Was haben uns die Schüler und Studenten von ­«Fridays4Future» zu sagen?

Jugendliche mit Plakaten: «Respect existence or expect resistance», «Change the system, not the climate!» und «Wollt ihr uns leimen?».

Wirkungsvoller
Klimaschutz

Wieder streiken Schülerinnen und Schüler unter dem Motto «Fridays4Future» für einen wirkungsvollen Klimaschutz. «Streik» bedeutet in diesem Fall, dass junge Menschen auf die Straße anstatt in den Unterricht gehen. Sie sind die Generation, die die drastischen Folgen des Klimawandels deutlich zu spüren bekommen wird.

Die vergangenen zwei Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. 2017 wurde die höchste mittlere Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre mit fast 405 ppm (parts per million) erreicht. Vor der Industrialisierung lag der Wert bei 280 ppm. Neben CO2 sind vor allem Methan (CH4) und Lachgas (N2O) wirksame Treibhausgase. Auch ihre Konzentration in der Atmosphäre steigt spürbar an und die Erhöhung der Emissionen wird durch menschliche Aktivitäten verstärkt, unter anderem in der industriellen Landwirtschaft.

Aber nicht nur die Atmosphäre wird wärmer, auch die Ozeane erwärmen sich. Die daraus resultierenden Hurrikans in Südostasien, der Karibik und in den USA geben uns einen Vorgeschmack auf zukünftige Extremereignisse. Das Sturmtief «Frederike» vor einem Jahr mit Orkanböen von über 200 km/h forderte allein in Deutschland acht Menschenleben und legte das öffentliche Leben lahm.

Immer noch fließt ein Vielfaches mehr an staatlichen Subventionen in fossile Energieträger als in die Erforschung und Entwicklung erneuerbarer Energien. Teile des Monopolkapitals machen einen Riesenprofit, die Menschen sollen dafür zahlen.

Wissenschaftler am Rande der Demo.

Eine Umstellung von fossil auf erneuerbar reicht aber nicht. Klimaschutzpolitik ist mehr als ein technisches Umrüstungsproblem. Ein Beispiel sind die Klimakiller Automobilindustrie: Elektroautos werden das Problem nicht lösen können. Die Auto-Lobby verhindert jede wirksame Maßnahme zur Verringerung des Schadstoffausstoßes. Derzeit ist ihr das Thema Tempolimit auf Autobahnen ein Dorn im Auge. Tempolimits reduzieren den Verbrauch und verhindern Unfälle. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte allen Ernstes, ein Tempolimit von 130 km/h sei «gegen jeden Menschenverstand». Wirkliche Veränderungen müssen gegen die Interessen der Klimakiller und ihre Politiker durchgesetzt werden.

Wir brauchen eine sozial-ökologische Wende in allen Lebensbereichen: Mit einer Energiewende, die auf erneuerbare Energien in öffentlicher bzw. gemeinwirtschaftlicher Hand setzt. Mit einer Agrarwende, die statt Massenproduktion auf Förderung ökologischer Landwirtschaft setzt. Mit industrieller Abrüstung, in der überflüssige Produktion – zuallererst Rüstung – durch gesellschaftlich nützliche Produktion ersetzt wird. Wir wollen in solidarischen Kommunen leben, die den Menschen Grundsicherung, bezahlbares Wohnen, ausreichend Bildung, Pflege, Gesundheit und Mobilität gewährleistet. Das Alles ist bezahlbar, wenn die öffentlichen Einnahmen durch Umverteilung von Reichtum, Austrocknen von Steueroasen, angemessene Besteuerung von Konzernen und von Finanztransaktionen erhöht werden.

Auf der Europa-Demo am 19. Mai 2019 in Köln


Die Jungen haben angefangen, sich zu wehren. Sie sollten nicht damit aufhören. Die Klima-Bewegung kann das Vertrauen der arbeitenden Menschen gewinnen, indem sie bestrebt ist, Umweltfragen mit der sozialen Frage zu verbinden. Der Kampf für eine nachhaltige Wirtschaft ist wichtig, aber auch der Kampf für mehr Arbeitsplätze, besseren Wohnungsbau und Stadt-entwicklung, gesunde und bezahlbare Lebensmittel und eine nachhaltige Gesellschaft. Dies ist der Hebel, um eine wirklich andere Gesellschaft aufzubauen, von der Macht der Monopole befreit, basierend auf sozialer und ökologischer Gerechtigkeit. Change the system – not the climate – Rot ist das Neue Grün.

Wolfgang Reinicke-Abel, Köln / Lüttich
Foto 1: By Leonhard Lenz - Own work, CC0, Link
Foto 2: By Robert (Diskussion) - Self-photographed,
CC BY-SA 3.0 de, Link
Foto 3: Jürgen Schramm