Tägliche Neuinfektionen: z.B. Ende Oktober (21.10.20)
- China: 22 (in Worten: Zweiundzwanzig);
- Deutschland: 9.911;
- USA: 62.735;
- Indien: 60.169.
Zu beachten sind die unterschiedlichen Bevölkerungszahlen: China 1.390 Mio., Indien: 1.350 Mio., USA 323 Mio., Deutschland 83 Mio.
Bisher hat China 4.700 Corona-Tote zu beklagen. Im bevölkerungsmäßig gleich großen Indien sind es 116.600, in Deutschland 9.911, in den USA 222.210 (alle Corona-Zahlen Johns-Hopkins-University).
Würden US-amerikanische Verhältnisse auf China übertragen, dann wären es in der Voksrepublik mit einer 4,3-mal so großer Bevölkerung fast eine Million Corona-Tote (955.000).
Als China im Januar/Februar von der ersten Epidemie-Welle überrollt wurde, registrierten das die bürgerlichen Zeitungen mit Häme: «Chinas autoritäre Regierung kämpft nicht nur gegen das Virus. Das ganze System steht in Frage» (FAZ, 1.2.20).
Die Systemfrage wäre ob des gesundheitspolitischen Chaos heute für den Westen zu stellen. Und Siemens-Chef Joe Kaeser, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft formuliert sie auch. Bei einer Konferenz des Ausschusses, exakt an dem Tag, an dem China die ökonomischen Erfolgszahlen für das dritte Quartal meldete, meinte er, «dass das chinesische System, was die Krisenbekämpfung angeht, westlichen Systemen überlegen war» (Reuters, 20.10.20).
Und die FAZ (19.8.20) muss zugestehen: «Die (chinesische) Regierung hat von Anfang an auf eine Ausrottung des Virus gesetzt und nicht nur auf eine Abflachung der Infektionskurve wie zum Beispiel Deutschland. Dafür hat das Land drastische Maßnahmen ergriffen, die sich jetzt auszahlen. Noch immer greift China hart durch, sobald im Land nur wenige Fälle auftauchen».
Das Erfolgsrezept sind die drei t: test, treat, track – testen, behandeln, nachverfolgen.
Als z.B. Anfang Oktober (12.10.) in der 9-Millionen-Hafenstadt Quingdao 12 neue Fälle auftraten, wurden binnen zwei Tagen 7,5 Millionen Einwohner getestet – der Rest bis Ende der Woche; die zwölf Infektionen wurden konsequent nachverfolgt und eine weitere Ausbreitung gestoppt.
Während China die Epidemie eindämmen konnte, versinkt der Westen in einem Seuchen-Desaster und Maßnahmen-Dschungel.
Der Kanadier Bruce Aylward, hochrangiger WHO-Berater und Co-Leiter der WHO-Expertenkommission, die während des Covid-19-Ausbruchs in der chinesischen Provinz Hubai nach Wuhan reiste (vgl. F. Schmid, De-Maskierung Spahns – China: Masken für alle» (isw-Sonder-Newsletter, 12.4.20), führt Chinas erfolgreiche Pandemiebekämpfung auf drei Faktoren zurück:
Erstens, China habe sich tatkräftig für seine Infrastrukturanlagen der öffentlichen Gesundheit eingesetzt. In der Volksrepublik sei ein System der öffentlichen Gesundheit auf der Staatsebene, in Provinzen und Städten sowie in Wohnvierteln errichtet worden. Mit der Abdeckung von allen Ebenen gebe es eine freie Informations- bzw. Erfahrungsteilung, was bei der Pandemiebekämpfung eine wichtige Rolle gespielt habe.
Zweitens, die chinesische Bevölkerung habe ein starkes individuelles Verantwortungsbewusstsein.
Drittens, chinesische Regierungsvertreter aller Ebenen legten großen Wert auf die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie (Beijing Rundschau, 8.9.20).
Faktor 3 wird von der chinesischen Bevölkerung auch honoriert: Blackbox Research, die führende Sozialforschungsagentur Singapurs und das Technologie-Unternehmen Toluna (USA) ermittelten in einer gemeinsamen Umfrage die Stimmung der Bürger aus 23 Ländern in Bezug auf die Krisenreaktion ihrer Regierung. Festland-China belegte dabei mit 85 Punkten den ersten Platz, gefolgt von Vietnam mit 77 Punkten. (Vietnam hat bei einer Bevölkerung von 96 Millionen bisher insgesamt nur 1.149 Infizierte und 35 Corona-Tote.).
Die westlichen Länder befinden sich in der Umfrage allesamt unter dem Durchschnitt von 45 Punkten. Die Zustimmung dürfte z.B. in Deutschland mit dem Maßnahmen-Wirrwar und der Kakofonie der Ministerpräsidenten noch weiter zurückgegangen sein.
Fazit:
China hat das Virus noch nicht besiegt, hat es aber im Griff; das öffentliche und private Leben normalisiert sich. Im Westen gerät die Corona-Pandemie zunehmend außer Kontrolle, mit verheerenden Folgen für die Ökonomie, für soziale und demokratische Rechte.
Ausstieg aus der Wirtschafts-Krise
Das wichtigste Ergebnis der erfolgreichen Corona-Bekämpfung in China ist, dass die Menschen ohne Angst vor dem Virus leben und handeln können, dass sie keine Ansteckung in den Betrieben und der Arbeit befürchten müssen.
Das ist eine wesentliche Ursache, dass der Neustart der Wirtschaft in China nach Lockdown und Shutdown besser gelungen ist, als in den kapitalistischen Metropolenländern. Zudem musste die Ökonomie des Landes nur einen Corona-Einbruch verkraften und ist nicht zusätzlich in ein Konjunktur-Loch gestürzt. Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft vor dem Lockdown betrug 6,1 Prozent; in der EU dagegen war Ende 2019 bereits Stagnation angesagt.
Dennoch schlug der Lockdown/Shutdown in China zu Beginn des Jahres beim BIP-Wachstum heftig ins Kontor:
1. Quartal: -6,8%
Ab dann ging es kontinuierlich wieder aufwärts:
2. Quartal: +3,2%
3. Quartal: +4,9%
(jeweils gegenüber gleichen Vorjahreszeitraum)
4. Quartal: > 6% (IWF-Schätzung)
BIP im Dreiviertel-Jahr 2020: + 0,7% (gegenüber Vorjahr)
Beiträge zum Wachstum: Investitionen +3,1 Prozentpunkte; Exporte +0,1 Prozentpunkte; der Konsum drückte das BIP-Wachstum in diesem Zeitraum um 2,5 Prozentpunkte.
In der ersten Jahreshälfte war das BIP noch um -1,6% niedriger im Vergleich zum Vorjahr; im Verlauf des dritten Quartals wurde der Einbruch vom Jahresbeginn wettgemacht.
Für das Gesamtjahr 2020 prognostiziert der IWF einen BIP-Zuwachs von 1,9%, fast doppelt so hoch wie bei seiner Juniprognose (1%).
China ist damit die einzige G-20-Ökonomie, die in diesem Jahr unter Pandemie-Bedingungen wächst. Allerdings muss zum Erreichen des 1,9%-Ziels das Wachstum im vierten Quartal um 6,3% zulegen, die Wirtschaft zum Vor-Corona-Wachstumspfad zurückkehren. Die Hoffnung liegt auf einer weiteren Zunahme des Konsums.
Für 2021 rechnet der IWF mit einem Wachstum der chinesischen Wirtschaftsleistung von 8,2%.
Die konjunkturelle Entwicklung in China zeigt für dieses Jahr einen V-förmigen Verlauf: Einem starken Absturz folgte ein steiler Aufschwung.
«Chinas Wachstum ist ein positiver Impuls für die Weltwirtschaft»
Kristalina Georgieva, geschäftsführende Direktorin des IWF (gt, 16.10.20)
Für die Weltwirtschaft insgesamt modifizierte der IWF seine Prognose für das Jahr 2020: von -5,2% (Juni) auf jetzt -4,4%.
«Im Vergleich zu unserer Prognose im Juni, gehen wir von einer weniger einschneidenden, aber dennoch massiven Rezession im Jahr 2020 aus». Es ist der bislang stärkste Absturz der Weltwirtschaft seit der Weltwirtschaftskrise 1929/32 und trifft vor allem die kapitalistischen Industrieländer – trotz gigantischer staatlicher Konjunkturpakete in Billionenhöhe.
- USA -4,3%
- Japan -5,3%
- Eurozone -8,3% (darunter: Deutschland -6,0%; Frankreich -9,8%; Italien -10,6%, Spanien – 12,8%)
- UK -9,8%
- Indien: -10,3%
Deutschland: In ihrem Herbstgutachten prognostizieren die «führenden Wirtschaftsforschungsinstitute» einen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung für 2020 gegenüber 2019 um -5,4% (also 0,6-Prozentpunkte weniger als in der IWF-Prognose). Das wäre zwar etwas besser als im Finanzkrisenjahr 2009, als das Minus -5,7% betrug. Aber die Institute befürchten, dass sich die Krise fest frisst. Die vorgesagten -5,4% der Institute bedeuten eine wesentliche Verschlechterung gegenüber ihrer April-Prognose: -4,2%. Das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung dürfte laut Herbstgutachten erst Ende 2021 erreicht werden. Bei der Erwerbstätigkeit erwarten die Ökonomen erst Mitte 2022 das Vorkrisenniveau. Trotz Kurzarbeit seien bis zum Sommer 820.000 Stellen verlorengegangen; weitere zig-Tausende werden von den Konzernen gerade gestrichen.
Exkurs: IWF: Corona kostet 28 Billionen DollarAuch der IWF geht davon aus, dass die Pandemie- und Krisenfolgen zu zwei bis drei verlorenen Jahren bei den meisten Ländern führen. «Nach Berechnungen des Fonds gehen der Weltwirtschaft durch die Pandemiekrise von 2020 bis 2025 zusammengenommen 28 Billionen Dollar an Wertschöpfung verloren» (FAZ, 14.10.20). Das ist ziemlich genau sieben mal die Jahreswirtschaftsleistung (BIP) von Deutschland. Der Fonds macht auf die Gefahr hoher Staatsverschuldung aufmerksam, die nach seinen Berechnungen mittlerweile die Schwelle von 100 Prozent der Weltwirtschaftsleistung erreicht. Auf mittlere Sicht müssten die Länder ihre Steuersysteme progressiver machen und dafür sorgen, dass große Unternehmen ihren angemessenen Teil zum Steueraufkommen beitrügen, so der IWF. In Deutschland will die Regierung die Unternehmen dagegen steuerlich entlasten. »Arme werden ärmer» warnt Gita Gopinath, die Chefökonomin des IWF. Allein dieses Jahr rutschen 90 Millionen Menschen zusätzlich in extreme Armut. |
China-Außenhandel: Rasanter Anstieg
Auch der Status Chinas als weltweit wichtigste Handelsnation hat sich zum dritten Quartal hin gefestigt. Der Außenhandel stieg im dritten Quartal um +7,5%. Exporte +10,2%; Importe +4,3%.
Und das bei einem Welthandel, der im dritten Quartal um fünf Prozent niedriger war, als im gleichen Vorjahreszeitraum.
Interessant sind die Zahlen für September 2020, da sie mit dem sprunghaften Anstieg der Importe eine Erholung der Konsum- und Binnennachfrage in China signalisieren: Exporte +9,9; Importe +13,2%.
Auch durch verstärkte staatliche Investitionen in Zukunftstechnologien ist die chinesische Nachfrage nach High-Tech-Gütern im Ausland gestiegen.
In den ersten drei Quartalen 2020 stiegen die Ein- und Ausfuhren von Handelsgütern um 0,7%.
Fazit:
China ist derzeit die einzige Stütze der Weltwirtschaft.
Wichtigster Handelspartner Chinas ist inzwischen die ASEAN-Gemeinschaft, vor der EU-27 und den USA. Trotz Handelskriegs seitens der USA (Strafzölle, Sanktionen, Decouplingsversuche) gehen nach wie vor die meisten chinesischen Exporte in die USA: 310 Mrd. Dollar (nach EU-27: 280 Mrd. Dollar).
Im Dreiviertel-Jahr nahm der Handel mir ASEAN um 7,2%, mit Europa um 2,9% und mit den USA um 2,0% zu.
Konsum: Einzelhandel noch im Minus
Die Einzelhandelsumsätze stiegen im dritten Quartal um 0,9%. In den Monaten August und September erstmals im Plus: 0,5% und 3,3%. Im gesamten dreiviertel Jahr sind sie jedoch noch stark im Minus: -7,2%. Dabei sind die verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen im gleichen Zeitraum leicht positiv: +0,6%. Die Verbraucher sind angesichts der Pandemie noch vorsichtig mit dem Geldausgeben, sie sparen mehr. Außerdem ist die Arbeitslosigkeit gestiegen.
Für das vierte Quartal wird allerdings mit einem großen Konsumschub gerechnet, u.a. wegen des Singles-Shoping-Day am 11.11.
Der Verbraucherpreisindex betrug im September 1,7%, 0,7-Prozentpunkte weniger als im Vormonat.
Industrie:
Die Wertschöpfung der Industrie nahm nach dem scharfen Rückgang durch den Shut Down im Januar/Februar (-13,5%) kontinuierlich zu und erreichte im September einen Zuwachs von 6,9%.
Q1 – Q3: + 1,2%.
Arbeitsplätze: Neun Millionen neue Jobs.
China hat in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres 8,98 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen und damit das ganzjährige Ziel, neun Millionen städtische Arbeitsplätze im Gesamtjahr zu schaffen, vorfristig erreicht.
Die städtische Arbeitslosenquote sank von 5,6% im August auf 5,4% im September. Im Februar betrug sie 6,2%.
Durch die Eindämmung des Virus konnten die Freizeit-, Hotel-, Gastronomie- und tourismusbezogenen Dienstleistungsbranchen ihre Tätigkeit wieder aufnehmen.
Etwa 179 Millionen Wanderarbeiter hatten Ende des dritten Quartals einen Arbeitsplatz außerhalb ihrer Heimat – zwei Millionen mehr als Ende des zweiten Quartals. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl aber immer noch um 2,1 Prozent – knapp vier Millionen – zurückgegangen stellt das NBS (National Bureau of Statistics) fest.
Unter erheblichen «Beschäftigungsdruck» stehen nach NBS auch die diesjährigen 8,74 Millionen Hochschulabgänger.
Chinas Klimaversprechen: vor 2060 klimaneutral
Bei der virtuellen Generaldebatte der Vereinten Nationen am 22. September verkündete Chinas Staatschef Xi Jinping, dass China «vor 2060» klimaneutral werde, also unter dem Strich keine zusätzlichen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre blase. Zudem will China den Höhepunkt des Ausstoßes von CO2 nicht mehr wie bisher «um 2030 herum», sondern früher erreichen.
Es ist das erste Mal, dass China ein Ziel für Klimaneutralität formuliert. «Der Zeitplan ist sehr ehrgeizig», schreibt die FAZ (9.10.20). «China will in dreißig Jahren schaffen, wofür andere die doppelte Zeit einplanen. In der EU lagen die Emissionen 1990 auf dem Höhepunkt, 2050 will sie klimaneutral sein».
Das Versprechen wird westlicherseits häufig infrage gestellt mit dem Argument, dass in China der Anteil von Kohlestrom bei etwa 60% liege und weitere Kohlekraftwerke im Bau und in der Planung seien. Andererseits investiert China massiv in den Ausbau der erneuerbaren Energien. Auf China entfiel im Jahr 2019 mit 30 Prozent der größte Anteil der weltweiten Investitionen in erneuerbare Energiekapazitäten. China hat zudem weltweit die größten Stromerzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Energien. Zum Jahresende 2019 waren in der Volksrepublik 789 Gigawatt installiert – USA 282, Indien 137, Deutschland 124 GW (HB, 24.9.20).
Auch in Corona-Zeiten baut China die regenerativen Energien weiter stark aus. Anfang Oktober feierte es den Netzanschluss seines größten Photovoltaik-Kraftwerks des Landes. Mit einer Leistung von 2,2 Gigawatt ist es das zweitgrößte der Welt. Ergänzt wird der Solarpark durch einen 200 Megawattstunden Energiespeicher. Sensationell die Bauzeit: Vom Baustart bis zum Netzanschluss vergingen gerade einmal elf Monate. Die Kosten sind vergleichsweise niedrig: umgerechnet 1,9 Milliarden Euro. (energiezukunft, 7.10.20).
Im ersten Halbjahr 2020 baute China 11,5 Gigawatt Photovoltaik zu. Das entspricht in etwa der Leistung von 8 mittleren Atomkraftwerken (pv-magazin, 8.9.20).
Quelle: kommunisten.de