Heute vor 65 Jahren wurde die DDR gegründet

DDR-Fahne 1959-1990.

1949: Gründung der DDR

Das Sekretariat des PV der DKP hat am 29. September eine Erklärung zum 65. Jahrestag der Gründung der DDR verfasst.

Zitat:

»Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus.« Fast 170 Jahre alt sind diese Worte aus dem »Kommunistischen Manifest« – geschrieben von Karl Marx und Friedrich Engels. ›Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet …‹, so geht es weiter. Doch das ›Gespenst‹ war und ist nicht tot zu kriegen – weder durch Totschweigen, noch durch Totschießen. Viele haben es versucht: Der Preußen- Junker und Reichskanzler Graf Otto von Bismarck versuchte es gegenüber der damals noch revolutionären Sozialdemokratie mit Parteiverbot und Ausweisungen. Der ›größte Führer aller Zeiten« und Reichskanzler, Adolf Hitler, wollte das marxistische ›Gespenst‹ gleich ganz ›mit Stumpf und Stiel ausrotten‹. Nach 1945 versuchte es der nächste Kanzler, Konrad Adenauer, im kapitalistischen Westen Deutschlands mit anderen – aber auch nicht neuen – Methoden: Erneutes Verbot der KPD (1956) und – schon 1951 – der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Und als sei es noch immer nicht genug, versuchte es sein Nachfolger, der Sozialdemokrat Willy Brandt, gegen die sich neu formierte Deutsche Kommunistische Partei – DKP. Wieder gab es tausende politische Prozesse und tausende Ausbildungs- und Berufsverbote. Die Wut der deutschen Kapitalisten richtete sich nach 1945 aber vor allem gegen den antifaschistisch und sozialistisch gewordenen kleineren und ärmeren Teil Deutschlands, die 1949 gegründete Deutsche Demokratische Republik.

Ihre Wut galt einem Staat, der sich von den Vorstellungen von Marx und Engels, von den Erfahrungen des Kampfes der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung und von dem Ziel des Aufbaus einer antikapitalistischen und antifaschistischen Alternative zur Herrschaft der Monopole und Banken, der Rüstungsbosse und Kriegsgewinnler orientierte. Letztere hatten die Hitlerpartei schon vor 1933 finanziert. Diesen Staat versuchten die Vertreter der alten kapitalistischen und imperialistischen Ordnung zu sabotieren und von der Landkarte auszuradieren. ›Alle Mächte‹ des alten kapitalistischen Europas verschworen sich gegen diesen Ausbruch. Sie versuchten das wirtschaftlich schwächere antifaschistische und sozialistische Deutschland ökonomisch zu boykottieren, politisch zu isolieren und schließlich auch zu strangulieren. 40 Jahre gelang es ihnen nicht.

An der Seite der DDR standen nicht die Milliardäre und Multimillionäre der Wallstreet, der amerikanischen Riesenkonzerne und der Großbanken. Die militärisch siegreiche, aber völlig ausgelaugte und am Rande ihrer Existenz stehende Sowjetunion musste sich in den ersten Nachkriegsjahren um des eigenen Überlebens wegen von der DDR wenigstens einen Teil der von Nazi-Deutschland verursachten Kriegsschäden erstatten lassen. Der reiche Westen Deutschlands zahlte nicht eine müde Mark. Die BRD wurde stattdessen zum ›Schaufenster des Westens‹ ausgebaut. Sie erhielt über den sogenannten Marshallplan der USA eine enorme Aufbauhilfe im Umfang 1,413 Mrd. Dollar. Damit bekam Westdeutschland nach Frankreich und Großbritannien die umfangreichste Wirtschaftshilfe der europäischen Nachkriegsstaaten.

Das Ziel der deutschen und der sowjetischen Sozialisten und Kommunisten war ursprünglich, Deutschland als Ganzes zu erhalten und einen demokratischen Neubeginn und Wandel in ganz Deutschland ohne Faschisten, Kriegsgewinnler und Kapitalisten zu beginnen und ein wirkliches neues demokratisches und friedliches Deutschland zu erbauen. So sah es auch das »Potsdamer Abkommen« der vier Siegermächte von 1945 vor. Doch es kam anders: ›Lieber das halbe Deutschland ganz, als das ganze halb‹ - nach dieser Adenauer-Devise wurde Deutschland gespalten.

Das sowjetische Angebot über einen Friedensvertrag mit einem demokratischen und antifaschistischen Deutschland wurde zugunsten der ›Integration‹ in den kapitalistischen Westen und sein aggressives Militärbündnis, die NATO, abgeschmettert. Westdeutschland wurde vor allem unter der Regie der USA zum ›Bollwerk‹ des Antisowjetismus und Antikommunismus ausgebaut.« (Soviel zunächst aus der Erklärung des Sekretariats)

Diese Erklärung lenkt unter anderem unsere Aufmerksamkeit auf die Tatsache, daß die DDR ursprünglich nicht vorgesehen war. Die Kommunisten hatten für Deutschland ein anderes Konzept. Im Aufruf des ZK der KPD vom 11. Juni 1945 heißt es:

»Mit der Vernichtung des Hitlerismus gilt es gleichzeitig, die Sache der Demokratisierung Deutschlands, die Sache der bürgerlich-demokratischen Umbildung, die 1848 begonnen wurde, zu Ende zu führen, die feudalen Überreste völlig zu beseitigen und den reaktionären altpreußischen Militarismus mit allen seinen ökonomischen und politischen Ablegern zu vernichten.

Wir sind der Auffassung, daß der Weg, Deutschland das Sowjetsystem aufzuzwingen, falsch wäre, denn dieser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen in Deutschland.

Wir sind vielmehr der Auffassung, daß die entscheidenden Interessen des deutschen Volkes in der gegenwärtigen Lage für Deutschland einen anderen Weg vorschreiben, und zwar den Weg der Aufrichtung eines antifaschistischen, demokratischen Regimes, einer parlamentarisch-demokratischen Republik mit allen demokratischen Rechten und Freiheiten für das Volk.

An der gegenwärtigen historischen Wende rufen wir Kommunisten alle Werktätigen, alle demokratischen und fortschrittlichen Kräfte des Volkes zu diesem großen Kampf für die demokratische Erneuerung Deutschlands, für die Wiedergeburt unseres Landes auf! Die unmittelbarsten und dringendsten Aufgaben auf diesem Wege sind gegenwärtig vor allem:

  1. Vollständige Liquidierung der Überreste des Hitlerregimes und der Hitlerpartei. […]
  2. Kampf gegen Hunger, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit. Allseitige aktive Unterstützung der Selbstverwaltungsorgane in ihrem Bestreben, rasch ein normales Leben zu sichern und die Erzeugung wieder in Gang zu bringen. Völlig ungehinderte Entfaltung des freien Handels und der privaten Unternehmerinitiative auf der Grundlage des Privateigentums. Wirkungsvolle Maßnahmen zum Wiederaufbau der zerstörten Schulen, Wohn- und Arbeitsstätten. Strenge Sparsamkeit in der Verwaltung und bei allen öffentlichen Ausgaben. Umbau des Steuerwesens nach dem Grundsatz der progressiven Steigerung. Sicherung der restlosen Ernteeinbringung auf dem Wege breiter Arbeitshilfe für die Bauern. Gerechte Verteilung der Lebensmittel und der wichtigsten Verbrauchsgegenstände; energischer Kampf gegen die Spekulation.
  3. Herstellung der demokratischen Rechte und Freiheiten des Volkes. Wiederherstellung der Legalität freier Gewerkschaften der Arbeiter, Angestellten und Beamten sowie der antifaschistischen demokratischen Parteien. Umbau des Gerichtswesens gemäß den neuen demokratischen Lebensformen des Volkes. Gleichheit aller Bürger ohne Unterschied der Rasse vor dem Gesetz und strengste Bestrafung aller Äußerungen des Rassenhasses. Säuberung des gesamten Erziehungs- und Bildungswesens von dem faschistischen und reaktionären Unrat. Pflege eines wahrhaft demokratischen, fortschrittlichen und freiheitlichen Geistes in allen Schulen und Lehranstalten. Systematische Aufklärung über den barbarischen Charakter der Nazi-Rassentheorie, über die Verlogenheit der "Lehre vom Lebensraum", über die katastrophalen Folgen der Hitlerpolitik für das deutsche Volk. Freiheit der wissenschaftlichen Forschung und künstlerischen Gestaltung.
  4. Wiederaufrichtung der […] Selbstverwaltungsorgane
  5. Schutz der Werktätigen gegen Unternehmerwillkür und unbotmäßige Ausbeutung. […]
  6. Enteignung des gesamten Vermögens der Nazibonzen und Kriegsverbrecher […]
  7. Liquidierung des Großgrundbesitzes, der großen Güter der Junker, Grafen und Fürsten […]
  8. Übergabe aller jener Betriebe, die lebenswichtigen öffentlichen Bedürfnissen dienen (Verkehrsbetriebe, Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke usw.) sowie jener Betriebe, die von ihren Besitzern verlassen wurden, in die Hände der Selbstverwaltungsorgane der Gemeinden oder Provinzen bzw. Länder.
  9. Friedliches und gutnachbarliches Zusammenleben mit den anderen Völkern. […]
  10. Anerkennung der Pflicht zur Wiedergutmachung […]

Notwendig ist die Schaffung einer festen Einheit der Demokratie für die endgültige Liquidierung des Nazismus und zum Aufbau eines neuen demokratischen Deutschlands!

Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands ist der Auffassung, daß das vorstehende Aktionsprogramm als Grundlage zur Schaffung eines Blocks der antifaschistischen, demokratischen Parteien (der Kommunistischen Partei, der Sozialdemokratischen Partei, der Zentrumspartei und anderer) dienen kann.

Wir sind der Auffassung, daß ein solcher Block die feste Grundlage im Kampf für die völlige Liquidierung der Überreste des Hitlerregimes und für die Aufrichtung eines demokratischen Regimes bilden kann.«

Dieses Programm, liebe Genossinnen und Genossen, war keineswegs abgehoben und weltfremd, wie es heute erscheinen mag, sondern knüpfte in der Tat an der politischen Stimmung im Lande an. Allerdings vermochte es der Imperialismus, den antifaschistischen Konsens schon in wenigen Jahren in einen antikommunistischen zu verwandeln.

Deutschland wurde im Widerspruch zu den Bestimmungen des Potsdamer Abkommens geteilt.

Es hieß am 2. August 1945 in der Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin, dem Text der gemeinhin als das »Potsdamer Abkommen« bezeichnet wird:

»Auf der Konferenz wurde eine Übereinkunft erzielt über die politischen und wirtschaftlichen Grundsätze der gleichgeschalteten Politik der Alliierten in bezug auf das besiegte Deutschland in der Periode der alliierten Kontrolle.«

»Bis auf weiteres wird keine zentrale deutsche Regierung errichtet werden. Jedoch werden einige wichtige zentrale deutsche Verwaltungsabteilungen errichtet werden, an deren Spitze Staatssekretäre stehen, und zwar auf den Gebieten des Finanzwesens, des Transportwesens, des Verkehrswesens, des Außenhandels und der Industrie. Diese Abteilungen werden unter der Leitung des Kontrollrates tätig sein.«

»Während der Besatzungszeit ist Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten.«

Schon bald wurde erkennbar, daß die Westmächte die Spaltung Deutschlands betrieben.

Am 2. Dezember 1946 unterzeichneten der britische Außenminister und sein US-Kollege in New York die wirtschaftliche Vereinigung der amerikanischen und britischen Zone mit Wirkung vom 1. Januar 1947, die Bizone. Im März 1948 wurde die französische Besatzungszone angegliedert, so daß aus der Bizone Trizonesien wurde.

Max Reimann hatte am 20. September 1946 in einer Rede vor Parteifunktionären in Wuppertal Anlaß zu folgenden Bemerkungen: »Das nationale Interesse des deutschen Volkers verlangt die Sicherung des unteilbaren Friedens […] Nach wie vor steht die Verwirklichung der Einheit Deutschlands auf der Grundlage der fortschrittlichen Demokratie auf der Tagesordnung. Die Bestrebungen der Kräfte der Reaktion im Westen und Süden Deutschlands sind gegenwärtig darauf gerichtet, die Herstellung der politischen und wirtschaftlichen Einheit Deutschlands so lange zu verzögern, bis es ihnen gelungen ist, ihre Macht wieder herzustellen und ihren Einfluß erneut zu festigen. […] Diese Kräfte […] scheuen nicht davor zurück, eine Teilung Deutschlands ins Auge zu fassen […] Der Kampf um die Einheit Deutschlands ist seinem Inhalt nach der Kampf gegen die Reaktion, für die Demokratie in allen Teilen Deutschland.«

Die Währungsreform vom 21. Juni 1948, mit der die D-Mark und ihre enge Anbindung an den Dollar eingeführt wurde, verknüpfte die westdeutsche Wirtschaft eng mit der westlichen, insbesondere des US-amerikanischen und machte sie empfänglich für Investitionen von Dollarmilliarden, die nach dem Kriegsboom nach neuen Anlagemöglichkeiten suchten. Die Währungsreform hob die westdeutsche Wirtschaft in kurzer Frist auf das westliche Konsumgüterniveau. Schlagartig füllten sich die Läden mit Waren, die lange entbehrt worden waren und in der SBZ noch entbehrt wurden. Mit der Gründung der BRD am 23. Mai 1949 gab es auch die politischen Garantien für diese Investitionen. Bekanntlich haben Heinz Renner und Max Reimann für die KPD im Parlamentarischen Rat die Unterschrift unter das Grundgesetz verweigert. Sie wollten die Spaltung Deutschlands nicht unterschreiben, fügten aber an: »die Gesetzgeber werden im Verlauf ihrer volksfeindlichen Politik ihr eigenes Gesetz brechen. Wir Kommunisten werden die im Grundgesetz verankerten demokratischen Rechte gegen die Verfasser des Grundgesetzes selbst verteidigen.«

Um nicht mittels der zu Ramsch gewordenen Reichsmark leer gekauft zu werden, musste die SBZ unmittelbar nach der Währungsreform im Westen auch auf ihrem Gebiet eine neue Währung einführen. Mittlerweile war auch die Gründung eines eigenen Staates unausweichlich geworden. Er entstand am 7. Oktober 1949 und hatte von Anfang an gegen wirtschaftliche, politische, militärische Aggressionen zu kämpfen.

Die DDR wurde, heißt es in der Erklärung des Sekretariats, obwohl sie am Ende das zehntstärkste Industrieland auf der Welt war, »kein Land, in dem ›Milch und Honig flossen‹. Aber sie war der Beweis, dass die Werktätigen auch ohne die Kapitalisten zu Großem fähig sind. Sie bauten ein Land auf, in dem nicht nur die wichtigsten und elementaren Lebensbedingungen für die breiten Massen gesichert waren. Sie schufen ein international hochstehendes Bildungs-, Kultur- und Gesundheitssystem, das bis heute seinesgleichen sucht. Die DDR wurde ein Land, das für die werktätigen Frauen und Mütter eine Gleichberechtigung verwirklichte, die bis heute Vorbild ist. Sie schufen einen Staat, in dem niemand Angst um eine warme und bezahlbare Wohnung und um seine berufliche und familiäre Zukunft haben musste. Die DDR wurde ein Land, in dem nicht die Interessen der Millionäre, sondern der Millionen den Maßstab für die Politik der Regierung setzten. Ein Land, das sich nicht an Kriegen gegen seine Nachbarn oder in fernen neokolonialistischen Kriegen beteiligte, wie das nach 1990 das ›neue‹ Deutschland tut.«

Klaus, Referat vor dem Kreisvorstand der DKP Köln, 7. Oktober 2014