Was dem Willkommen folgt II

einer der ReferentenKöln 14. Januar 2016. Drei Monate nach unserer ersten Veranstaltung zu diesem Thema und vierzehn Tage nach den Ausschreitungen zu Silvester sind es noch einmal deutlich mehr Menschen, die sich für die Lage der Flüchtlinge in Köln interessieren. Der Saal ist voll. Auffällig viel Jugend unter den 80 TeilnehmerInnen.
Wolfgang Reinicke-Abel (DKP) freut sich darüber, begrüßt die Gäste und leitet die Versammlung. Eingeladen haben: Pro Asyl, AWO Verband Mittelrhein, Sozialistische Selbsthilfe Mülheim, DFG-VK, SDAJ, DKP, DIDF, Integrationsagenturen NRW, Schulplätze für alle, Kinderhilfe Mesopotamien, Die Linke Köln, TÜDAY.
Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat nennt zunächst die neuesten Zahlen (knapp über 10 000 Menschen) und erläutert die Forderungen, die an die Stadt Köln zu richten sind. Dringend sei die Bereitstellung von Wohnungen. Aber es fehle auch ein Beschwerdemanangement.
Rainer Kippe von der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim hat ganz praktische Vorschläge zur Unterbringung von Flüchtlingen. Er berichtet von seinen eigenen Erfahrungen als Kind von Flüchtlingen nach dem Kriege. Es gab seinerzeit Verteilungskämpfe. Aber der Wohnungsbau wurde beschleunigt. Das sei auch heute nötig und möglich. Er könne allein in Mülheim zahlreiche geeignete Gebäude und Flächen nachweisen. Seine Vorschläge indes würden von den städtischen Instanzen ignoriert.

Das Thema von Mercedes Pascual Iglesias (Integrationsagentur des AWO) ist die prekäre Schulsituation minderjähriger Flüchtlingskinder. Sie beteiligt sich an einer Initiative „Schulplätze für alle“. Am 22. Februar werde sich die SPD in Köln im Rahmen des Runden Tisches „Bildung“ um diese Frage kümmern. Bis jetzt sei das mühsam. Sie erzählt, dass zur Durchsetzung eines einzigen Schulplatzes durchschnittlich 50 Behördenkontakte fällig werden. Die Initiative habe Kontakt zu 16 Eltern, die seit 6 Monaten um Schulplätze für ihre 33 Kinder ringen und kritisiert das NRW-Schulgesetz, das eine Pflicht zur Beschulung von Flüchtlingskindern nicht enthalte. Es käme vor, dass einem Kind der Schulplatz verweigert würde, gleichzeitig aber seine Eltern mit Strafen wegen Schulpflichtverletzung bedroht würden.
Anna vom Menschenrechtsverein Türkei / Deutschland e.V. (Tüday) wendet sich gegen die Waffen- und Geldlieferungen an die türkische Regierung. Noch vor ihrem Statement lässt sie eine fünfköpfige Flüchtlingsfamilie aus Kobane zu Wort kommen. Die Familie ist seit viereinhalb Monaten in Köln. Der Vater schildert die Probleme, die er mit den Behörden hat. Bescheide seien für die Flüchtlinge unverständlich. Es gibt aber nicht nur sprachliche Probleme. Wie verbringen die Kinder den Tage, wenn ihnen weder Kita noch Schulplätze zur Verfügung stehen? Wohnungssuche sei aussichtslos. Immerhin sei seiner Familie eine Wohnung zugewiesen worden – ohne Möbel.
Nico Bischoff von der SDAJ hat sich als angehender Jurist mit der einschlägigen Gesetzeslage beschäftigt. Es interessieren die Durchsetzungsmöglichkeiten der Rechte, die in der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegt sind. Zur Sprache kommen die neuen Ausweisungsregeln vom vergangenen Samstag. Die Bundesregierung will sie auf Anregung der CDU übernehmen. Von Verschärfung des Asylrechts sei die Rede, wenn weitere Aushöhlung gemeint ist.
Im Namen der Anwesenden fasste Wolfgang Reinecke-Abel zusammen, worum es heute ging:
- Aufnahme und Schutz für alle Geflüchteten
- Bereitstellung von geeignetem Wohnraum statt Lager
- Zugang zu kostenfreier Bildung, Gesundheitlicher Versorgung und sozialer Teilhabe für alle
- Recht auf Asyl und den Zugang dazu für alle Asylsuchenden!
Für ein Leben in Freiheit und Würde für alle!
Diese Forderungen sollen bei monatlichen Treffen präzisiert und in gemeinsame Aktivitäten umgesetzt werden.
Die SDAJ hatte in ihrem Flugblatt gefordert: Wir wollen uns nicht spalten lassen in „Legale“ und Geflüchtete! Wir wollen die Fluchtursachen und Verursacher aufdecken und gemeinsam und solidarisch soziale und demokratische Rechte erkämpfen und verteidigen! Wir fordern die Anerkennung und Umsetzung internationalen Rechts, darunter auch der Genfer Flüchtlingskonvention, das Geflüchtete vor staatlicher und sozialer Gewalt schützen soll! Wir wollen Arbeit und Ausbildung für alle zu gerechter Bezahlung und unter fairen Arbeitsbedingungen! Wir wollen bezahlbaren und menschenwürdigen Wohnraum und die Legalisierung der Nutzung von leerstehendem Wohnraum! Wir wollen kostenlose medizinische Grundversorgung und den freien Zugang zu Bildung und sozialer Teilhabe für alle! Eins ist klar: In Deutschland, einem Land, das extrem vom globalen Waffenhandel profitiert, kann es nicht am Geld liegen. Die Kriegs- und Fluchtverursacher müssen zahlen! Wir wollen gemeinsam gegen Kriegsbeteiligung, Krieg und die ausbeuterischen Interessen der Banken und Konzerne kämpfen!
Klaus Stein

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