Haushaltskürzungen der Stadt Köln und die Aktivitäten dagegen
Fiskalpakt und kommunale Finanzen
Am Freitag, 4. Januar 2013, veranstaltete der Deutsche Städte- und Gemeindebund eine Pressekonferenz in Berlin. Es sprachen der Präsident dieses kommunalen Spitzenverbandes, Oberbürgermeister Christian Schramm aus Bautzen, und der Hauptgeschäftsführer des DStGB, Dr. Gerd Landsberg, über die aktuelle Lage der Kommunen in Deutschland. (Es gibt drei kommunale Spitzenverbände auf Bundesebene: der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Sie sind in der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände zusammengefasst.)
BILANZ 2012 und AUSBLICK 2013 der deutschen Städte und Gemeinden, so heißt der Bericht, den die beiden Herren vorstellten. Die öffentlichen Haushalte seien mit über zwei Billionen Euro verschuldet. Täglich müssen bei einem historisch niedrigen Zinsniveau etwa 170 Millionen Euro allein an Zinsen aufgebracht werden. Meiner Rechnung nach sind das 62 Milliarden Euro im Jahr – bei einem Gesamtetat aller öffentlichen Haushalte von 1.164 Milliarden Euro (2011). Die Städte und Gemeinden hatten im Jahr 2012 einen Etat von 190 Milliarden Euro. Zum Vergleich: das deutsche BIP betrug 2011 2 570 Milliarden Euro. Der Bundeshaushalt hat ein Volumen von etwa 300 Milliarden, der Kölner Stadthaushalt von 3,78 Milliarden Euro.
Die kommunalen sozialen Leistungen sind im Jahr 2012 auf 45 Milliarden Euro gestiegen. Und seit 2005 haben sich die Kassenkredite verdoppelt. Kassenkredit? Das ist für die Städte und Gemeinden, was für den Privatmann der Dispo. Am 30. Juni 2012 war der Höchststand erreicht: 47,9 Milliarden Euro. Damit besteht schon ein Drittel der kommunalen Verschuldung aus Kassenkrediten. Schramm: »Der seit Jahren anhaltende rasante Anstieg der Kassenkredite ist ein deutliches Zeichen dafür, dass zwischen kommunalen Einnahmen auf der einen und Aufgaben bzw. Ausgaben auf der anderen Seite vielerorts eine enorme Lücke klafft. Die Kassenkredite reflektieren die aufgelaufenen Defizite.« Fast die Hälfte der Kassenkredite, rund 22 Milliarden Euro, wurde im Jahr 2011 allein von den Kommunen in NRW in Anspruch genommen, das sind 1 237 Euro pro Einwohner. Für Köln gilt die vergleichsweise geringe Zahl von 330 Millionen Euro zum 31. Dezember 2012.
Just die Kassenkredite seien aber auch empfindlich für Veränderungen der Zinsentwicklung. Sollte sich das gegenwärtig günstige Niveau auch nur um einen Prozentpunkt erhöhen, müssten Städte und Gemeinden allein für Zinsen 480 Millionen Euro mehr ausgeben.
Zur Beruhigung ihrer Gläubigerbanken erklärt die Kölner Kämmerin, dass die Kapitalmarktschulden der Stadt Köln bei nahezu 2,7 Milliarden Euro konstant bleiben werden. So konstant wie der tägliche Schuldendienst von 715 000 Euro, wenn sich der Zinssatz nicht ändert.
Selbstverständlich kommen die beiden Herren vom DStGB nicht auf die Idee, bei Sparmaßnahmen an den Kosten für den Kapitaldienst anzusetzen. Das sind für sie unveränderbare und schicksalhafte Größen. Sakrosankt. Aber sie sind alarmiert, weil die Investitionen immer stärker sinken. Diese würden seit Jahren von den sozialen Leistungen verdrängt. Das stört nun offenbar das Geschäft, namentlich von solchen Konzernen, die im Bauwesen ihr Geld verdienen. Derzeit geben die Kommunen pro Jahr nur etwa 60 % dessen, was sie für soziale Leistungen aufwenden müssen, für Investitionen aus. Der Trend zu Lasten der Investitionen sei zwar aufgrund des Konjunkturpakets in den Jahren 2009 bis 2011 unterbrochen worden. Für 2012 müsse man aber davon ausgehen, dass die Sachinvestitionen um über 10 Prozent auf 19,7 % einbrechen würden. Sie berufen sich auf eine Schätzung des Deutschen Instituts für Urbanistik (wenn Ihr mich fragt: das ist im Zweifelsfall ein Lobbyinstitut der Baukonzerne) und sprechen von einem kommunalen Investitionsbedarf von 704 Milliarden Euro für die Jahre 2006 bis 2020 in den wichtigen kommunalen Infrastrukturbereichen.
Dass die Lobby der Baukonzerne indessen nicht ganz unrecht hat, lässt sich aktuell an den Meldungen über die Mülheimer Brücke ablesen. Der Kölnischen Rundschau war am Samstag zu entnehmen, dass die Stadt die Notbremse ziehe. Nach der Zoobrücke ist auch die Mülheimer Brücke seit gestern für Lkw über 30 Tonnen gesperrt. Grund: Nach der Sperrung der Leverkusener Brücke für Laster ab 3,5 Tonnen sind nach Zählungen der Stadt erschreckend viele Fahrer auf die Mülheimer Brücke ausgewichen. Allmählich gehen in Köln und Umgebung die Brücken aus, die über den Rhein führen und noch für LKWs befahrbar sind. Das ist sicherlich eine der unbedachten Folgen der langfristigen Umstellung des Lastverkehrs von der Schiene auf die Straße.
Vier der fünf städtischen Rheinbrücken in Köln müssen generalsaniert werden. Der Aufwand ist hoch und die Kosten alles andere als überschaubar. Insgesamt 150 Millionen Euro werden veranschlagt, Roters hat das in seiner Haushaltsrede am 18. Dezember bestätigt. Für die Sanierung der Tunnel und Haltestellen seien 60 Millionen Euro im Finanzplanungszeitraum bis 2017 in den Haushalt eingestellt.
Die DStGB-Funktionäre Schramm und Landsberg bedauern, dass dem von dem Urbanistik-Institut errechneten jährlichen Investitionsbedarf von 47 Milliarden nur 20 Milliarden Euro tatsächliche jährliche Ausgaben gegenüberstehen. Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) beziffere den Investitionsrückstand auf 100 Milliarden Euro. Davon fallen für die Straßen- und Verkehrsinfrastruktur 24,6 Milliarden Euro, auf Schulen und Kindergärten 26,9 Milliarden Euro. öffentliche Verwaltungsgebäude 9,2 Milliarden Diese Liste ist offenkundig der Wunschzettel der Bauindustrie.
Vor dem Hintergrund des Investitionsstaus sieht der Deutsche Städte- und Gemeindebund keinen Spielraum für Steuersenkungen. Die Herren legen Wert auf eine Reform der Grundsteuer, warnen davor, sie abzuschaffen. Damit würden 10 Milliarden Euro ausfallen.
Wegen der immensen und wachsenden Belastung durch Sozialausgaben propagieren sie eine Agenda 2020. Sie rechnen im Gegenzug zu ihrer Zustimmung zum Fiskalpakt (24. Juni) mit dem Ausgleich bei Eingliederungshilfen für Behinderte. Für diese Zwecke seien die Bruttoausgaben von 9,2 Milliarden Euro im Jahre 2000 auf 14,4 Milliarden Euro im Jahre 2011 gestiegen. Die ebenfalls im Zuge der Vereinbarungen zum Fiskalpakt versprochene Übernahme der Kosten für die Grundsicherung ab 2014 wird von ihnen begrüßt. Es gelte auch, die Eingliederungshilfe aus dem SGB XII herauszulösen. Überdies wird von ihnen eine Reform der Pflegeversicherung gefordert, deren Kosten kontinuierlich gestiegen seien (von 2,9 Milliarden im Jahre 2002 auf 3,6 Milliarden in 2011).
Der DStGB fordert für die Langzeitarbeitslosen die Bereitstellung von Eingliederungsmitteln. Die sind drastisch gesenkt worden (2010 waren es noch 6,6 Milliarden, 2012 4,4 Milliarden, 2013 sollen sie sich auf 3,9 Milliarden beschränken). Die Einschränkungen müssten rückgängig gemacht werden. Aber der DStGB fordert auch »eine offene Diskussion über einen sozialen Arbeitsmarkt für die Leistungsbezieher, die auch dauerhaft nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelbar sind.« Auf deutsch: Ausbau von öffentlich subventionierten Arbeitsplätzen. Der Städte- und Gemeindebund fordert zudem unter dem Stichwort »Entschlackung des Hartz-IV-Systems« die Ausweitung der Schikanen für die Betroffenen. Der Regelsatz dürfe nicht erhöht werden. »Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit hätte eine Erhöhung des Regelsatzes um 50 Euro eine Ausweitung des anspruchsberechtigten Personenkreises um 460.000 Haushalte oder eine Million Leistungsempfängern zur Folge. Allein die Kosten der Unterkunft und Heizung würden um rund 2 Milliarden Euro steigen. Darüber hinaus gibt es negative Auswirkungen auf das Lohnabstandsgebot.« An dieser Stelle fordert der DStGB etwas geheimnisvoll eine »sachliche Diskussion über die Einführung von Mindestlöhnen«.
Die Misere der Kommunen veranlasst den DStGB nicht zu einer kritischen Haltung an der neoliberalen Politik, die zu Lasten der Städte und Gemeinden geht. Im Gegenteil. Die Einnahmen und Ansprüche der Banken bleiben sakrosankt, die sozialen Kosten werden in Konkurrenz zu sogenannten Investitionen gesetzt. Auch der Deutsche Städtetag hat keine anderen Vorstellungen für die Finanzierung der Kommunen. Beschluss vom 14. November vergangenen Jahres unter der Überschrift »Zukunft der kommunalfinanzierung«: »Der Hauptausschuss des Deutschen Städtetages stellt fest, dass deutsche Kommunen solvente Schuldner mit höchster Bonität sind. Er geht davon aus, dass der Kommunalkredit auch in Zukunft als Hauptinstrument zur Finanzierung kommunaler Aufgaben zur Verfügung steht.«
Auch für OB Roters sind die Banken und ihre Ansprüche kein Thema, stattdessen spricht er über die Konkurrenz von sozialen Kosten und Investitionen. Er bedauert in seiner Haushaltsrede am 18. Dezember, dass die Kosten für soziale Aufwendungen dynamisch ansteigen. Demgegenüber gehen die Investitionen dramatisch zurück. Der Anteil der Investitionen habe vor drei Jahrzehnten noch bei etwa einem Drittel des Haushaltsvolumens gelegen, heute betrage er gerade einmal ein Zehntel.
Er kritisiert, dass der Stadt Köln von Bund und Land immer neue Lasten aufgebürdet würden, stattdessen schlägt er vor, dass der Bund die Kosten für folgende Maßnahmen übernimmt:
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Die Grundsicherung im Alter. Sie darf nicht durch das Auslaufen des Bildungs- und Teilhabepakets konterkariert werden. (der DStGB hatte in seiner Bilanz gewürdigt, dass die Maßnahmen allmählich angenommen werden.)
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Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung
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Die steigenden Energiekosten bei den Kosten zur Unterkunft
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Zusätzliche Lasten bei U 3-Betreuung und Inklusion
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Anteile an Modernisierung und Sanierung unserer Infrastruktur, insbesondere der Brücken, Wege und Tunnel
Zudem fordert OB Roters die Umwandlung des Solidaritätsbeitrags Ost (Kosten jährlich 70 Millionen Euro) in einen Infrastruktur-Soli für ganz Deutschland.
Immerhin brachte die Kämmerin Gabriele C. Klug ihr Postulat nach »grundlegender, radikaler Änderungen in der Haltung zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben« in den Zusammenhang mit der Krise.
»Krise – Eurokrise – Haushaltskrise – Konzentration auf das Wesentliche – manche reden von ›neuer Bescheidenheit‹« – so lautete der Anfang ihrer Rede. »Es ist Krise – da geht nichts mehr, meinen manche. Falsch. Es geht noch eine Menge. Aber es geht nicht mehr alles, nicht mehr alles sofort und es muss geteilt und eingeteilt werden.« Heißt es an anderer Stelle.
Das ist es aber auch schon.
Die Kämmerin Gabriele C. Kluge von den Grünen beschreibt die Krise nicht, sie nennt ihre Ursachen nicht, geschweige denn, dass sie unser Wirtschaftssystem ändern will.
Es ist aber offensichtlich:
Nicht nur Köln muss sparen. Alle anderen Städte und Gemeinden ebenfalls. Überhaupt alle öffentlichen Haushalte. Seit dem 1. August 2009 regeln die neuformulierten Artikel 109, 115 und 143 d des Grundgesetzes sogenannte Schuldenbremsen. »Bund und Länder erfüllen gemeinsam die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin« (Artikel 109); »Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Diesem Grundsatz ist entsprochen, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten.« (Artikel 115). Artikel 143 d bestimmt die Fristen.
Eigentlich gilt schon seit Maastricht 1992 die Schuldengrenze von 60 % des BIP für die öffentlichen Haushalte. Der seinerzeitige Stabilitäts- und Wachstumspakt ist aber offenkundig nicht eingehalten worden. Mittlerweile liegen die öffentlichen Schulden in den Europäischen Ländern durchschnittlich weit über 80 %. Das führte aber nicht zu einer Änderung der Politik, allenfalls wurden neue Vereinbarungen getroffen.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt beruht rechtlich auf Artikel 126 des AEU-Vertrags (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) und ist damit Teil des sogenannten Lissabonvertrags von 27 Ländern der EU, der im Dezember 2007 in Lissabon beschlossen, seit Januar 2009 in Kraft ist.
Der sogenannte Fiskalpakt ist am 2. März vergangenen Jahres vereinbart, als Gesetz am 29. Juni verabschiedet worden und schließlich mit der Unterschrift des Bundespräsidenten nach der zögerlichen Absegnung durch das Bundesverfassungsgericht im September in Kraft getreten. Er organisiert Schuldenbremsen bei allen öffentlichen Haushalten in Europa, ist in Wahrheit ein Kürzungsprogramm. Die Vertragsparteien des Fiskalpakt verpflichten sich zu einem ausgeglichenen Haushalt. Bei einem Schuldenstand von über 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts müssen Schulden, die diesen Wert übersteigen, pro Jahr um ein Zwanzigstel verringert werden. Es wird ein Korrekturmechanismus vorgesehen, der bei Säumnissen automatisch ausgelöst wird. Mitgliedstaaten, die sich in einem Defizitverfahren befinden, müssen ein verbindliches Haushalts- und Wirtschaftspartnerschaftsprogramm vorlegen, das die einzelnen Maßnahmen beschreibt, mit denen Defizit und Schuldenstand gesenkt werden sollen. Der Rat der EU und die Europäische Kommission genehmigen das Programm und überwachen seine Umsetzung. Und die Gewährleistung derartiger Kürzungsprogramme ist die Voraussetzung dafür, dass Gelder aus dem ESM fließen. Denn ESM-Mittel erhalten ausschließlich Länder, die den Fiskalvertrag bis März 2013 ratifiziert und die Schuldenbremse ein Jahr nach Inkrafttreten des Fiskalvertrags in ihr jeweiliges Rechtssystem verankert haben. Soweit wird klar, dass wir es mit einem Kürzungsprogramm zu tun haben, das alle öffentlichen Haushalte betrifft.
Der Deutsche Städtetag beschreibt diesen Zusammenhang wie folgt: »Der Fiskalpakt ist das zentrale Europäische Regelwerk zur Vermeidung zukünftiger Krisen. Er ergänzt somit den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der die aktuelle Krise bekämpfen soll. Der Fiskalpakt verlangt die Einhaltung eines strukturellen Defizits der öffentlichen Haushalte (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen) in Höhe von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Zudem fordert er einen Korrekturmechanismus (sog. ›Präventiver Arm‹), der sicherstellt, dass die maximalen Defizitquoten auch tatsächlich eingehalten werden. Durch die innerstaatliche Umsetzung des Paktes dürften sich bis zum Jahr 2020 keine grundlegenden Veränderungen für die Kommunen ergeben. Wie bisher ist keine länderindividuelle Zurechnung der kommunalen Defizite geplant. Den einzelnen Ländern wird also weiterhin nicht die Verpflichtung auferlegt, dafür Sorge zu tragen, dass die Summe ihres jeweiligen Defizits und der Defizite der Kommunen im jeweiligen Land zusammen einen bestimmten Schwellenwert unterschreitet. Defizitgrenzen gelten, wenn überhaupt, nur für das einzelne Land ohne Berücksichtigung der Kommunen. Wie schon bei der Diskussion um die Schuldenbremse deutlich wird, entsteht auf diesem Weg ein Anreiz für Länder, ihre Defizite auf die kommunale Ebene zu verlagern und damit den Konsolidierungszwang auf die Kommunen abzuwälzen.« (»Schlaglichter aus dem Gemeindefinanzbericht 2012 des Deutschen Städtetages«, Deutscher Städtetag, September 2012)
Aber woher kommen die Schulden?
Der Kapitalismus leidet gesetzmäßig unter einem unaufhebbaren Widerspruch. Einerseits minimieren die Unternehmer unter Konkurrenzdruck und bei Strafe ihres Untergangs die Lohnkosten. Andererseits reduzieren sie damit die Massennachfrage nach Gütern. Henry Ford hat den Zusammenhang erfasst, als er sagte: »Autos kaufen keine Autos.« Der Widerspruch von hohem Produktionspotential und niedriger kaufkräftiger Nachfrage wird im Konkurrenzkapitalismus des 19. Jahrhunderts noch mittels zyklischer Krisen aufgehoben. In den Krisen werden veraltete Produktionskapazitäten vernichtet, neue setzen sich durch. Auf einer neuen Stufe der Produktivität werden Arbeitsplätze geschaffen und es wird wieder konsumiert.
Mittlerweile klaffen aber Entwicklung der Masseneinkommen auf der einen Seite und das Wachstum der Produktivität weit auseinander. Vor allem wird die reinigende Funktion der Krise behindert, weil spontane Krisenwirkungen das ganze System in Frage zu stellen drohen. Banken werden vor der Pleite bewahrt, wenn sie mit dem Prädikat »systemrelevant« versehen sind. Für ihre faulen Kredite kommen die öffentlichen Haushalte auf. Die übernehmen die Schulden, geraten an Stelle der Banken in die Schuldenfallen.
»Wodurch überwindet die Bourgeoisie die Krisen? Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.« (Kommunistisches Manifest)
Die EU ist zu einem Inkassobüro für Banken und Reiche verkommen. Die EU-Staaten sind heute mit 11,5 Billionen Euro verschuldet. Pro Jahr müssen 2 Billionen Euro neu an Schulden aufgenommen werden, um die alten Schulden zu bedienen. Das entspricht vier Fünftel des deutschen Sozialprodukts. Darauf zielt die jetzige Austeritäts-Politik der allgemeinen Kürzung für die Bevölkerung ab. Oberstes Ziel ist das Wegkürzen von sozialen Leistungen und Masseneinkommen, um die Gläubiger zu befriedigen. Eine riesige Umverteilung von Arm zu Reich. Damit haben wir es also auch in Köln zu tun.
Die Reichen haben seit 2000 ihren Reichtum um 50 % erhöhen können, während die Masseneinkommen stagnierten, real sogar absanken. Das private Geldvermögen übertrifft die Staatsverschuldung in Deutschland um das zweieinhalbfache. Aber seit 1997 ruht in Deutschland die Vermögensteuer. Die Körperschaftssteuer wurde von 45 % auf 15 % gesenkt. Immer noch wird von der Finanztransaktionssteuer nur geredet. Hier muss man ansetzen, nicht an den Sektoren Bildung, Gesundheit und Soziales. Das aber ist Programm des Kölner Rathauses.
Drohend malt die Kämmerin Verschuldungsklüfte an die Wand. Wenn sich nichts ändere, werde die Finanzierungslücke größer und infolgedessen die Verschuldung bis 2030 von jetzt 6,5 % des BIP auf über 25 % steigen. Folglich soll der Fehlbetrag jährlich bis 2017 reduziert werden. Damit würden zwar die Rücklagen von gegenwärtig 5,56 Milliarden Euro auf dann 4,57 Milliarden Euro gemindert, aber der Sparkommissar vermieden. 2013 soll das Defizit 317 Millionen Euro betragen bei einem Gesamtvolumen des Haushalts von 3,78 Milliarden Euro. 2014 ist ein Defizit von 233 Millionen vorgesehen. Mit scheinbarer Zwangsläufigkeit folgen Kürzungsvorschläge, die es in sich haben.
Bei einigen dieser Maßnahmen ist der Klassencharakter kaum zu verhehlen. Die Kämmerin will 160 000 Euro bei der Einschulungshilfe einsparen. Diese Einschulungshilfe wurde erstmalig 2009 gewährt, zufällig im Jahr vor der Kommunalwahl. Kinder von Köln-Pass-Inhaberinnen und -Inhabern konnten bei der Einschulung einen einmaligen Zuschuss von bis zu 160 Euro für die Anschaffung von Schulmaterialien bekommen. Diese Summe kommt den tatsächlichen Kosten für eine Erstausstattung nahe.
Diese Einschulungshilfe ist schon im nächsten Jahr gekürzt worden. Auf 100 Euro. Jetzt soll sie ganz verschwinden. Was bedeutet das für die Kinder und deren Eltern? Sollen sie ihre Schulmaterialien wieder verkaufen? Oder die Kosten abhungern?
Oder erwägen SPD und Grüne als Knüller im Kommunalwahlkampf im nächsten Jahr, den i-Dötzen großzügig Schulranzen zu spendieren?
Die Köln-Pass-Kinder sollen aber auch mittags hungern. Die Stadt will das Mittagessen nicht mehr bezahlen, sie geht davon aus, dass sie ihren Anspruch aus dem Bildungs- und Teilhabepaket von Frau von der Leyen geltend machen. Die Anträge dazu sind wegen ihrer Kompliziertheit berüchtigt. Diese Hürde zu nehmen, sind die Familien dieser Kinder in der Regel nicht in der Lage. Einsparvolumen: 700.000 Euro pro Jahr.
Der Verzicht auf die Maßnahme »Mittagspause Plus«, also auf die Übermittagsbetreuung durch Fachkräfte sowie die Reduzierung des Standards bei der Übermittagsbetreuung Sekundarstufe I soll eine Million Euro in 2013 erbringen, ab 2014 etwa 1,3 Millionen Euro. Die Begründung: es wird unterstellt, dass die steigende Versorgungsquote im gebundenen Ganztagsbereich den Bedarf mindert.
Seit Juni 2012 zahlt die Stadt einen Anteil der Kosten des Offenen Ganztags. Er beträgt etwa 16 Millionen Euro. Diese Kosten sollen um 5 % gekürzt werden, die Maßnahmen werden entsprechend ausgedünnt. Einsparvolumen: 400.000 Euro in 2013 und etwa 800.000 Euro pro Jahr ab 2014.
Unter der Rubrik Hilfe zur Erziehung verzichtet die Stadt künftig auf Heimunterbringung und beansprucht verstärkt Pflegefamilien. Einsparvolumen: 658.000 Euro in 2013, 1,3 Millionen Euro in 2014.
Davon unabhängig sollen in der Kinder- und Jugendarbeit weitere 100.000 Euro in 2013 und bis zu 160.000 Euro in den Folgejahren eingespart werden.
Der Stadtverband der Lehrergewerkschaft GEW lehnt die vorgesehenen Kürzungen im städtischen Haushalt entschieden ab. Die GEW stellt fest: »Allein 40 % der geplanten Einsparungen sollen durch das Dezernat ›Bildung und Jugend‹ aufgebracht werden. Die Einsparungen von 14,3 Millionen Euro für den Doppelhaushalt 2013/14 sollen sich bis 2016 auf 35,65 Millionen Euro verfünffachen. Das bedeutet, dass die geplanten Einsparungen von 2013 u.a. in der Kinder- und Jugendarbeit, Seniorenarbeit, Reduzierung der Ausgaben für die offene Ganztagsschule und die Übermittagsbetreuung in der Sekundarstufe 1 erst der Anfang sein werden für ein erheblich gesteigertes Einsparpaket bis 2016.«
Auch die Stadtschulpflegschaft hat sich gemeldet: Der Himmel über Köln, insbesondere über der Schullandschaft unserer Stadt, werde sich ab dem Haushaltsjahr 2013 empfindlich verdunkeln, wenn die beabsichtigten radikalen Sparmaßnahmen im Bereich Bildung und Soziales tatsächlich durchgesetzt und –geführt werden sollten. Die Pflegschaft protestiert insbesondere gegen den Wegfall der Einschulungsbeihilfe für Kinder aus einkommensschwachen Familien, gegen den Verzicht auf die »Mittagspause Plus«, gegen die Reduzierung des OGS-Anteils der Stadt und der Standards bei der Übermittagsbetreuung
Die Sparmaßnahmen richten sich aber nicht nur gegen die armen Kinder. Ihre Eltern werden ebenfalls nicht geschont. Die Stadt will bei den Kosten der Unterkunft für SGB II-Leistungsempfänger zwei Millionen Euro sparen. Das ergebe sich aus veränderten Rahmenbedingungen. Die Konjunkturerwartung habe sich verbessert, infolgedessen sei eine schnelle Vermittlung in den Arbeitsmarkt zu erwarten.
Die Bürgerhäuser und Bürgerzentren sollen 1,1 Millionen Euro einsparen. Jährlich. Die Stadt sagt: »Folge könnte sein, dass die Vielfalt der Angebote in den Bürgerhäusern eingeschränkt werden muss und man sich dort auf bestimmte Zielgruppen konzentriert.«
Auf das Geld sind die Bürgerhäuser und Bürgerzentren aber angewiesen, allein schon, um Geld aus anderen Quellen beantragen zu können – von Stiftungen, aus Landesmitteln und von privaten Spendern. Ohne die städtische Basisfinanzierung fehlen diese Gelder. Das ist verheerend! Drei Einrichtungen erscheinen besonders gefährdet: Das Quäker-Nachbarschaftsheim, das Bürgerschaftshaus Bocklemünd und das stadteigene Stollwerck-Bürgerzentrum. Hier könnten insgesamt 1,44 Millionen Euro eingespart werden. Das Bürgerzentrum Stollwerck ist der Stadt besonders teuer – liegt es doch ganz nah am Schickimicki-Rheinauhafen. Zu vermuten ist, dass hier die Begehrlichkeit von Investoren eine Rolle spielt, die angesichts der gegenwärtigen Krise verzweifelt nach rentierlichen Anlage- und Parkmöglichkeiten für ihr Kapital suchen.
Der Beschluss des Stadtrats über das »Rahmenkonzept der Kölner Bürgerhäuser und Bürgerzentren« ist noch keine fünf Jahre alt. Am 24. April 2008 war es mit großer Mehrheit beschlossen worden, nämlich mit den Stimmen von CDU, FDP, SPD und Grünen, denselben Fraktionen, die heute das Effizienzteam für Kürzungen bilden. Das Rahmenkonzept formulierte:
»Die Schere der Einkommensverteilung klafft immer weiter auseinander, so dass niedrigschwellige Angebote für Freizeit und Kultur eine immer größere Bedeutung gerade für die Menschen erhalten, die mit wenig Einkommen auskommen müssen. Der Kulturarbeit der Bürgerhäuser und Bürgerzentren ist damit eine wichtige kultur- und stadtpolitische Aufgabe zugefallen, denn sie schafft Zugangsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsteile und fördert Integration.«
»Bürgerhäuser und Bürgerzentren sind für die Stadt Köln kommunal geförderte Institutionen des vorsorgenden Sozialstaats. Gute und vorsorgende Sozialpolitik wird vor allem in der Kommune und ihren Stadtvierteln mit Leben erfüllt.«
Offenbar erscheint mittlerweile »gute und vorsorgende Sozialpolitik« überflüssig. Warum? Weil es den Leuten besser geht? Oder weil vermutet wird, dass sie nicht imstande sind, ihre Ansprüche einzufordern? Hannelore Kraft, die Ministerpräsidentin von NRW, hatte in ihrer Regierungserklärung vom 12. September häufig vom inneren Zusammenhalt der Gesellschaft gesprochen, vom sozialen Kitt – was aber bedeuten diese Floskeln? Früher sprach die Sozialdemokratie vom sozialen Frieden, den es zu wahren gelte. Vordringlich war dabei die Sorge, die Arbeiterklasse könne ihre Ketten spüren und beginnen, sich zu wehren. Ganz offenkundig wird ihr das gegenüber diesem städtischen Sparhaushalt nicht mehr zugetraut.
- Weitere Kürzungen gibt es bei der Förderung von freien Trägern der Wohlfahrtspflege: Einsparvolumen: 1,2 Millionen Euro.
- Die psychosoziale Beratung von Erwerbslosen soll um 1,3 Millionen Euro gekürzt werden.
- Reduzierung bei der Interkulturellen Arbeit: Einsparvolumen: 855.000 Euro. Reduzierung der Förderung der Seniorenarbeit. Einsparvolumen: 490.000 Euro.
- Reduzierung der Reinigungsstandards und des Winterdienstes: 1,5 Millionen Euro.
Gestritten wird noch um 7 Millionen Euro, die es jährlich kosten würde, die Nord-Süd-Stadtbahn zwischen Severinstraße und Rodenkirchen schon Ende 2015 fahren zu lassen. Die Grünen sind dafür, die SPD ist dagegen, sie will wegen der Kosten die Bahn frühestens ab 2019 in Gang setzen. Nachdem jetzt erst einmal eine Milliarde Euro für den Bau der Nord-Süd-Bahn samt Tieferlegung des Stadtarchivs in die Kassen der Baukonzerne geflossen sind, ist die Inbetriebnahme, wie es scheint, nicht mehr so dringlich.
Parkautomaten bringen der Stadt 15 Millionen Euro im Jahr. Sie werden gerade umgerüstet. Die Parkgebühren steigen um 50 Prozent. Eine Stunde Parken kostet 3 Euro statt 2 Euro. Allein an Knöllchen will die Stadt 3,5 Millionen mehr einnehmen. Ab 2015 soll das Anwohnerparken ausgebaut werden. Das bedeutet: zusätzliche Flächen werden mit Parkuhren bewirtschaftet, Anwohner zahlen eine Pauschale. Jährliche Einnahmen: 370 000 Euro.
Von der Streichung des Kölntages in den Museen (erster Donnerstag im Monat freier Eintritt für Kölnerinnen und Kölner) und Rücknahme des generellen freien Eintritts für Personen unter 18 Jahren erhofft sich die Stadt jährliche Mehreinnahmen von 364 000 Euro.
Und so weiter… Insgesamt sollen 102 Millionen eingespart werden.
Das alles, wenn man der Kämmerin glauben darf, um die kommunale Handlungsautonomie zu verteidigen. Sie behauptet sogar, es ginge darum, Kommunalautonomie mit Leben zu erfüllen.
Merkwürdig mutet es angesichts der Sparvorschläge an, wenn im Bereich der städtischen Infrastruktur das Hauptaugenmerk weiterhin auf der Unterhaltung der Straßen, Wege und Plätze liegt. 2013 werden dafür 176 Millionen Euro aufgewandt, 168 Millionen Euro im nächsten Jahr.
Allerdings sollen die Kosten für die reine Straßenunterhaltung reduziert werden, wahrscheinlich um die Reparaturbedürftigkeit zum Nachteil der einschlägig interessierten Unternehmer nicht ins Bodenlose sinken zu lassen. Einsparvolumen: 810.000 Euro pro Jahr.
Wer benutzt die Straßen? Es sind vor allem Autos, an deren Herstellung und Verkauf unter anderem Ford verdient. Die Firma hat sich aber im vergangenen Jahr 116 Millionen Gewerbesteuer von der Stadt zurückzahlen lassen, sogar zusätzlich mit Zinsen, die allein 20 Millionen Euro betragen. Überhaupt sind die Einnahmen aus der Gewerbesteuer weggebrochen. Es waren 171 Millionen Euro weniger als erwartet.
Die Kämmerin behauptet ungerührt, es ginge ihr darum, die Bürgergesellschaft zu stärken, den Rahmen für bürgerschaftliches Engagement, für Dialog und Diskurs weiter zu entwickeln.
Pustekuchen! Beim Bürgerhaushalt dürfen wir Vorschläge für Kürzungen machen. Das ist der angebliche Dialog!
Denn auch bei der Kämmerin heißt es. TINA (There Is No Alternative) – wörtlich sagt sie: »Zu dem eingeschlagenen Weg aber gibt es keine Alternative.« Schon im September konnte man in der Rundschau lesen, dass SPD, CDU, Grüne und FDP gemeinsam die Verantwortung für die notwendigen Sparmaßnahmen im städtischen Haushalt tragen und zwecks Beratung von fälligen Kürzungen ein »Effizienzteam« dieser vier Fraktionen bilden wollen. Es fällt auf, dass hier dieselbe Parteienkoalition wirken soll, die am 29. Juni im Bundestag mittels Fiskalpakt die Europaweite Schuldenbremse und mittels Europäischem Stabilitätsmechanismus (ESM) Rettungsschirme für Banken beschlossen hat.
Die Rundschau kommentierte: »Im Klartext heißt das: Ohne unpopuläre Entscheidungen und schmerzhafte Einschnitte geht es nicht. Und die setzt man mit breiter politischer Mehrheit sicher leichter durch.« Wer ist denn hier die breite politische Mehrheit? Diese Bande von Umverteilern im Stadtrat oder die Mehrheit der Kölner, denen die Daseinsvorsorge ruiniert wird?
Nun, es rührt sich Widerstand. Schon im November hatten sich die Wohlfahrtsverbände gemeldet. Dann waren es die bedrohten Bürgerhäuser und Bürgerzentren. Am 18. Dezember fanden sich vor dem Rathaus anlässlich der Etatberatung etwa 1000 Demonstranten ein und stellten ihre bescheidenen Forderungen. Für den 28. Januar planen Occupy und Attac eine Veranstaltung in der Alten Feuerwache mit Werner Rügemer und einem Vertreter der PDL-Stadtratsfraktion. Sie mobilisieren schon mal gegen die Kürzungspläne. Wahrscheinlich wird es am 16. März zu einer größeren Demonstration in Köln zu diesem Thema kommen. Strittig sind indes noch die Alternativen.
Am Samstag machten in der örtlichen Presse ein dubioser Hotelchef namens Werner Peters (»Gründer und Vorsitzender der Partei der Nichtwähler«) von sich reden sowie der Manager Karl-Heinz Pütz, der angibt, für die Künstler von »Arsch huh« zu sprechen. Ihnen ist der Bau des Jüdischen Museums ein Dorn im Auge, insbesondere die 50 Millionen Euro, die dieser Bau kosten soll. Schon am 9. November war zu bemerken, dass Pütz nicht nur für »Arsch huh« auftritt, sondern auch Chef von Random House Audio ist, eine Firma des Bertelsmann-Imperiums. Random House ist der Verlag, der 1,5 Millionen Exemplare des Sarrazin-Buches verkauft hat. Bisher reden die beiden Herren nur von Planungen. Sie planen »eine Internet-Kampagne gegen den 50 Millionen Euro teuren Bau der Archäologischen Zone und des Jüdischen Museums; in den nächsten Tagen wollen sie sich zu einer Art Gründungsversammlung treffen.« In der Rundschau konnte Jochen Ott von der SPD dazu treffend bemerken: »Wissen Sie, bei der Diskussion um Oper und Schauspiel habe ich mich manchmal gefragt, warum diese Einwände nicht kamen. dass nun beim ersten Kulturprojekt, das für alle Kölner da sein soll, die soziale Frage dagegengeschoben wird, wundert mich schon.«
Was sind unsere Forderungen?
Wie sind sie zu entwickeln?
Angesichts der Aktionen zum Thema UmFAIRteilen, die jedenfalls die Gewerkschaft Verdi in Köln hinsichtlich der Beteiligung enttäuschte – erhofft waren 10 000 Demonstranten, gekommen sind allenfalls 4 000 – wird es nicht leicht sein, die Klasse mit Steueralternativen hinter dem Ofen hervorzulocken. Wir müssen die Proteste gegen die nächstliegenden, die spürbarsten Einschnitte verbinden mit solchen gegen die Umverteilungsmaschinen Fiskalpakt und ESM. Allein der Protest gegen angebliche Prestigeprojekte, ohne Verknüpfung mit der Frage Arm und Reich, greift zu kurz und trifft die Dramatik der Kürzungsmaßnahmen nicht. Der Protest muss sich gegen die Banken und Großkonzerne richten. Nur so kann er auch die notwendige Breite erreichen.
Streichen bei den Reichen, statt Sparen bei den Armen!
Klaus Stein, 7. Januar 2013
Fotos von der Protestaktion am 18. Dezember 2012 (Klaus Stein)