«De Rude Pooz»-Pressefest Sommer 2021
Wählt Walter!
Der Grill raucht. Kuchen gibt es reichlich, selbstgebacken. Getränke im Überfluss. Aber es trinkt ja keiner. Obwohl die klandestine Fraktion der Köln-Düsseldorfer Freundschaftsgesellschaft tätig geworden ist und Schumacher-Alt in Literflaschen über die Stadtgrenze geschmuggelt hat. Und Robert Kaufmann, der extra aus dem Emsland angereist ist, um uns mit Saufliedern anzuspornen, kann mit diesem Stoff was anfangen. Als die Alt-Vorräte zur Neige gehen, beweist er außer Geschmack noch Unerschrockenheit und widmet dem Schreckenskammer-Kölsch die gebotene Aufmerksamkeit.
Und es gibt Assmannhäuser Spätburgunder. Das ist der Wein, dessen Genuss seinerzeit dazu beitrug, den Dichter Ferdinand Freiligrath zum Genossen zu machen. In England hat er sich indes diese Eigenschaft nach zehn Jahren wieder abgewöhnt. Das ist nun 165 Jahre her, aber beide, Wein wie Dichter wirken noch.
Wir trinken auf Dirks Wohl.
Etliche Passantinnen und Passanten bleiben neugierig stehen. Anne quatscht sie an. Sie sagen nicht nein und setzen sich. Ein junger Kerl mit Gelbweste über einem grünen Tarnanzug mit dezentem Hanfblattmuster fährt sonst beruflich Taxi. Er war noch ein Kind, als seine Eltern aus dem Iran nach Köln kamen. Jetzt hat er vor, am Rhein entlang zu spazieren und will bald weiter. Ein anderer kennt die Lieder vom spanischen Bürgerkrieg, besitzt noch eine Schallplatte von Ernst Busch. Das erzählt er, als Paco eins der Lieder singt.
Zuvor hatten wir Gelegenheit, Pacos Enkelin zu besichtigen. Ganz neu, zwei Monate alt.
Es kommt einer des Wegs mit Halstuch, auf dem Hammer und Sichel prangen. Den Genossen kennen wir noch gar nicht. Er ist aus Frechen. Offenbar gibt es da sonst keinen von uns. Er bedient sich gleich an unserem kleinen Büchertisch.
Jean-Claude geht herum und verkauft Tombola-Lose. Ein Preis besteht aus einer goldfarbenen Uhr mit rotem Armband. Gleisnerische Pracht. Es könnte aber sein, dass wir das Teil in der nächsten Tombola wiedersehen. Aber es gibt auch lohnende Buchpreise.
Christine wacht über Kasse und Bons.
Horst hält einen kleinen Vortrag. Er spricht sich für Populärkultur aus und begründet diese Forderung sehr schlüssig.
Walter Stehling, unser Bundestagskandidat für den Wahlkreis 94 (Köln 2) stellt sich vor und nimmt das Corona-Virus zum Anlass, das kranke Gesundheitswesen anzuprangern. Denn trotz der vielen Toten werden Krankenhäuser geschlossen und es wird weiter privatisiert.
Unglaublich sei, dass erst ein Gericht klarstellen muss, dass die ominösen Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäfte kriminell sind. In den Augen der marktradikalen Zocker und Besitzer großer Vermögen sei Steuerbetrug und der ständige Griff in die Staatskasse ein ganz normaler Teil ihrer Bereicherungsideologie. Ebenso der Wohnungsmarkt.
«Mit dem Kampfruf: der Markt wird es schon richten, erstürmen Hausbesitzer und Wohnungskonzerne ungeahnte Höhen der Profitmaximierung, über verschiedene Kanäle auch noch staatlich subventioniert.
Anstatt die Gewinner der Krise steuerlich zur Kasse zu bitten, werden an anderen Stellen Hilfen eingespart. Betroffen sind da vor allem die Gastronomie und der Kultursektor, die vergleichsweise bescheiden abgefertigt wurden.»
Es offenbare sich der Krisencharakter des Spätkapitalismus in seiner ganzen Wucht. Gesundheitskrise, Wohnungskrise, Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Krise der öffentlichen Daseinsvorsorge auf der ganzen Linie, von Bahn bis Katastrophenschutz.
Natürlich spricht Walter auch von Weltkriegsgefahr und Klimakrise in seiner kurzen Rede. Wir sind begeistert und merken: Walter hat sich viel vorgenommen – für den Fall, dass er gewählt wird. Dieser Fall wird indes, wenn wir den Wahlprognosen vertrauen dürfen, nicht eintreten. Aber Walter hat die Absicht, in dieser Richtung an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Eine solche Absicht ist entscheidend. Das hat das Bundesverfassungsgericht erst im Juli für die DKP festgestellt.
Der Bundeswahlleiter hatte - wohl in Absprache mit Schäuble, dem Bundestagspräsidenten - zunächst versucht, der DKP die Zulassung zur Wahl zu verweigern. Vierzehn Tage später belehrt ihn das Bundesverfassungsgericht eines Besseren. Es stellt am 22. Juli fest: «Die entsprechend gebotene Betrachtung des Gesamtbildes der tatsächlichen Verhältnisse lässt allein den Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin ihre erklärte Absicht, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, ernsthaft verfolgt.»
Folglich zieren unser Fest Wahlplakate, zwei davon hat Walter selbst entworfen. Sie machen was her. Spät, aber nicht zu spät planen wir für die folgende Woche noch eine umfängliche Neuausgabe unserer Wohngebietszeitung «De Rude Pooz» (DrP).
De Rude Pooz Pressefest, Sommer 2021
Walters Rede auf dem Sommer- /Pressefest der Rude Pooz
De Rude Pooz, September-Ausgabe 2021, Weltkriegsgefahr und Klimakrise
Sommer- und Pressefest der Rude Pooz 2021 (weitere Fotos)