Jahrestag der Bücherverbrennung in Köln 17. Mai 1933
„… wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“
Almansor:
Wir hörten, dass der furchtbare Ximenes,
Inmitten auf dem Markte, zu Granada –
Mir starrt die Zung' im Munde – den Koran
In eines Scheiterhaufens Flamme warf!
Hassan:
Das war ein Vorspiel nur, dort, wo man Bücher
Verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.
Heines Tragödie „Almansor“ von 1821, in der sich diese Sätze finden (Heinrich Heine, Werke und Briefe, Berlin und Weimar 1980, Band 2, S. 479 ff.), spielt in der Gegend von Granada zur Zeit der Vertreibung der Mauren aus Spanien. Ximenes ist Kardinal Jiménez de Cisneros, seit 1495 Erzbischof von Toledo und Großinquisitor.
Im Zuge der Vernichtung der häretischen Albigenser testete Dominikus im Jahre 1207 deren Schriften. Die ketzerischen brannten, die rechtgläubigen wurden in den Himmel emporgehoben.
24 Wagenladungen jüdischer Schriften aus Frankreich, England, Spanien und Portugal wurden in Paris des Jahres 1242 verbrannt. Angewiesen hatte das Papst Gregor IX. Viele seiner Nachfolger taten es ihm gleich, so gelang es, fast das gesamte jüdische Schrifttum zu vernichten.
Fotos von Klaus Stein
Im Jahr 1415 wurden in Konstanz die Bücher des böhmischen Reformators Jan Hus angezündet, bevor er selbst auf den Scheiterhaufen kam.
Der Habsburger Kaiser Karl V. ließ ab 1521 die Schriften Martin Luthers verbrennen.
An Klopstocks Geburtstag am 2. Juli 1773 verbrannten die Mitglieder des Göttinger Hainbundes die Schriften von Christoph Martin Wieland. Er war ihnen zu aufklärerisch.
Am 18. Oktober 1817 wurde von den Teilnehmern des Wartburgfestes dem Feuer übergeben, was ihnen als antinational oder undeutsch erschien.
Am 17. Mai 1933 brannten auch vor der Kölner Universität die Bücher. Seit fünf Jahren erinnert der Arbeitskreis Zivilklausel der Uni Köln mit einer ganztägigen Lesung verbrannter Bücher an den Jahrestag dieses Autodafés (portugiesisch nach actus fidei, Glaubensakt).
Seit 1992 brennen Asylbewerberheime und Flüchtlingsunterkünfte. Am kommenden Samstag wird in Solingen an den Brandanschlag in Solingen vor 25 Jahren gedacht.
Peter Förster schreibt im Dankschreiben an Mitstreiter und Mitleser, Zuhörer und Zuschauer der diesjährigen Lesung, dass sich die Universität seit 2014 ausdrücklich dem Frieden verpflichtet habe. Es konnte erreicht werden, dass Sharo Garip, in der Türkei verfolgter Wissenschaftler für den Frieden, nach Deutschland zurückkam. Sharo war dieses Mal bei den Lesungen dabei. Die Universität ist bemüht, sich für Geflüchtete zu öffnen. Aber die von der Landesregierung geplanten Studiengebühren für Menschen außerhalb der EU kontrastieren mit dem Anspruch auf Weltoffenheit der Universitäten.
Er erinnert an Goswin Frenken und Benedikt Schmittmann. Sie waren Professoren der Universität. Als Kritiker des Faschismus wurden sie inhaftiert und in Konzentrationslagern umgebracht. Zwei Stolpersteine mit ihren Daten liegen unweit des Haupteingangs, allerdings auf städtischem Boden, denn die Universitätsleitung hatte die Setzung von Stolpersteinen auf Uni-Gelände untersagt.
Folgende Texte wurden am 17. Mai 2018 gelesen:
Albert Einstein
- „Warum Krieg?“ Briefwechsel mit Sigmund Freud
Anne Frank
- aus dem Tagebuch
Benedikt Schmittmann
- Die Verdrängung des sozialwissenschaftlichen Universitätsstudiums duch das Wirtschaftsdiplom. Kritisches zur neuen Volkswirtschaftsdiplomprüfung, 1926
Bertolt Brecht:
- Verbrennt mich!!
- An die Nachgeborenen
- Die Auswanderung der Dichter
- Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration
- Kleines Organon zum Theater
- Besuch bei den verbannten Dichtern
- Über die Bezeichnung Emigranten
Erich Maria Remarque
- Im Westen nichts Neues
Erich Kästner
- Fabian
Erich Mühsam:
- Der Revoluzzer
Franz Kafka
- In der Strafkolonie
- Beschreibung eines Kampfes. Novellen, Skizzen, Aphorismen aus dem Nachlaß, in: Franz Kafka, Gesammelte Werke, hrsg. von Max Brod, Taschenbuchausgabe in acht Bänden, Frankfurt 1983, darin die Seiten 70-71: "Das Stadtwappen" (ursprüngliche gebundene Ausgabe: Frankfurt 1969).
Georg Weerth
- Rede auf dem Freihandelskongress in Brüssel (18. September 1847), Werke I, S. 112-116
- Gedicht: „Heute morgen fuhr ich nach Düsseldorf“, Werke I, S. 80-83
(aus: Werke in zwei Bänden, Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1974.)
Heinrich Mann
- Der Untertan
Irmgard Keun
- Ausschnitt des Romans: Gilgi, eine von uns (1931) aus: Irmgard Keun Das Werk, Bd. 1 S. 51ff.
Jannis Ritsos
- "Epilog". In: Die Umkehrbilder des Schweigens, Suhrkamp 2001, S. 141
Joachim Ringelnatz
- Gedichte aus: Die Schnupftabakdose. Stumpfsinn in Versen, 1912
Joseph Roth
- Juden auf Wanderschaft (1928)
Gertrud Kolmar
- Gedicht "Der 9. November 1918". Aus den nachgelassenen Gedichten, veröffentlicht 1978 in der DDR unter dem Titel "Das Wort der Stummen".
Karl Marx
- Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (Rohentwurf) 1857-1858.
Europäische Verlagsanstalt Frankfurt, Europa Verlag Wien.
Ausschnitte von den Seiten 592 – 596
Konstantin Wecker
- Sage NEIN! (1992)
Kurt Tucholsky
- keinen Mann und keinen Groschen
- Und wer spricht für euch?
- Über wirkungsvollen Pazifismus (alle aus: Unser Militär ! Büchergilde Gutenberg 1982)
- Berlin! Berlin!
- Deutschland erwache! (1930)
- Olle Germanen (1925)
- Der Mensch
- Drei Minuten Gehör
- Ich möchte Student sein
Oskar Maria Graf
- Das Leben meiner Mutter
- Verbrennt mich"
Mascha Kaleko
- Gedichte: Kinder reicher Leute (1933), Emigrantenmonolog (o.J.) aus: Der Große Conrady- Das Buch deutscher Gedichte, S.644f.
Theodor Plievier
- Der Kaiser ging, die Generäle blieben. (Bibliothek
der verbrannten Bücher) Fischer Taschenbuch 5171, 1981. Auszüge aus den Seiten 204-238
Thomas Mann
- Der Zauberberg