Kalker Junge, Arbeitersportler, Kommunist!
Unser Genosse Reinhold Ages ist am Morgen des 5.3.2015 gestorben.
Im Spätsommer des Jahres 2014 erreichte uns, die Kölner DKP, die Nachricht, das Reinhold schwer erkrankt ist.
Unsere Hausbesuche nahmen zu, zusätzlich zu denen, die sowieso regelmäßig bei ihm ein- und aus gingen. Da er um seine Erkrankung wusste, wollte er sich ein „geordnetes Scheiden“ organisieren. Er bat uns, die vielen Bücher, aber auch die Fahnen, Anstecknadeln, Fotos usw. zu übernehmen. Einer herannahenden Wohnungsauflösung sollten sie nicht zum Opfer fallen.
Reinhold wurde am 11.Januar 1930 in Riehl geboren, 9 Jahre danach verlegten seine Eltern ihren Wohnsitz in das Innerste des Arbeiterstadtteils Kalk – in die „Kurze Strasse“ und hier, in diesem traditionsreichen Arbeitermillieu wuchs er heran.
Hier war das hundertjährige Schaffen der kleinen Leute angesiedelt, vom Kleingewerbe bis zur großen Industrie, vom unscheinbaren Gemüsehändler der die Kalker versorgt, bis zum kriegswichtigen Weltunternehmen „Klöckner-Humboldt-Deutz“.
Die Beschäftigten dieser und der vielen anderen angrenzenden Betriebe, wie die „Eisengießerei Peter Stühlen, „Stahlbau Liesegang“ und die Chemische Fabrik Kalk“ standen nicht nur an der Werkbank, sondern prägten auch während der Schichtwechsel das Straßenbild und damit in besonderer Weise das Umfeld der Ages` und aller anderen Arbeiterfamilien. Das war seine soziale Umgebung. seine „Universität“, wie Reinhold mir mit Stolz und Überzeugung vortrug:
„Dat wor su jet wie die Elsaßstroß in de Südstadt, die Nazzis hatten he nix zo sare“.
Ebenso bedeutungsvoll für seinen weiteren Lebensweg war die Entscheidung seiner Eltern - auch sein Vater war Kommunist - für ein wenig Licht in seiner grauen Umgebung der engen Strassen zu sorgen: sie meldeten ihn, der eher schmächtiger Statue war, bei „Borussia Kalk“ an – DEM Fußballverein der Umgebung.
Reinhold begnügte sich auf Dauer jedoch nicht nur mit Freizeitbeschäftigung. Seine Gedanken reichten weiter. Kindheit, Krieg und Befreiung vom Faschismus ließen ihn nachdenklich werden, es sollten gesellschaftliche Veränderungen her, die soziale Lage der Arbeiter - selbsr war er Metallarbeiter - müsste verbesserrt werden. Deswegen trat er 1946 der FDJ und der KPD bei. Die Partei war hier in Kalk mit 4 Grundorganisationen vertreten, schilderte er mir mit leuchtenden Augen.
Aufgrund dieser Betätigung wurde er unter dem damaligen Bundeskanzler Adenauer für 9 Monate inhaftiert. Doch damit bekam man ihn nicht klein, bei der Neukonstituierung der DKP in Kalk 1968 war er natürlich einer der Mitinitiatoren. Denn die Partei stand für ihn ganz oben. Das Parteiabzeichen immer am Jacketrevers zahlte er von seiner kleinen Rente monatlich 10 Euro Mitgliedsbeitrag und finanzierte so manch' Flugblatt.
Anläßlich der Veranstaltung zur Eröffnung des neuen Bezirksrathauses Kalk, so erzählte er mir mit einem verschmitzten lächeln, wurde er neben anderen Honoratioren, offiziell als Vorsitzender der DKP Kalk begrüßt.
Zu seinem Lebenstil gehörte es bodenständig zu bleiben. Neben der Mitgliedschaft bei den Naturfreunden – das traditionsreiche Haus dieser aus der Arbeiterbewegung rührenden Organisation befand sich sich in seiner Umgebung – war er Mitglied im Bürgerverein Kalk und betätigte sich im Sportförderverein. Für die nunmehr 75-jährige Mitgliedschaft bei „Borussia Kalk“ erhielt er im Jahre 2014 die Ehrenurkunde. Und darauf war er stolz, zu Recht!
Sein klares, weitreichendes Denken stand im Gegensatz zum zeitweise schwer verständlichen, kölschem Gemurmel: Er war mehr als kölscher Kraat und schlichter Arbeiterjunge!
Reinhold wird uns als kölscher Kommunist in bester Erinnerung bleiben.
Tschüss leeve Jung
Achim