Besuch aus Genk
Solidarität mit den Fordwerkern in Genk/Belgien!
12.12.2012 | Genossen der Partij van de Arbeid (PVDA) aus Genk, Arbeiter vom dortigen Fordwerk, waren am vergangenen Dienstag zu Gast bei der DKP Köln. Das hatten wir bei einem kürzlichen Besuch dort vereinbart. Turnusmäßig wäre unsere Kreisvorstandssitzung dran gewesen. Die wurde um eine Stunde vorverlegt und der Tagesordnungspunkt »Der Kampf der Fordwerker gegen die Schließung des Werkes in Genk, Forderungen und Perspektiven« kurzerhand öffentlich gemacht. Einige hundert Einladungen waren dazu vor dem Ford-Werk in Köln-Niehl verteilt worden.
Es kommen Willem de Witte mit drei weiteren Genossen, nachdem sie nach anderthalb Stunden Fahrt einen ungefährlichen Parkplatz in der Kölner Südstadt gefunden haben. Etwa dreißig Personen füllen das Freidenkerzentrum. Willem fängt an. Im belgischen Genk, einem Städtchen von 65 000 Einwohnern nach der Grenze, verlieren 10 000 Arbeiter bei Ford ihre Arbeit. Am 24. Oktober ist ihnen das mitgeteilt worden. Seitdem verlässt kein Auto, kein Fertigungsteil oder gar eine ganze Maschine das Werk. Die Arbeiter bewachen die Tore. Offiziell wird kurzgearbeitet.
Was nach dem Ende der Kurzarbeit am 7. Januar geschehen soll, ist noch offen. Es geht nicht zuletzt um die Frage, ob man sich mit Abfindungen zufrieden geben soll. Das scheint die Orientierung der Gewerkschaften zu sein. Die hätten vor zwei Jahren (namentlich wird der Kollege Champagne erwähnt, den sie Prosecco nennen) ohne Referendum zugestimmt, dass die Löhne um 12% sinken, angeblich zur Rettung des Werkes. Die PVDA-Genossen jedenfalls wollen, dass Ford erhalten bleibt, und werben dafür mit wachsendem Erfolg unter ihren Kollegen. Das würde 2,6 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 kosten – also weniger als die Profite, die das Werk abwirft. Ford hätte im vergangenen Jahr fast 8,7 Milliarden Dollar Gewinn gemacht. Ford verkaufte 1,6 Millionen Autos im Jahr 2011 in Europa, das werde in den kommenden Jahren kaum anders sein. Die Arbeitslosigkeit beträgt gegenwärtig in Genk schon 17%. Die Jugendarbeitslosigkeit ist die höchste in Flandern. Wenn man von Konversion spreche, also von der Verwandlung von Arbeitsplätzen in der Autoindustrie in solche für andere Produkte, sei zu fragen, warum derartige Jobs nicht schon eher geschaffen worden sind. Die bürgerlichen Politiker hätten zugesehen, als Renault in Vilvoorde und Opel in Antwerpen geschlossen worden sind. Immer wieder wurden Geschenke an die Industrie verteilt, nie aber hat die Regierung auf einer Arbeitsplatzgarantie bestanden. Stattdessen behauptet die herrschende Politik, dass der Lohn zu hoch sei. Dabei ist das Problem nicht der Lohn. In Wahrheit ist den Eigentümern der Gewinn nicht hoch genug. In der Autoindustrie betragen die Löhne gerade mal 6 Prozent der Gesamtkosten.
Unter der Losung »Samen het zij keren!« (Zusammen die Zeiten ändern!) sagt die PVDA:
Die Verträge sind einzuhalten. Noch im Jahr 2010 hatte Ford den so genannten Zukunftskontrakt unterzeichnet und darin eine Arbeitsplatzgarantie bis zum Jahr 2020 gegeben. Drei neue Modelle sollten in Genk produziert werden. Die PVDA fordert von der Regierung, dass sie durchsetzt, dass Ford diese Verträge erfüllt und die Jobs erhalten bleiben.
Alle Mittel müssen eingesetzt werden, sagen die Genossen. Dazu gehört eine Verkaufsverbot für Autos der Marke Ford in Belgien und die Beschlagnahme der Fabrik durch die Arbeiter.
Belgien hat einen sehr flexiblen »Kündigungsschutz«. Massenentlassungen sind ganz leicht möglich. Das muss sich ändern. Die PVDA fordert gesetzliche Hürden für Entlassungen, die höher sind als im Rest von Europa. Großbetriebe müssen alle Subventionen sowie die ihnen erlassenen Sozialversicherungsbeiträge zurückzahlen, sobald sie aus Profitgründen wegziehen.
In der folgenden Diskussion sind alle sehr konzentriert. Es wird auf die Maßnahmen der hiesigen Polizei gegen die Genker Fordwerker bei ihrem Besuch am 7. November verwiesen. Offenbar zielt die Staatsanwaltschaft auf die Einschüchterung auch der Kölner Kollegen. Es wird von der gestrigen Betriebsversammlung bei Ford Köln berichtet, in der die Solidarität mit den Genkern ausgedrückt worden sei. Als von den Gästen einer im Zusammenhang mit dem Kampf um die Arbeitsplätze die Notwendigkeit der Abschaffung des Kapitalismus betonte, bekam er zur Antwort: »Eins nach dem anderen«.
Gesagt wurde auch, immer wieder werde im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung politisch versucht, die Solidarität der Fordwerker untereinander zu bestreiten. Dennoch ist die Vertiefung der Solidarität eine Aufgabe, zu der die Kölner DKP beitragen wird. Zunächst mal, indem sie informiert.