Gleichschaltung
«Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.»
Walter Stehling, Modern Democrat, Gouache
Die Bundesrepublik ist spätestens seit der Lieferung von Waffen an die Ukraine Kriegspartei im Stellvertreterkrieg der Nato gegen Russland.
Bundeskanzler Scholz, der anfangs Waffenlieferungen mit dem Hinweis auf die Gefahr der Eskalation zu einem Atomkrieg ablehnte, wurde von einer breiten Medienkampagne regelrecht dazu getrieben. Auch im Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien 1999 preschten die deutschen Medien als Kriegstreiber voran. Und im Fall des Irak-Krieges musste sich der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, der sich geweigert hatte, Truppen für den Krieg zu stellen, dem Druck der Medien beugen. Deutschland wurde durch die Unterstützung der USA beispielsweise bei der militärischen Aufklärung zur Planung von Bombereinsätzen oder der Absicherung des amerikanischen Aufmarsches de facto Kriegspartei.
Zahlreich ist die Literatur über die Macht der Medien, über ihren Einfluss auf Wahlergebnisse, auf den Erfolg oder das Scheitern von politischen Konstellationen. Der Aufstieg der AFD ist ebenso das Resultat einer Medienkampagne wie das Zustandekommen der Ampel-Koalition.
Jüngst erschien das Buch «Die vierte Gewalt» von Richard David Precht und Harald Welser, in dem beschrieben wird, wie Mehrheitsmeinung gemacht wird. Naturgemäß und als Bestätigung werden Untersuchungen zur Medienkonzentration und Meinungsgleichschaltung mit medialer Nichtbeachtung gestraft.
Die Meinung von 200 reichen Leuten
Analysen der monopolistischen Strukturen im Medienbereich sind indes rar. Aber der konservative Journalist Paul Sethe (1901-1967) hat es schon 1965 auf den Punkt gebracht: «Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.» Und ergänzte: «Da die Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften immer größeres Kapital erfordert, wird der Kreis der Personen, die Presseorgane herausgeben, immer kleiner. Damit wird unsere Abhängigkeit immer größer und immer gefährlicher.»
Im August 1966 unterfütterte der SPIEGEL diesen Befund mit Zahlen. Die 1495 Zeitungen in der Bundesrepublik wurden damals von lediglich 174 politischen Redaktionen hergestellt. «Von diesen 174 selbständigen Zeitungsredaktionen, die vor allem durch eine politische Redaktion ausgewiesen sind, redigieren knapp die Hälfte, nämlich 82, insgesamt 85 Prozent der täglichen Gesamtauflage der deutschen Presse. Der Rest der Auflage - 15 Prozent - entfällt auf die übrigen 92 Redaktionen. Etwas übertrieben kann man daher sagen, dass die deutsche Presse aus 82 Tageszeitungen besteht.» So war es 1966 in der alten Bundesrepublik. Ein Vergleich mit der heutigen Situation ist nur schwer möglich. Immerhin gutachtet der wissenschaftliche Dienst des Bundestags am 3. Juli 2018 über die «Lage des Zeitungsmarktes in Frankreich und Deutschland» und stellt fest, dass im Jahr 2014 noch 329 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von 17,54 Mio. erschienen sind. Von den 1495 Zeitungen des Jahres 1966 waren also noch 329 im Geschäft. Die Konzentration konnte gleichwohl den Auflagenrückgang nicht aufhalten. Allein im Zeitraum 2005-2015 betrug er 25%. Umso deutlicher stieg der Konsum anderer Medien.
Laut Statistischem Bundesamt vom Dezember 2021 ließ sich der Durchschnitts-Bundesbürger im Jahr 2021 vier Stunden des Tages vom Fernseher berieseln. Der Fernsehkonsum hängt indes stark vom Alter ab: Während im Jahr 2021 die Altersgruppe von 14 bis 19 Jahren durchschnittlich 37 Minuten vor der Glotze saß, kam die Gesamtgruppe ab drei Jahren auf 213 Minuten. Im Zeitraum von 1997 bis ungefähr 2010 stieg die durchschnittliche Sehdauer in Deutschland um eine knappe halbe Stunde auf mehr als 220 Minuten an. In den Folgejahren wurde das Niveau relativ konstant gehalten. Bei den Kindern ist eher Verzicht festzustellen: die 10- bis 13-Jährigen reduzierten ihren Fernsehkonsum zwischen 2010 und 2020 von 107 auf 59 Minuten. Die Zahl der Smartphonebesitzer stieg zwischen 2014 und 2018 von 59 auf 89 Prozent.
Pressekonzentration
Die Datenlage über die Entwicklung im Mediensektor ist nach Aussage der Autoren des ISW-Heftes Nr.118 «Zur politischen Ökonomie der Medien in Deutschland“ schlecht. Die bis 1994 vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Pressestatistik wurde durch einen Beschluss der damaligen Bundesregierung ausgesetzt.
Aufschluss über den zunehmenden Konzentrationsgrad im Pressebereich geben die im Zweijahrestakt seit 1997 herausgegebenen Studien von Horst Röpers zur Entwicklung auf dem deutschen Zeitungsmarkt. Die Untersuchung für den Zeitraum von 2018 bis 2020 kommt zu folgendem Ergebnis: “2018 bis 2020 wurde die Pressevielfalt weiter eingeschränkt. Verstärkt kam es zu Schließungen und Zusammenführungen von Redaktionen sowie Übernahmen bzw. Zukäufen ganzer Zeitungsteile (vor allem im Lokalen). Der Verzicht auf eine eigene Lokalberichterstattung betrifft häufig nicht nur das jeweilige Printprodukt, sondern auch dessen digitale Angebote. Dass mancherorts Lokalfunkangebote und lokal-journalistische Portale von Dritten hinzukommen, lindert den Verlust zumindest etwas. Auch für die überregionale Berichterstattung von Zeitungen gilt, dass sie immer uniformer wird. In jüngster Zeit verzichten Verlage zum Beispiel vollständig auf eine eigene Hauptredaktion und übernehmen den Mantel von einem anderen Verlag.»
Beherrscht wird der deutsche Medienmarkt von einer Handvoll Konzerne. Das Kölner Institut für Medien- und Kommunikationspolitik veröffentlicht eine jährliche Rangliste der 10 größten Medienunternehmen, zwei davon sind öffentlich-rechtlich (ARD und ZDF), die anderen privat . An erster Stelle befindet sich mit großem Abstand mit einem jährlichen Umsatz von etwa 18 Milliarden Euro Bertelsmann vor ARD (6,6 Milliarden), ProSiebenSat1(4), Axel Springer (3,2) und Hubert Burda Media (2,7).
Diese Medienunternehmen, die sich mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen hauptsächlich in Familienbesitz befinden, bestimmen die öffentliche Meinung und bilden den ideologischen Überbau für eine neoliberale Wirtschaftsordnung.
Bertelsmann
Eine herausragende Stellung nimmt der Bertelsmann-Konzern ein. Zu ihm gehören etwa 1200 Unternehmen mit weltweit über 117.000 Angestellten. Bertelsmann besitzt 76 TV-Stationen, 31 Radiosender, Druckereien und mit Penguin Random House die größte Buchverlagsgruppe der Welt mit mehr als 300 Verlagen in rund 50 Ländern. Zur Größenordnung: Random House kontrolliert etwa 1⁄4 der weltweiten Buchproduktion. Weitere Bestandteile des Konzerns sind die RTL-Group, Gruner und Jahr (Zeitschriften), Arvato (Dienstleistungen), die Bertelsmann Education Group (Bildung) und Bertelsmann Investments (fonds).
Über die Bertelsmann-Stiftung übt der Konzern massiven Einfluss auf die Politik und die gesellschaftliche Entwicklung aus.
Ein Beispiel: Thilo Sarrazins «Deutschland schafft sich ab» hat die Deutsche Verlagsanstalt (DVA) aus der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH im Jahr 2010 auf den Markt gebracht. Es wurde ein Bestseller. Die Auflage von 1,5 Millionen Exemplaren (2012) verschaffte Sarrazin ein Honorar von mehreren Millionen Euro. Die Stiftung hatte vielfältige mediale Gelegenheiten, das Buch zu bewerben, auf Veranstaltungen, in Druckerzeugnissen und nicht zuletzt im Fernsehen. Die RTL Group SA betreibt 57 Fernseh- und 31 Radiosender in Europa. Es gibt keinen größeren Betreiber von werbefinanziertem Privatfernsehen und Privatradios.
Ein anderes Beispiel: Im Jahr 1992 wurde die sogenannte Bildungskommission NRW berufen. Laut Ministerpräsident Johannes Rau sollte die Kommission «langfristig angelegte und gründliche Reformen» erarbeiten. Die Kommission war «hochkarätig besetzt». Darunter Pädagogen, Gewerkschafter und Wissenschaftler, daneben aber auch Hilmar Kopper von der Deutschen Bank und Reinhard Mohn (1921- 2009), der damalige Eigentümer von Bertelsmann. Geschäftsführer der Kommission wurde Rainer Brockmeyer, langjähriger Mitarbeiter der Bertelsmann Stiftung und Autor der Denkschrift «Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft». Sie prägt mittlerweile das Schulwesen in NRW ganz unabhängig davon, welches Parteibuch die Kultusministerin hat. Die Zielrichtung der Denkschrift wird unter einem Schwall von pädagogischem und Wissenschaftsjargon verborgen. Da wird von der «Pluralisierung der Lebensformen und der sozialen Beziehungen» geschwafelt, vom Wandel der Wertvorstellungen und Orientierungen – in Wahrheit, um den weitreichenden Bildungsabbau zu verhüllen.
Ursprünglich ebenso wie die Stiftungen anderer Medienkonzerne zum Zwecke der Einsparung von Steuern gegründet, hat sich die Bertelsmann-Stiftung zu einem «Staat im Staate» entwickelt, der sich «wie ein gefährlicher Krake ausbreitet und die neoliberale Ideologie in die Gesellschaft transportiert.» (Albrecht Müller, Herausgeber der Nachdenkseiten).
Bertelsmann verfolgt das Ziel der vollständigen neoliberalen Umgestaltung der Gesellschaft und der Privatisierung öffentlicher Aufgaben. Ob bei der fortschreitenden Ökonomisierung von Bildung, Gesundheit und Forschung, Sozialabbau und Deregulierung von Staatsausgaben – die Bertelsmänner sind beteiligt. Was Bertelsmann der Politik einflüstert, wird eins zu eins in Regierungshandeln umgesetzt.
Über das «Centrum für Hochschulentwicklung» (CHE) beispielsweise, eine gemeinsame Institution von Bertelsmann und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), das die Umgestaltung der Universität zu einem Dienstleistungsbetrieb vorantreibt, übt Bertelsmann die uneingeschränkte Meinungsführerschaft in Sachen Hochschule aus.
Äußerst verzweigt ist das Netzwerk der Stiftung, unüberschaubar die Verbindungen zu anderen neoliberalen Stiftungen wie der Atlantik-Brücke oder der «Friedrich August von Hayek-Stiftung», zu institutionellen Anlegern und dem Finanzkapital. Hinzu kommt der direkte Kontakt zu Politikern und Entscheidungsträgern in der Wirtschaft.
Anders als im Fall des globalisierungskritischen Netzwerks Attac, dem auf Betreiben des Bundesfinanzministeriums vom Bundesfinanzhof wegen tagespolitischem Aktivismus 2019 die Gemeinnützigkeit entzogen wurde, wird eine solche Maßnahme gegen die Bertelsmann-Stiftung wegen Lobbyismus nicht erwogen.
Ver.di stellte immerhin 2007 die Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung aufgrund ihrer Rolle als treibende Kraft bei Privatisierungen und Abbau sozialer Leistungen ein. Ein entsprechender Antrag wurde auf dem Bundeskongress gegen den Vorstand beschlossen. Es liegt auf der Hand, dass Konzernmedien, die Teil der Kapitalmacht sind, ihre demokratische Kritik- und Kontrollfunktion kaum mehr wahrnehmen und als Sprachrohre des Monopolkapitals deren politisch-ökonomischen Herrschaft dienen.
Oder mit Marx gesprochen: «Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein». Kontrollversuche
Nach Niederschlagung des Hitlerfaschismus standen die Alliierten vor der Aufgabe, das gleichgeschaltete Medien- und Pressewesen neu zu ordnen. Aus der Nazi-Zeit wurde die Lehre gezogen, dass dies nach demokratischen Grundsätzen erfolgen müsse. Die Medienmacht sollte sich nicht mehr in den Händen des Staates, einzelner Machtgruppen oder einer Handvoll privater Verleger befinden.
Nach Gründung der Bundesrepublik wurden die alten Besitzverhältnisse restauriert, die Altverleger durften ihre Geschäfte wieder aufnehmen und die Monopolstellung der Konzernmedien wurde wiederhergestellt.
Allerdings sorgten die Alliierten nach 1945 für die Einrichtung eines öffentlich-rechtlich organisierten Rundfunks. Die Sender wurden als beitragsfinanzierte Körperschaften, bzw. Anstalten des öffentlichen Rechts, gegründet. Ab den achtziger Jahren durften mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten private Gründungen konkurrieren.
Die Tätigkeit der Rundfunk- und Telemedienanbieter ist indes gesetzlich geregelt. Der Medienstaatsvertrag hat die gesamte digitale Medienwelt im Blick, er regelt neben Radio und Fernsehen digitale Medienanbieter, darunter Medienintermediäre, Smart-TVs, Voice-Assistenten, Videostreamer und Blogs. Er ist seit dem 7. November 2020 in Kraft. Zuvor ist er von den 16 deutschen Landesparlamenten angenommen worden. Aufsichtsbehörden sind die jeweiligen Landesmedienanstalten, die vor allem die privaten Rundfunkanbieter, Fernsehanstalten und Telemedien überwachen sowie Sendelizenzen an private Hörfunk- und Fernsehveranstalter vergeben.
Medientage München
Am vergangenen Mittwoch (19. Oktober) konnte man den Bericht von Hannes Hintermeier in der FAZ über die Medientage München (18.-20. Okt) lesen. Titel «Stoppschilder für böse Gedanken», Veranstalter der Konferenz ist die Medien.Bayern GmbH, eine 100 prozentige Tochterfirma der Landesmedienanstalt, die in Bayern «Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM)» heißt. Das Motto der Veranstaltung war: More relevant than ever. Die Zeitung berichtet, der ukrainische Boxheld und Politikaktivist Wladimir Klitschko sei voll des Lobes für westliche Kriegsberichterstatter gewesen. «In Kiew und in der Ukraine brauchen wir mehr Vertreter von freien Medien», forderte Wladimir Klitschko. Er lobte den Einsatz von Bild-Reporter Paul Ronzheimer vor Ort. «Medien sind auch eine Waffe». Von politischen Kontroversen auf der Veranstaltung wird nicht berichtet.
Eine Pressemitteilung der Medientage zitiert Thorsten Schmiede, Präsident der bayrischen Landesmedienzentrale. Er verwies auf Verschwörungstheorien, Fake News und Propaganda. Der Krieg in der Ukraine bedeute auch einen Angriff auf die Informations- und Meinungsfreiheit. Umso wichtiger werde ein Qualitätsjournalismus, der außer auf Qualität auch auf Glaubwürdigkeit und Vertrauen basiere. Wer relevant bleiben wolle, müsse «auf Augenhöhe» berichten und die Sprache des Publikums sprechen. Außerdem sei in einem von Algorithmen und Intransparenz geprägten Markt staatsferne Regulierung «relevanter denn je, um freie und pluralistische Medien zu schützen.» «Medien haben in Krisen besondere Funktionen», betonte Markus Söder. Die Zeiten eines strikten Antagonismus zwischen öffentlich-rechtlichem und privatwirtschaftlichem Rundfunk seien vorbei. Angesichts der Konvergenz der Medien, bei der alles verschmelze, gehe es inzwischen um andere Herausforderungen. Der bayerische Ministerpräsident machte auf das Dilemma aufmerksam, dass es nie zuvor mehr wissenschaftliche Erkenntnis und Partizipationschancen gegeben habe, sich heute aber trotzdem Verschwörungserzählungen «ohne Ende» verbreiten würden. So würden Unsicherheiten geschürt, um Meinungen zu prägen und destabilisierende Themen zu etablieren. Deshalb müssten Medien Menschen eine «Einordnungskompetenz» vermitteln, um den «objektiven Kern» von Ereignissen sichtbar zu machen. Markus Söder warnte vor gefährlichen und die Demokratie destabilisierenden Folgen der Desinformation. Grundsätzlich sei eine Balance zwischen Information und «Meinungsprägung» schwierig. Haltung und Handwerk aber seien «verschiedene Dinge». Die FAZ zitierte Söder: Erst unlängst habe er bei einer Feier der «Süddeutschen Zeitung» gesagt, eine Redaktion dürfe kein «Aktivisten-Camp» sein, wohl aber müsse Journalismus zusammen mit der Politik Stoppschilder aufstellen gegen böse Gedanken, aus denen böse Taten werden könnten.
Netzdurchsetzungsgesetz
Vor fünf Jahren ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) beschlossen worden. Es reagierte vorgeblich auf die zunehmende Verbreitung von sogenannter Hasskriminalität und anderen strafbaren Inhalten vor allem in sozialen Netzwerken wie Facebook, YouTube und Twitter. In Wahrheit privatisiert es die Zensur. In Essen wurden 500 Mitarbeiter eingestellt, um Facebook- Inhalte zu prüfen und strafbare und beleidigende Einträge zu entfernen. Betreiber dieser Zensurinstanz ist die Firma Competence Call Center (CCC), eine Filiale von Arvato (Bertelsmann). In Berlin wurde die Zahl der Mitarbeiter, die für Facebook im Löscheinsatz sind, auf 700 erhöht. Weltweit sind solche Löschzentren eingerichtet.
Das NetzDG blieb streitig, eine Novelle wurde fällig. Schließlich trat am 28. Juni 2021 das Gesetz zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes in Kraft.
Am 1. März 2022 entschied das Verwaltungsgericht Köln auf Antrag von Google Ireland und Meta Platforms Ireland, dass zentrale Vorschriften des NetzDG wegen Verstoßes gegen unionsrechtliche Vorschriften unanwendbar seien.
Weitere Zensurmaßnahmen
Jüngst wurde von den Nachdenkseiten (NDS) ein Dokument des Bundesinnenministeriums (BMI) mit dem Titel «Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR» veröffentlicht (geleakt). Die junge Welt berichtete in der Ausgabe vom 6. Oktober darüber. Es beinhaltet einen «Zehn-Punkte-Resilienzplan» und sieht unter anderem Maßnahmen zur gezielten Einflussnahme auf Mandatsträger und die Intensivierung von Kontakten zu den Leitmedien und den großen sozialen Plattformen wie Twitter, Meta, Google und Telegram vor, «um diese für staatlich gesteuerte Desinformation (natürlich seitens der russischen Regierung) zu sensibilisieren.»
Besonders umtriebig beim Bemühen, die Botschaft der Regierung zum Ukraine-Krieg (Frieden schaffen durch Waffen, Russland muss in die Knie gezwungen oder in den Worten des Baerbocks «ruiniert» werden) zu verbreiten, ist Claudia Roth (Die Grünen) in ihrer Funktion als «Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien» (BKM).
Weißbuch der Bundeswehr und Konzeption Zivile Verteidigung
Bereits in der vom Bundesinnenministerium 2016 herausgegebenen «Konzeption Zivile Verteidigung» und ebenfalls im «Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr» wird die Gleichschaltung der öffentlichen Meinung und die Vervolksgemeinschaftung der deutschen Bevölkerung propagiert.
Häufige Verwendung findet auch in diesen beiden Regierungspapieren der Mode-Begriff «Resilienz», was so viel wie Widerstandsfähigkeit bedeutet, die angesichts zahlreicher innerer und äußerer Bedrohungen gestärkt werden müsse.
Wörtlich: «Hierzu gehören auch ein besserer Schutz kritischer Infrastrukturen, der Abbau von Verwundbarkeiten im Energiesektor, Fragen des Zivil- und des Katastrophenschutzes, effiziente Grenzkontrollen, eine polizeilich garantierte innere Ordnung und schnell verlegbare, einsatzbereite militärische Kräfte. Politik, Medien und Gesellschaft sind gleichermaßen gefragt, wenn es darum geht, Propaganda zu entlarven und ihr mit faktenbasierter Kommunikation entgegenzutreten.» (Weißbuch S. 39) «Für die gesamtstaatliche Sicherheitsvorsorge ist die Stärkung von Resilienz und Robustheit unseres Landes gegenüber aktuellen und zukünftigen Gefährdungen von besonderer Bedeutung. Dabei gilt es, die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Organen, Bürgerinnen und Bürgern sowie privaten Betreibern kritischer Infrastruktur, aber auch den Medien und Netzbetreibern zu intensivieren.» (Weißbuch S. 48). Unter die Rubrik Abwehrbereitschaft falle die Sicherung von Informations-, Kommunikations-, Versorgungs-, Transport- und Handelslinien samt Rohstoff- und Energiezufuhr. (Weißbuch S. 41)
Mittlerweile überwiegt der Katzenjammer
Klaus Weber zitiert in seinem Artikel zur gegenwärtigen Formierung und Festigung der Heimatfront eine Passage aus Karl Kraus' «Die letzten Tage der Menschheit»: «Das Durchhalten zum Beispiel, das is unsere Passion» / «Der Krieg hat auch seinen Segen. Er ist ein gar strenger Lehrmeister der Völker, über die er seine Zuchtrute schwingt» / «jetzt is Krieg, mein lieber Herr! Da muss der Staatsbürger schon auch ein bißl was dazu tun». Das waren Propagandafloskeln, mit denen der Bevölkerung der Erste Weltkrieg schmackhaft gemacht wurde. Damals hat das funktioniert.
Heute:
«Wir als Land werden nur dann gut durch diese Krise kommen, wenn wir uns unterhaken.» (Olaf Scholz)
«Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben.» (Exbundespräsident Joachim Gauck)
«Deutschland muss dienend führen!» (Robert Habeck)
«Das wird das Land in der einen oder anderen Form tragen müssen.» (Robert Habeck)
«Meine Duschzeit habe ich noch einmal deutlich verkürzt.» (Robert Habeck)
Es gibt Anlass zur Zuversicht: Die geballte Propaganda der gleichgeschalteten Medien für die Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen an die Ukraine, alle Appelle an die Opferbereitschaft der Bevölkerung, Solidarität genannt, verfangen nicht so recht. Die überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist gegen die Verlängerung des Krieges durch die Lieferung von Waffen, für die Aufnahme von Friedensverhandlungen und die Einstellung der Sanktionen. Die Mehrheit der Bevölkerung ist nicht bereit, aus «Solidarität» mit der Ukraine zu frieren. Sie ist nicht bereit, für die Verteidigung der westlichen Hegemonie, der sogenannten «regelbasierten Ordnung» zu verarmen.
Klaus Stein / Dirk Stehling
DKP Köln-Innenstadt, 24.10.2022