgesehen. Stattdessen sollen freiwillige Helferinnen und Helfer auch für die soziale Betreuung der Flüchtlinge eingesetzt werden.
Flüchtlinge in Köln
Nach Angaben der Stadt Köln wurden am 31.08.2015 insgesamt 7.490 Flüchtlinge untergebracht. Darunter
befanden sich 6.681 der Stadt Köln zugewiesene Flüchtlinge.

Fast 36% (2.397) wurden in sog. Hotels untergebracht,
 rd. 16% (1.067) in sog. Notaufnahmeeinrichtungen und
 ca. 48% in Wohngebäuden unterschiedlicher Größe und
Qualität. Inzwischen ist die Zahl von 8.000 Flüchtlingen überschritten. Dies entspricht 0,8 Prozent der Gesamtbevölkerung Kölns.

Die Flüchtlinge in Köln kommen überwiegend aus folgenden Ländern1:

35% Syrien
16% Kosovo
13% Albanien
10% Mazedonien
10% Afghanistan
7 % Eritrea
5% Iran
3% Somalia

Nach der geplanten und äußerst umstrittenen Neu-Regelung der „sicheren Drittstaaten“ könnten somit über ein Drittel dieser Flüchtlinge in diese Staaten zurückgeführt werden.

Um die Flüchtlinge unterzubringen sind im Zeitraum von 19.12.2014 bis zum 20.06.2015 Unterkünfte in Systembauweise an folgenden Standorten in Köln entstanden:

Loorweg (Zündorf)
Koblenzer Straße (Bayernthal)
Pohlstadtsweg (Brück)
Lindweilerweg (Longerich)
Albert-Schweitzer-Straße (Wahn)
Weißdornweg (Rondorf)
Otto-Gerig-Straße (Deutz)

Diese Unterkünfte reichen allerdings nicht aus. Die Ratsfraktion die Linke hat seit 2011 viele Anträge und Anfragen zum Thema gestellt und mit den Piraten und Deine Freunde seit Oktober letzten Jahres drei große Anträge zur Flüchtlingspolitik eingebracht. Folgende Forderungen hat die Ratsfraktion die Linke in die Diskussion gebracht:
- Dezentrale Unterbringung in Wohnungen u. Systembauweise
- 1 Ombudsperson je 500 Flüchtlingen
- Mindeststandards für die Unterbringung
- Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Verhältnis 1:80
- Besondere Anstrengungen für schutzbedürftige Personen
- Ein Dezernat / Amt für Flüchtlinge und Integration
- Beschlagnahmung von Büroraum u.a.

Was dem Willkommen folgt

Wichtig ist es daher jetzt, die Aufnahmebereitschaft der Bürgerinnen und Bürger weiterhin zu fördern. Über die Frage wie viel Menschen willkommen sind, entscheidet keine Regierung, sondern letztendlich die Bevölkerung. Die Politik ist gefordert, Ressentiments nach Möglichkeit nicht aufkommen zu lassen. Daher müssen wir jetzt konkrete Angebote für diejenigen, die arbeitslos sind, zu geringe Löhne haben oder eine Wohnung suchen schaffen – sonst droht eine Situation wie Anfang der 90er Jahre, als noch mehr Asylbewerber-Heime brannten. Zuwanderung  darf nicht zu Lohndrückerei führen und soziale Ängste verstärken. Wenn die Politik dagegen nichts tut, dann werden rechtsextreme Parteien Zulauf haben.

Deshalb wäre es das richtige Signal, den Mindestlohn auf mindestens zehn Euro die Stunde anzuheben und die Einführung der 30-Stunden-Woche zu forcieren. Außerdem sollte der Harz-IV-Regelsatz auf 500 Euro im Monat erhöht und der soziale Wohnungsbau verstärkt werden. Das Land mit der stärksten Wirtschaftskraft in Europa ist dazu in der Lage. Bezahlt werden kann dies durch eine angemessene Besteuerung von Millionen-Einkommen, -Vermögen und –Erbschaften, bei gleichzeitiger Entlastung von Normal- und Geringverdienern. Der Tisch kann schließlich nicht in erster Linie von denen gedeckt werden, die wenig haben. Er muss von denjenigen gedeckt werden, die im Reichtum schwelgen.

Die Fluchtursachen dürfen dabei nicht aus dem Blick geraten. Waffenexporte und Interventionskriege sind mit verantwortlich für die Flüchtlingsbewegungen und müssen daher umgehend beendet werden. Es ist eine Schande, dass Deutschland im ersten Halbjahr 2015 die Waffenexporte in den Nahen Osten gesteigert hat. Völlig verkommen ist die Reaktion der US-Regierung auf die Flüchtlingswelle in Europa. Die Aussage des Regierungssprechers, es sei ein Problem der Europäer, ist blanker Zynismus. Die USA haben den Nahen Osten in Brand gesetzt, vor allem in Afghanistan, im Irak, in Libyen und in Syrien. Unter Bombenteppichen wächst kein Frieden.

Wir fordern daher eine Verbesserung der Situation von Arbeitslosen und Niedriglöhnern sowie Reichtumssteuern, um die neuen Herausforderungen zu bezahlen. Dazu Oskar Lafontaine am 23. September im Saarländischen Landtag: „Millionärssteuer einführen – der Tisch für die Flüchtlinge muss von den Reichen gedeckt werden!“

Rassismus ist weder ein Problem der „neuen“ Bundesländer noch irgendwelcher bildungsfernen Spinner, Rassismus ist eine Haltung die sich durch alle gesellschaftlichen Schichten zieht. Ob die von der BRD geschürte Abschottung der EU-Außengrenzen (Frontex, Dublin, ...) bei gleichzeitigen Waffenlieferungen in Konfliktgebiete, die faktische Abschaffung des Asylrechts, die Hetzkampagnen von BILD gegen die "faulen Südländer", literarische Größen wie Sarrazin und Buschkowsky oder eben der PEGIDA-nahe Stammtischrassist mit seinen organisierten Faschisten-Freunden, sie alle eint die chauvinistische Überhöhung des eigenen Selbst.
Aber wo immer Faschisten und Rassisten versuchen, öffentlichen Raum einzunehmen, versuchen Antifaschistinnen und Antifaschisten sich dem entgegen zu stellen. Auch, wenn die Strategien sich über die verschiedenen Jahrzehnte und politischen Spektren unterscheiden. Daher fordern wir:

- dezentrale Unterbringung in Wohnungen oder leerstehenden Immobilien.
- Aufhebung des Schulverbotes für Flüchtlingskinder
- gesetzliche Schulpflicht für Minderjährige
- normaler Zugang zur Krankenversorgung
- Zugang zum Arbeitsmarkt
-  Wiederherstellung des Asylrechts
- Aufhebung der Aufenthaltsbeschränkungen
- kein Aufweichen der Sozialstandards (Mindestlohn etc.)
Wir rufen dazu auf, in der Region, im Betrieb, der Schule, wo auch immer, sich gegen Rassismus gerade zu machen, nicht wegzusehen, einzuschreiten und die hier ankommenden Flüchtige tatkräftig zu unterstützen. Außerdem rufen wir zur Teilahme

- an der Aktionskonferenz - Kein Veedel für Rassismus am Sa, 17 Oktober 2015
- zur Demo „No Go! - Kein Comeback von Rassist*innen“ in Köln am Sa, 24 Oktober 2015
- zur Gegendemonstration „No go HoGe 2.0 - Kein Comeback von Rassist*innen“ in Köln am So, 25 Oktober 2015 auf. Deshalb laden wir gemeinsam  mit  Nawaf        PRO ASYL e.V.    DKP Köln      SDAJ       DIE LINKE.Köln    SSM    Kinderhilfe Mesopotamien e.V.       DFG-VK Köln    Kölner Initiative:Schulplätze für alle!     AWO Bezirksverband Mittelrhein e.V. zu folgender Veranstaltung ein:
„Rassismus und die Situation der Flüchtlinge in Köln und der BRD“
15.10.2015  19:00 Uhr  Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Großes Forum Melchiorstraße 3, 50670 Köln
Bislang ist folgender Ablauf geplant:

Die Besucher der Veranstaltung, die wir erwarten, sind Deutsche, Migranten, die schon seit Generationen in Deutschland leben und zahlreiche Flüchtlinge, die aktuell in den Flüchtlingsunterkünften untergebracht sind.

Als Initiator der Veranstaltung werde ich eine kurze Vorstellungsrunde und Einführung geben sowie über den Ablauf der Veranstaltung informieren.

Reiner Schmidt wird zu Beginn zu den Aktionen gegen Rechts berichten.

Michael Sünner als Vertreter der Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienst-gegnerInnen (DFG/VK), wird zum Thema Asylpolitik und zu den Zusammenhängen von Fluchtursachen und EU-Politik - insbesondere den Zusammenhang von Politik, Konzern-interessen und Waffenlieferungen - referieren.

Nawaf, Biologie-Student aus dem Irak und als Asylbewerber seit 4 Monaten in Köln, wird über seine Erfahrung, sich als Flüchtling politisch zu organisieren und für seine Rechte zu kämpfen,berichten.

Der Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke.Köln, Jörg Detjen wird über Fakten und Daten bezüglich Asylverfahren und der Situation der Flüchtlinge in Köln berichten.

Die Vertreterin der Integrationsagentur des AWO Bezirksverband Mittelrhein e.V, Frau Mercedes Pascual Iglesias, wird sich mit einem Statement zur Schulsituation der minderjährigen Flüchtlingskinder äußern.

Der Verein Kinderhilfe Mesopotamien wird einen Beitrag zu ihre aktive Flüchtlingshilfe im Rahmen ihrer Initiative "Kölner helfen" mit dem Menschenrechtsverein Türkei / Deutschland e.V. (Tüday) leisten. Es werden Herr Koca und Herr Akter zum Thema sprechen, Herr Koca mehr zu der Situation der Flüchtlinge in Köln und Herr Akter zum Thema Flüchtlingshilfe in der Türkei / Kurdistan.

Appell

Diese Veranstaltung sollte der Auftakt zu weiteren Veranstaltungen sein, in denen wir mit einem breiten gesellschaftlichen Bündnis politisch dafür Sorge tragen, die Situation der Flüchtlinge im Sinne eines solidarischen Zusammenlebens in unserer Stadt zu ermöglichen. Im Dezember planen wir das nächste Treffen, voraussichtlich am 17. Dezember!

Wir wollen der rassistischen Hetze und dem gesellschaftlichen Rechtsruck etwas entgegensetzen und uns mit Flüchtlingen und Betroffenen solidarisieren. Wir fordern die Teilnehmer der heutigen Veranstaltung auf, Flüchtlinge in eurer Umgebung zu unterstützen und euch gemeinsam mit ihnen zu organisieren.

Wir sagen „Refugees are welcome!“ und unterstützen die Forderungen der Flüchtlingsproteste: Residenzpflicht abschaffen! Lager abschaffen! Abschiebungen stoppen!

Wir fordern Bewegungsfreiheit, freie Wohnortswahl sowie das Recht auf Bildung und Arbeit für alle! Darüber hinaus fordern wir ein tatsächliches und uneingeschränktes Recht auf Asyl und den Zugang dazu für alle Asylsuchenden!

Für ein Leben in Freiheit und Würde für alle!

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Wolfgang Reinicke-Abel, Köln 14.10.2015