Zur Bilanz der Ampelregierung

Unverschämte Geheimnistuerei bei den Koalitionsverhandlungen war gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichtet

Gouache von Walter Stehling, Titel: Kaffee Deutschland unten.
Walter Stehling, Kaffee Deutschland unten

Halbzeit
Der Bundestag wurde am 26. September 2021 gewählt, seit dem 8. Dezember 2021 regiert eine Koalitionsregierung von SPD, Grünen und FDP unter Bundeskanzler Olaf Scholz.
Auffälliges Merkmal dieser Wahl war die Auflösung tradierter Parteibindungen. Der herrschenden Politik schlug schon vor zwei Jahren wachsendes Misstrauen entgegen. Das drückte sich zunächst in Form von Unsicherheit der Prognosen, sodann in Stimmenverluste für SPD und CDU aus. Die Grünen konnten noch vom schwindenden Ruf als Klimapartei zehren. Aber die Zustimmung sank bald im Zuge steigender Energiepreise und sollte noch weiter sinken.
Am 1. September 2023 veröffentlichte das Statistische Bundesamt die Ergebnisse einer Umfrage über die Zufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung.


Die Mehrheit von rund 79 Prozent der Befragten des ARD-DeutschlandTrends gab Ende August 2023 an, weniger zufrieden (44%) oder gar nicht zufrieden (35%) mit der Arbeit der Bundesregierung zu sein. Rund 19 Prozent waren mit der politischen Leistung der Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz zufrieden, keine befragte Person war mit der Arbeit der Bundesregierung sehr zufrieden.
Ein zweites Merkmal der Bundestagswahl war die unverschämte Geheimnistuerei über die Beratungsgegenstände der Koalitionsverhandlungen. Sie allein deutete darauf hin, dass die Politik der Ampel gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichtet sein würde. Und so kam es. Im Wahlkampf, aber auch bei der öffentlichen Einschätzung seiner Ergebnisse fiel die mediale Vermeidung strittiger, vor allem sozialer Gesichtspunkte auf. Im Kern ging es den Koalitionären um die Sicherung von Monopolprofiten in der anhaltenden, um nicht zu sagen: nachhaltigen, Überproduktionskrise. Und darum, diese Absicht in einem Koalitionsvertrag hinter der dürftigen Fassade sozialer Demagogie zu verbergen. Das Ergebnis erschien am 25. November 2021 und bekam den schmückenden Titel: «Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.» Auf der Kreisvorstandssitzung am 12. Oktober sagten wir: «Wir werden es mit starken Preiserhöhungen bei Haushaltsenergie, Benzin, Lebensmitteln zu tun bekommen. Die Mieten werden weiter steigen. Wie überhaupt die Inflation. Nötig sind Massenaktionen und gewerkschaftlicher Druck, damit die Löhne der Preisentwicklung standhalten. Es sind erhebliche Lohnzuwächse nötig, um die Inflation zu kompensieren.»

Wohnen
Die Ampelprosa des Koalitionsvertrags verspricht:
«Wohnen ist ein Grundbedürfnis und so vielfältig wie die Menschen. Wir werden das Bauen und Wohnen der Zukunft bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ und mit lebendigen öffentlichen Räumen gestalten. Dabei haben wir die Vielfalt der Rahmenbedingungen und Wohnformen und individuellen Bedürfnisse der Menschen in ländlichen und urbanen Räumen im Blick. Dafür starten wir einen Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen.» (S. 88)
Die Ampel schwurbelt über «neue Dynamik beim Bau» sowie «dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums». Das Versprechen einer «neuen Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen» soll an die Wohnungsgemeinnützigkeit erinnern, die bis 1990 für gemeinnützige Wohnungsbestände mit bezahlbaren Mieten sorgte. Aber der Koalitionsvertrag verlangt, dass die Wohngemeinnützigkeit die Struktur der etablierten Wohnungswirtschaft nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit ergänzt, ohne diese zu benachteiligen. (S. 88) Die etablierte Wohnungswirtschaft darf also erwarten, dass ihre Profite nicht durch mietgünstige und gemeinnützige Konkurrenten angetastet werden. So sorgte sich die Ampel von Anfang an mehr um die etablierte Wohnungswirtschaft als um die Lage der Mieterinnen und Mieter. Ohnehin schweigt sich die Regierung seither zur Wohngemeinnützigkeit aus.

Der Mieterbund stellte zusammen mit dem Paritätischen ( = Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V.) zu Anfang des Monats (6. September) in einem offenen Brief an den Justizminister fest: «Nicht nur die Angebotsmieten bei Neu- und Wiedervermietung steigen aktuell massiv, z. B. in Berlin um 27 %, sondern auch die Bestandsmieten im Mietspiegel – zuletzt in München um 21 %. Neben den Metropolen sind auch die Angebotsmieten in ländlichen Wohnungsmärkten, wie z. B. im Saarland (Plus 7,9 %), in Brandenburg (Plus 9,1 %) und in Mecklenburg-Vorpommern (Plus 10,3 %), betroffen.»
Am vergangenen Mittwoch (20. September) erinnerte der Paritätische an die versprochenen, aber ausbleibenden 100.000 neuen Sozialwohnungen. 2022 sei weniger als ein Viertel dieser Marke erreicht worden. Für 2023 und Folgejahre werde es nach aktuellen Prognosen noch weniger.

Blasen
Gleichzeitig aber platzen weltweit Blasen auf dem Immobilienmarkt. Am vergangenen Samstag berichtete die Presse von einem durchschnittlichen Preisrutsch bei Wohnimmobilien von 9,9 Prozent im zweiten Quartal 2023. Tags zuvor referierte die FAZ aus dem sogenannten Blasenindex der Schweizer Bank UBS: «Seit dem Höchststand Anfang 2022 haben sich die realen Eigenheimpreise in Frankfurt um fast 20 Prozent und in München um 15 Prozent korrigiert. Die Korrektur ist noch nicht abgeschlossen.»
FAZ: «Platzt in Frankfurt also gerade eine Immobilienblase?»
UBS: «Die Luft entweicht sehr schnell, es sieht so aus, als ob eine Blase platzt.»
Laut Statistischem Bundesamt gingen in den Top-7-Metropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf) die Preise für Eigentumswohnungen gegenüber dem Vorjahresquartal um 9,8 % zurück, für Ein- und Zweifamilienhäuser musste 12,6 % weniger gezahlt werden. Es liegt an der mangelnden Nachfrage, angesichts hoher Zinsen unterbleibt sie. Der Absturz ist beträchtlich, wenn berücksichtigt wird, dass noch im dritten Quartal 2021 Wohnimmobilien gegenüber dem Vorjahr 12,8% teurer wurden. Die Ursache ist indes nicht in den Leitzinsen der EZB zu suchen. Zuvor sind die Kapitalmarktzinsen gestiegen.
Am vergangenen Donnerstag las man in der Presse, dass Vonovia den Bau von 60.000 Wohnungen abbreche. Begründung: hohe Zinsen und zu hohe Baukosten. Angesichts dessen drängen die Immobilienkonzerne auf Subventionen.

Wohnungsgipfel
Heute (25. September 2023) hat Kanzler Scholz zu einem Wohnungsgipfel eingeladen. HausCONTENT_INTRO_TEXTGrund sowie der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW werden aber das Gipfeltreffen boykottieren. Die Baukrise verschärfe sich von Tag zu Tag, ohne dass die Regierung wirksam und glaubhaft dagegen vorgehe, heißt es in der Begründung. Selten zuvor haben diese Vermieterlobbyisten derartige Empathie für die Mieter geäußert, sie sagten: «Wohnungssuchende sind verzweifelt, doch ernst zu nehmende politische Maßnahmen bleiben aus.» Laut GdW seien Förderungen und Impulse zu Bauland und Baukosten des Bauministeriums richtig, aber zu gering. Der Verband will eine Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7% sowie staatliche Förderdarlehen mit einem Zinssatz von einem Prozent. HausCONTENT_INTRO_TEXTGrund lehnt das Gebäudeenergiegesetz ab sowie Zwangssanierungen, an denen die EU arbeite. Seit Jahren werde das Mietrecht ausschließlich zulasten der Vermieter verschärft. Vom Klimageld, das den Kohlendioxidpreis kompensieren soll, sei nicht mehr die Rede.

So rächt sich, dass gemäß Koalitionsvertrag die Ampel um die «etablierte Wohnungswirtschaft» mehr besorgt ist als um die Mieterinteressen. Die Damen und Herren Investoren wollen gepampert werden. In der öffentlichen Diskussion um die Höhe der Mieten, des Rechts auf Wohnen, den Zusammenbruch des Wohnungsbaus bleibt die Eigentumsfrage gänzlich außen vor. Es ist vergessen, dass ab 1990 mehr als eine Million Wohnungen aus öffentlichen Beständen privatisiert worden sind.
Sie sind wieder in öffentliches Eigentum rückzuübertragen. Öffentliche Förderung von Wohnungsbau muss die öffentlichen und mietgünstigen Wohnungsbestände vermehren und nicht die privaten Gewinne. In Berlin wie anderswo sollten große Wohnungsunternehmen in gesellschaftliches Eigentum überführt werden.
Aktuell ist zu fordern, dass öffentliches Eigentum zumindest im Wert der Hilfsgelder, die die Immobilienkonzerne erhalten sollen, gebildet wird. Keine Subvention ohne öffentliche Eigentumstitel und – bitteschön - Mietminderung! Generell gilt: solange Wohnungsbestände nicht vom Markt genommen und vergesellschaftet werden, sinken die Mieten nicht.

Energiekosten
Vor einem Jahr, am 8. September 2022, erntete Sahra Wagenknecht im Bundestag einen Sturm der Entrüstung, als sie die Regierung als dümmste in Europa charakterisierte. 13 Tage später hatten das youtube-Filmchen mit ihrer Rede schon 2,3 Millionen Menschen aufgerufen. Die waren wohl eher begeistert. Sahra Wagenknecht sagte: «Die Mineralölkonzerne werden in diesem Jahr in Deutschland 38 Milliarden Euro mehr Gewinne machen als im Schnitt der letzten Jahre, die Stromerzeuger sogar 50 Milliarden Euro – Geld, das den Bürgerinnen und Bürgern jeden Tag aus der Tasche gezogen wird. Andere Länder haben auf dieses Marktversagen längst mit Preisdeckeln oder wenigstens mit Übergewinnsteuern reagiert. Frankreich hat den Anstieg des Strompreises auf 4 Prozent begrenzt; da sind sie nicht erst nach Brüssel gefahren und haben lange Verhandlungen geführt. Ein Liter Sprit kostet in Frankreich rund 40 Cent weniger als bei uns.
Wirtschaftsminister Habeck lässt sich von den Energielobbyisten ein Gesetz zu einer Gasumlage schreiben, das die Bürgerinnen und Bürger, die Familien und Unternehmen, die sowieso schon leiden, zusätzlich zur Kasse bitten wird.
Also, da muss man wirklich sagen: Auf so einen Einfall muss man erst mal kommen.
Wir haben wirklich die dümmste Regierung in Europa.»

Militarisierung
Am Weltfriedenstag am 1. September hat die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen am Friedensforum in Köln teilgenommen und zehn Thesen vorgetragen, in denen der Zusammenhang von Sozialabbau und Aufrüstung samt Kriegsbeteiligung dargestellt wird. Das Forum stand unter dem Motto »Den Frieden und die Zukunft gewinnen, nicht den Krieg«.
Mit 85,5 Milliarden Euro gemäß NATO-Kriterien für das Militär habe die Bundesregierung für 2024 einen Haushalt aufgelegt, der alle historischen Dimensionen seit Bestehen der Bundesrepublik sprenge. Es seien die höchsten deutschen Militärausgaben seit 1945. Ihnen stehen zahlreiche Kürzungsposten gegenüber, die den sozialen Krieg gegen die eigene Bevölkerung charakterisieren. Müttergenesungswerk: minus 93 Prozent, Familienferienstätten: minus 93 Prozent, Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätten: minus 77 Prozent, freie Jugendhilfe: minus 19 Prozent, Wohngeld: minus 16 Prozent, BAföG: minus 24 Prozent.
Sevim Dagdelen sagte: «Dieser soziale Krieg gegen die eigene Bevölkerung beinhaltet aber auch eine Politik, die die Infrastruktur in Deutschland weiter kaputtkürzt und Deutschland als Industrieland massiv gefährdet. Viele denken hier oft nur an die Bahn, was sicherlich stimmt. Aus Personalmangel müssen Bahnstrecken zeitweilig eingestellt werden, so grotesk ist die Lage mittlerweile. Ein anderes, nicht minder gravierendes Beispiel sind die Krankenhäuser. Die wirtschaftliche Situation der Kliniken ist dramatisch. Es droht ein Kahlschlag bei der Gesundheitsversorgung und die Schließung vieler weiterer Krankenhäuser, ohne dass hier von der Bundesregierung gegengesteuert wird. Am Ende wird ein völlig kaputtes Gesundheitssystem stehen.»
Verbunden mit den Rüstungsanstrengungen der Bundesregierung sei eine beispiellose Beteiligung am Stellvertreterkrieg in der Ukraine. Finanzminister Christian Lindner habe in Kiew fünf Milliarden Euro »Ertüchtigungshilfe«, sprich: Waffenhilfe, zugesagt. Jährlich, bis 2027. Das finde sich auch im Haushaltsansatz für 2024 wieder. Während die Kindergrundsicherung mit 2,4 Milliarden Euro viele Kinder arm zurücklassen werde, gehe bei Rüstung alles. Die Aufrüstungshilfe für die Ukraine werde zum ständigen Posten. Die Bundesregierung mache Deutschland damit zu einem Militärstaat in der Mitte Europa. Ein Fünftel aller Ausgaben der Ampel, fast 20 Prozent, flössen in militärische Zwecke.
Deutschland sei aber nicht allein wegen der gigantischen Rüstungsausgaben im Ausnahmezustand, sondern auch wegen der Sanktionen gegen Russland und ihrer Folgen, sagte Sevim Dagdelen. «Die Bundesregierung hatte den Wirtschaftskrieg gemeinsam mit der EU den USA folgend vom Zaun gebrochen, in der Hoffnung, so Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock, Russland zu ruinieren. Wie so oft im Leben kam es anders, als man dachte. Man könnte mit Blick auf die Bundesregierung auch sagen: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Zur Überraschung der Außenministerin ist es Deutschland, das einen wirtschaftlichen Einbruch erleidet, und nicht Russland. Während die russische Wirtschaft in diesem Jahr um 2,5 Prozent wächst, weil man andere Absatzmärkte für seine Energielieferungen gefunden hat bzw. soviel LNG-Gas nach Europa liefert wie nie zuvor, galoppieren in Deutschland die Preise für Energie und Lebensmittel. Die Bundesregierung hat zwar Ersatz für das russische Gas gefunden, aber die Preise für das US-amerikanische Frackinggas sind deutlich höher und stellen die Existenz der deutschen Industrie insgesamt in Frage. Jetzt wird überlegt, den Industriestrom für große Konzerne in den energieintensiven Branchen dauerhaft aus Steuermitteln zu subventionieren. Aber ist das wirklich ein tragfähiges wirtschaftliches Konzept, wenn bei mittelständischen Bäckereien der Ofen kalt bleibt?»

Unter Punkt Acht erinnert die Abgeordnete der Linkspartei an die Nord-Stream-Pipeline. Die Bundesregierung habe das weltpolitische Schicksal Deutschlands auf Gedeih und Verderb an den absteigenden Hegemon USA geknüpft. «Problem dabei: Um den eigenen drohenden Abstieg zu verhindern, ist der Hegemon bereit, auch engste Verbündete unter den Bus zu werfen, wie man im Englischen sagt. Es sei hier nur an die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines erinnert. Bei allen Bemühungen auch deutscher Leitmedien, eine Gegenerzählung zu entwickeln, die auf unbekannte Ukrainer als Täter verweist, stehen weiterhin die Recherchen des US-Investigativreporters Seymour Hersh im Raum, die auf eine unmittelbare Inauftraggabe von US-Präsident Joe Biden verweisen – mit einer nachträglichen Einweihung von Bundeskanzler Olaf Scholz in den Terrorplot. Die Bundesregierung jedenfalls scheint große Angst vor möglichen Enthüllungen zu haben, die in Richtung Washington weisen könnten. Anders ist es nicht zu erklären, dass lediglich eine Handvoll Ermittler in Deutschland mit der Aufklärung des größten Terroranschlags in der jüngeren Geschichte Europas befasst sind. Wer weniger Ermittler mit der Aufklärung der Terroranschläge auf die Energieinfrastruktur Deutschlands und Europas beauftragt, als mit der Ahndung eines Kaufhausdiebstahls befasst sind, der kann kein wirkliches Erkenntnisinteresse haben. Hier scheinen »Ermittlungen« lediglich geführt zu werden, um die wirklichen Täter und ihre Hintermänner nie benennen zu müssen.»

Bildung
Liebe Genossinnen und Genossen,
das Bündnis «Bildungswende JETZT! » hat am vergangenen Samstag in 29 Städten bundesweit zu Demonstrationen aufgerufen. In Köln waren es nach Angaben der Veranstalter 3000 Menschen. Den Auftakt machte Hessen bereits am Weltkindertag (20. September) an fünf Orten. Im Aufruf stellt das Bündnis fest, dass bundesweit über 300.000 Erzieherinnen und Erzieher und hunderttausende Kitaplätze fehlen. Aktuell beträgt das Manko laut Bertelsmann-Stiftung 384.000 Kitaplätze.
In den Schulen werden 2035 über 160.000 Lehrkräfte fehlen.
Die Kultusministerkonferenz hat für 2035 einen Bedarf 501.420 Lehrkräften ermittelt. Dem stehe aber nur ein Angebot von 477.580 neu ausgebildeten Lehrkräften gegenüber. Selbst nach den optimistischen KMK-Berechnungen blieben also 23.840 Planstellen unbesetzt.
Aber schon bis 2025 sind nach Berechnungen des Bildungsforschers Klaus Klemm vom März 2022 über alle Schulformen hinweg 24.950 Lehrerstellen unbesetzt. Klemm, der im März 2022 zum künftigen Bedarf im Auftrag des Verbandes Bildung und Erziehung ein Gutachten erstellt hat, hält die Berechnungen der KMK für unrealistisch. In Wirklichkeit würde das Angebot bei 374.300 liegen und 127.120 neu ausgebildete Lehrkräfte fehlen. Diese Zahl indes berücksichtige noch nicht den zusätzlichen Refombedarf. Die ganztägige Betreuung im Grundschulalter erfordere 19.212 weitere Planstellen. Für den Unterricht in inklusiv arbeitenden Schulen wären 27.638 zusätzliche Lehrer einzustellen, für Schulen in herausfordernden sozialen Lagen 26.180 Stellen.
Aber schon gegenwärtig steige laut Bildungsbündnis der Mangel an Lehrkräften und Erzieherinnen und Erziehern stetig. Er treffe auf ein veraltetes und unterfinanziertes Bildungssystem, das sozial ungerecht ist. Es müsse dringend umgesteuert werden. Aber wir erleben das genaue Gegenteil: Die Ampel will bei der Bildung über eine Milliarde Euro kürzen. Auch in der Jugendarbeit, in der außerschulischen, der kulturellen und der politischen Bildung wird gerade massiv gekürzt, stellt das Bildungsbündnis fest. Die Regierung plane, gleich ganze Projekte in diesem Bereich komplett zu streichen. Stattdessen fordert das Bündnis ein Sondervermögen Bildung von mindestens 100 Mrd. Euro.

Kommunale Finanzen
Liebe Genossinnen und Genossen,
im September 2019 haben wir in Lüttich ein Seminar zur Kommunalpolitik durchgeführt, einige Monate vor Corona. Die Welt war aber schon damals nicht in Ordnung. Gabriele Klug, Kämmerin der Stadt Köln, war zwei Jahre zuvor, auf die Risiken des Haushalts eingegangen. Sie benannte Klima, Konjunktur, Kapitalkosten, Kredite und Einhaltung der Konnexität. «Während die Zinsen sinken, wächst die globale Verschuldung enorm.» Die geldpolitischen Maßnahmen durch niedrige Zinsen gewährleisteten ihrer Meinung nach keine dauerhaft stabile Lösung der Probleme. «Die Relation zwischen Verschuldung und Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist schlecht und der abgebildete durch Verschuldung gewonnene Wohlstand fragil, worin ein großes Risiko für die Weltwirtschaft liegt.»
Nun, diese Risiken sind erhalten geblieben, einige haben sich zu Katastrophen entwickelt.
Die kommunalen Spitzenverbände, also Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag und Deutscher Städte- und Gemeindebund, gehen laut einer Pressemitteilung (Juli 2023) von einem Einbruch des kommunalen Finanzierungssaldos um mehr als 8 Milliarden Euro aus. Während 2022 noch ein leichter Überschuss erzielt wurde, wird für das Jahr 2023 ein Defizit von 6,4 Milliarden Euro (Kommunen in Flächenstaaten: 320,0 Mrd Euro Einnahmen minus 326,4 Mrd Euro Ausgaben) erwartet. Im nächsten Jahr 2024 sie mit Einnahmen von 331,7 Mrd Euro zu rechnen, denen Ausgaben in Höhe von 341,3 Mrd Euro gegenüberstehen. In den kommenden Jahren steigen diese Defizite auf Summen zwischen 8,2 und 9,6 Milliarden Euro.
Zudem wird das Wachstumschancengesetz, wie es vom Bundeskabinett beschlossen ist, bis 2028 für über sieben Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen bei den Kommunen sorgen.

Arm und Reich
Dagdelen: «Während die Beschäftigten in Deutschland vier Prozent an Reallohnverlusten zu erleiden haben – die höchsten Verluste seit Ende des Zweiten Weltkriegs –, explodieren mit 170 Milliarden Euro die Gewinne der Dax-Konzerne.»

Ukraine
Dagdelen: «Es gilt, auf einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine ohne Vorbedingungen zu drängen. Die Friedensinitiative der BRICS-Staaten, die bald 47 Prozent der Weltbevölkerung und 37 Prozent der Weltwirtschaftsleistung repräsentieren, könnte hier Vorbild sein.»

Klaus, Mitgliederversammlung der Innenstadtgruppe
25. September 2023


Zur Bilanz der Ampelregierung