Die Lage auf dem Wohnungsmarkt
Die katastrophale Lage auf dem
Wohnungsmarkt ist politisch gewollt
6. April 2019. Wir dokumentieren die kurze Rede, die Klaus Stein im Namen von «Recht auf Stadt Köln» auf der Kölner Demonstration «Gemeinsam gegen Verdrängung und #Mietenwahnsinn» gehalten hat.
Rede am 6. April 2019
Liebe Freunde,
die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist katastrophal. Aber das ist kein Zufall. Im Gegenteil, sie ist politisch gewollt und langfristig geplant.
Bis 1990 funktionierte der soziale Wohnungsbau und fesselte in einem gewissen Maße die Marktkräfte. Hauptanker des sozialen Wohnungsbaus waren Wohnungen in öffentlichem Eigentum oder gemeinnützige Wohnungsgesellschaften.
Aber im Jahr 1990 wurde das Gesetz über die Wohnungsgemeinnützigkeit abgeschafft. Das hatte mehrere üble Folgen.
Erstens. In den Jahren 1995 bis 2010 wurden in der Republik mehr als eine Million Wohnungen privatisiert, Wohnungsbestände, die zuvor dem Bund, den Ländern, den Kommunen, der Post oder Bahn gehörten.
Privatisiert heißt, sie wurden auf den Markt geworfen, um Wohnungskonzernen Rendite zu verschaffen. Ein Beispiel: 2008 verkaufte die schwarz-gelbe Landesregierung unter Jürgen Rüttgers (CDU) die bis dahin landeseigene LEG mit ihren 93.000 Wohnungen für 3,5 Milliarden Euro an den Investor Whitehall. Das brachte pro Wohnung 35 000 Euro, nach Abzug der Verbindlichkeiten der LEG verblieben der Landeskasse noch 5000 Euro – nicht pro Quadratmeter, sondern pro Wohnung. In Köln konnte 2006 der Verkauf der städtischen Wohnungsgesellschaft GAG gerade noch mal verhindert werden.
Zweitens. Es verschwanden jährlich mehr Sozialwohnungen als bezogen wurden. Allein seit 1987 verringerte sich der Umfang von Belegungsbindungen von über vier Millionen auf gegenwärtig eine Million.
Drittens steigen seither die Mieten völlig hemmungslos. Da funktioniert keine Mietpreisbremse. Das Problem ist der Markt. Die Vermieter holen raus, was geht.
Liebe Freunde,
Wir brauchen die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit als Alternative zur renditeorientierten Wohnungswirtschaft. Unter der Bedingung, dass Wohnungsgesellschaften auf Gewinne verzichten, die Mieten billig halten und gesetzlich festzulegenden sozialen Bedingungen genügen, sollen sie als gemeinnützig gelten und von Steuern befreit werden können. Da kommen zunächst mal in Frage Wohnungsgesellschaften in öffentlichem Eigentum. Dagegen sollten Wohnungskonzerne, die ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, in Gemeineigentum überführt, also enteignet und vergesellschaftet werden. Das schlagen wir, die Kölner Gruppe von «Recht auf Stadt» vor.
Dann wird auch wieder sozialer Wohnungsbau funktionieren.
Text und Foto: Klaus Stein