Versammlungsgesetz NRW stoppen!
«Darum kämpfen wir!» Ein Teilnehmer berichtet
Foto: Versorgung von Tränengas-Verletzten, Privat
Es sollte eine kraftvolle Demonstration werden, eine Demonstration, die ein Zeichen setzt. Am Ende war es eine Demonstration, überschattet von Polizeigewalt.
Aber was geschah wirklich am 26.06.2021 in Düsseldorf?
Ein großes Bündnis von politischen Gruppen, Klimaaktivisten, Fußballfans und Jugendorganisationen traf sich mit über 8000 Menschen auf den Rheinwiesen in Düsseldorf, um von dort aus zum Landtag zu ziehen, um gegen das geplante Versammlungsgesetz NRW zu protestieren.
Auch ich und weitere Genossen aus Köln waren dabei. Wir zogen also los und überquerten als erstes die Oberkasseler Brücke. Am Ende dieser Brücke fielen uns einige Polizeibeamte auf, die ihre Helme und Kampfhandschuhe angezogen hatten. Mein Genosse meinte sofort, «Dass bedeutet Ärger». Und tatsächlich. Nur wenige Minuten später drängten diese Polizisten sich in die Demonstration und provozierten die Anwesenden mit ihrem martialischen Auftreten. Plötzlich stoppten die Polizisten die Demonstration und zogen eine Linie zwischen die Blöcke. Es war offensichtlich, dass man die Demonstration spalten wollte. Immer wieder verlangte die Polizei, dass die anderen Demonstranten, die sich nicht im Kessel befanden, weiterlaufen, doch wir blieben stehen. Unsere Solidarität war stärker. Daraufhin versuchte die Polizei ein Stückchen weiter vorne einen weiteren Kessel zu ziehen. Als dies missglückte setzte die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Die Lage schien zu eskalieren, überall lagen Verletzte. Es war wie ein Schlachtfeld und hatte nur noch wenig mit einer normalen Demonstration zu tun. Die Gewalt der Polizei schien keine Grenzen mehr zu kennen, so wurden mehrere Journalisten von der Polizei angegriffen und so an der Ausführung ihrer Berichterstattung gehindert. Erst nach langem warten, konnte die Demonstration weiterziehen.
Aber wir kamen nicht weit. Immer wieder wurde die Demo gestoppt. Im Bankenviertel der Stadt kam es dann zum endgültigen Angriff der Polizei. Die Polizei prügelte in die Demonstration und spaltete einen ganzen Block ab, in dem sie einen Kessel um die Teilnehmer zog. Und abermals entsteht ein Schlachtfeld, Verletzte und verstörte Demonstrationsteilnehmer.
Aber was war eigentlich die Begründung der Polizei so vorzugehen?
Offiziell beschuldigte die Polizei die Demonstranten sich vermummt zu haben. Doch die Vermummung bestand darin, dass eine Atemschutzmaske getragen wurde und teilweise eine Sonnenbrille. Atemschutzmasken waren eine Vorschrift (von der Polizei selbst verlangt), um an der Demonstration teilzunehmen, zudem schien die Sonne sehr stark, so dass es nur natürlich war, dass einige Menschen eine Sonnenbrille trugen.
Zudem ist es doch sehr merkwürdig, dass die Polizei immer wieder um Verständnis bat, dass sie nichts unternehmen konnte, wenn Querdenker sich nicht an die Maskenpflicht hielten, wenn aber linke Kräfte sich an die Maskenpflicht hielten, ein Einsatz unverhältnismäßiger Gewalt kein Problem war. Anscheinend ist die Polizei nur dann an Gewalt interessiert, wenn es gegen fortschrittliche Kräfte geht.
Aber wie ging es weiter an diesem Samstag. Die Polizei hatte mit ihrer gewalttätigen Art eine friedliche Demonstration gestoppt. Das Verfassungsmäßige Recht auf Versammlungsfreiheit (Artikel 8 GG) wurde durch eine staatliche Instanz verhindert. Aber dass allein genügte der Polizei nicht. So wurde der eingekesselte Block in der prallen Sonne festgehalten. Diesen Block mit Wasser zu versorgen, wurde durch die Polizei verhindert, zum Teil auch mit Gewalt. Die Menschen durften nicht auf eine Toilette gehen. Erst gegen Mitternacht durften die eingekesselten nach Hause gehen. Wir reden hier über mehrere Stunden in der prallen Sonne, ohne Wasser und ohne Toilette. Wir sprechen hier über eine Körperverletzung, die die Polizei lächelnd hin nahm.
Warum waren wir eigentlich auf der Straße?
Bei so viel Gewalt und Rechtsbruch seitens der Polizei, fällt unser eigentlicher Grund auf die Straße zu gehen, irgendwie in den Hintergrund. Aber nur auf den ersten Blick. Denn wir waren auf der Straße, um das neue Versammlungsgesetz NRW zu stoppen. Dieses Gesetz räumt der Polizei noch mehr Möglichkeiten ein, fortschrittlichen Protest zu verhindern. Das dies absolut unnötig ist, bewies die Polizei an diesem Samstag selbst. Die vorhandenen Machtstrukturen reichten völlig aus, eine vollkommen friedliche Demonstration zu stoppen und Demonstrationsteilnehmer zu verletzen.
Vielmehr dürfte jedem Freiheitsliebenden Menschen ein Schauer über den Rücken laufen, wenn er daran denkt, was die Polizei sich nach dem neuen Gesetz alles leisten kann. Die Versammlungsfreiheit wird es dann für große Teile der Bevölkerung nicht mehr geben. An dieser Stelle muss an Artikel 20 (4) des Grundgesetzes erinnert werden. «Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung (also zum Beispiel die Abschaffung von Artikel 8 Anm.d.Verf.) zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.»
Wenn staatliche Stellen uns unser verfassungsmäßiges Recht beschneiden, ist die Frage, welche «andere Abhilfe» uns noch bleibt. Tatsache ist, dass wir kreativer werden müssen, dass wir kämpferischer werden müssen. Und egal wie jeder einzelne zum Grundgesetz der BRD steht, es liegt nun an uns, dieses zu verteidigen. Dabei fallen uns Kommunisten sofort die Worte von Max Reimann (ehemaliger Vorsitzender der KPD) ein, der bei der Verabschiedung des Grundgesetzes sagte: «Wir unterschreiben nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die es angenommen haben!»
Max du hattest recht!
Versammlungsgesetz NRW stoppen Düsseldorf 26.06.21 (weitere Fotos)