Lesungen verbrannter Dichter
17. Mai 2017. Der Arbeitskreis Zivilklausel an der Universität Köln hat auch in diesem Jahr Lesungen anlässlich des Jahrestags der Bücherverbrennung organisiert. Vor dem häßlichen Uni-Haupteingang bei schönem Wetter und viel Wind, sieben Stunden lang.
Peter Förster schreibt mit Dank an die Beteiligten: „Zu diesen Lesungen schien mir wieder sehr zutreffend, was eine Leserin sagte: So wie diese Lesungen müsste die Universität viel mehr werden. Ein Ort des lebendigen Austausches über den Campus hinaus, in dem aus dem Kulturerbe geschöpft und gelernt wird für bessere Zeiten. Sehr persönlich, und deswegen auf Augenhöhe.
Derlei Entwicklungsansprüche sind in Opposition zur (noch) herrschenden Politik weiter zu entfalten. Nach 1933 sind auch etliche Kulturschaffende ins Exil geflohen und waren angewiesen auf internationale Solidarität. Heute plant die NRW Landesregierung, nach einem aggressiven Wahlkampf auch gegen Geflüchtete, Nicht-EU Bürger zukünftig mit 1500 Euro Studiengebühren pro Semester den Zugang zur Universität zu verwehren. Eine demokratische Gesellschaft und auch jede aufgeklärte Wissenschaft leben aber von Austausch und Weltoffenheit.“
und fügt ein Zitat aus Brechts Flüchtlingsgesprächen an: "Die Untersuchung der sozialen Vorgänge läßt diese sozialen Vorgänge nicht unberührt, sondern wirkt ziemlich stark auf sie ein. Sie wirkt ohne weiteres revolutionierend."Gelesen wurde unter anderem von:
Erasmus Schöfer:
- Johannes R Becher: "Lied von den Flüssen". Aus dem Band "Ausgewählte Dichtung aus der Zeit der Verbannung", Erschienen im Aufbau-Verlag
Paula Keller:
- Lion Feuchtwanger, aus "Der Teufel in Frankreich, Erlebnisse", Aufbau-Verlag 1982, S. 5 ff.
Prof. Jürgen Hammerstaedt:
- Stefan Zweig, „Die Welt von gestern. Erinnerung eines Europäers“
Angela Lux und Günter Baumann:
- Beckers, Hans. Wie ich zum Tode verurteilt wurde. Mit einem Vorwort von Kurt Tucholsky.
Fischer Taschenbuch Verlag, 1986, in der Reihe Verboten und verbrannt/Exil (erschienen zuerst 1928). Daraus gelesen: S. 27-29 und das Vorwort von Tucholsky ganz: S. 5-10
- Kolmar, Gertrud. Weibliches Bildnis. Gedichte. dtv, August 1987. Daraus gelesen drei Gedichte
aus den nachgelassenen Gedichten "Das Wort der Stummen", geschrieben 1933:
Seite 741 "Im Lager", S. 746 "Der Mißhandelte", S. 748 "Anno Domini 1933".
- Lyrik des Exils, Reclam, Universal Bibliothek Nr. 8089 (6), 1986. S. 326, Lajser Ajchenrand,
"Mir senen gekommen" und S. 116, Walter Mehring, "Arier-Zoo".
Klaus Stein:
- aus dem Kapitel „navigare necesse est“ von Stefan Zweigs Magellan, sieben Seiten beginnend und endend mit „Im Anfang war das Gewürz“.
Thomas Pfaff:
- Kurt Tucholsky, "Kurzer Abriß der Nationalökonomie"
Volker Veeser:
- Oskar Maria Graf, verbrennt mich
- Brecht - "Flüchtlingsgespräche
- B. Brecht - Die Legende vom toten Soldaten
- Texte von Pablo Neruda - Musik von Mikis Theodorakis aus dem Canto General
- Yasar Kemal / Mehmed IV Der letzte Flug des Drachen
Peter Förster:
- Erich Maria Remarque "Der Weg zurück",
- Heinrich Mann "Der Untertan"
Peter Dippoldsmann und Regine Wittram:
- Heinrich Heine, "Das Sklavenschiff" und ein Prosatext aus den "Bädern von Lucca"
Eren Onsöz:
- „Das letzte Kapitel“ von Erich Kästner
Ina Hörner:
- Irmgard Keun aus "Kinder aller Länder" und "Nach Mitternacht", 1938.
Prof. Daniel Buncic:
- Kästner, Pünktchen und Anton
Tarek Mofti:
- Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud "Warum Krieg?"
Hans Mörtter:
- Eine Auswahl aus Brecht, Kästner, Tucholsky
Walter Stehling:
- Das kommunistische Manifest op Kölsch
Felix von Massenbach:
- "Drei Minuten Gehör", Kurt Tucholsky
Senta Pineau:
- Tucholsky: Hitler und Goethe. Ein Schulaufsatz.
Agnes Kamerichs:
- Günther Anders, Auf dem Schlachtfelde geflüstert
- Bertolt Brecht, Fragen eines lesenden Arbeiters
- Kurt Tucholsky, Drei Minuten Gehör!
Bei dem Gedenken für Goswin Frenken und Benedikt Schmittmann (Stolpersteine vor der Universität) wurden Auszüge von B. Schmittmann, „Die Verdrängung des sozialwissenschaftlichen“ Universitätsstudiums durch das Wirtschaftsdiplom. Kritisches zur neuen Volkswirtdiplomprüfung (1926) von Agnes vorgelesen, S. 6/7, 7 und 11.
Und einiges mehr.
Klaus Stein