Erinnerung an einen Strassenjungen

Unser Genosse Rolf Heimann ist am 17.5.2015 plötzlich entschlafen. Er wurde 86 Jahre alt.
Am 1.1.1929 in Köln-Deutz geboren, wuchs er in einem Hinterhaus mit zwei Fenstern,einer Waschgelegenheit und dem Klo im Hinterhof auf.
Er nannte das rückblickend in seiner Autobiografie von 2010: Menschen und Mäuse auf engstem Raum, arme Leute und wohlgenährte Nageruntermieter. Wahrscheinlich einer der Gründe, warum Rolf Katzen so sehr liebte und immer eine hielt.
Die Enge dieses Quartiers liess ihn zum Strassenjungen werden, wild und immer mit seinem jüngeren Bruder Günter "op jöck".


Bis zum Schluss war er kein Stubenkrieger, sondern gerne mitten im Geschehen. Seine weitere Biografie ähnelt der anderer Genossinnen und Genossen dieser Gründungsgeneration der DKP: Krisen, Arbeitslosigkeit, Faschismus, dann der Krieg, den er als Kind erleben musste.
Aufgrund dieser Erfahrungen und Kämpfe trat er nach der Befreiung mit 16 Jahren in die KPD ein. Und er lernte zu kämpfen: Für die Einheit der Arbeiterparteien und für ein einiges, demokratisches Deutschland. Zuhause regierten Not, Schwarzmarkt und Geldentwertung, dann, nach der Gründung der BRD, die alten Kapitalisten mit Konrad Adenauer. Der Kampf um den Frieden stand auf der Agenda.
1950 wurde er an der Arbeiter-und Bauernfakulät Leipzig angenommen und studierte mehr als ein Jahr in der Deutschen Demokratischen Republik. Dort lernte er auch seine Frau Edith kennen und heiratete sie im selben Jahr. 1953 fand sein Bruder Günter, kaum 22-jährig bei einem Giftgasunfall bei Bayer den Tod- Rolf hat dadrüber ausführlich in seinen Erinnerungen geschrieben.
Nach seinem Staatsexamen übersiedelte er mit Frau und Kind wieder nach Köln.Edith wurde erneut schwanger, bekam Contergan verschrieben und das Kind, ein Mädchen, verstarb bei der Geburt. Beruflich musste er umdisponieren, für sein DDR-Examen gabs keinen Blumentopf.
Politisch wurden die Zeiten kälter, 1956 kam das KPD-Verbot und auch Rolf bekam die Repressionen, vorallem im Job, zu spüren.
Er liess sich aber nicht einschüchtern und kassierte seine Genossen auch illegal ab. "Illegal ist nicht tot!", pflegte er dazu zu sagen.
1968 gehörte er dann zu den Gründüngsmitgliedern der DKP in Köln. Kommunist zu sein war wieder legal, aber der Antikommunismus mobbte und der Radikalenerlass verfolgte. Beharrlich blieb Rolf Kommunist und trug das auch stolz nach aussen. 1971 zog der mit Frau und zwei Söhnen nach Köln-Klettenberg, wo er bis zum Schluss lebte. Hier, in seiner Siedlung gelang es ihm, als Sprecher einer Mietergemeinschaft durch beispielhaften Kampf, das Vertrauen und die Achtung seiner Nachbarschaft zu gewinnen. Das Ansehen, das er dort genoss, konnte man bei jedem Besuch spüren. Der Zusammenbruch des sozialistischen Lagers und die Konterrevolution nach 1989 haben ihn tief getroffen, aber nicht kirre gemacht. Er betrauerte den Verlust so vieler Mitglieder sehr und hatte doch privat am meisten zu trauern. 2011 ging sein Sohn Günter mit 56 Jahren in den Freitod, dann starb seine Frau Edith nach langer,schwerer Krankheit.
Er klagte nicht. Noch am 1. Mai, mit der Angst vor einem plötzlichen Herztod, sagte er: "Is ja ok, dat mer abtreten muss,
aber ich bin noch viel zu neugierig."
Wir schulden ihm Dank und Anerkennung, als Kommunist, als Mensch:
Er war einer der Tapfersten!

Kreisvorstand DKP-Köln
Gruppe Köln-Innenstadt
Walter Stehling