26. Januar: Feierstunde für die Opfer des Faschismus – Beeindruckend und aktuell
Es ist nicht leicht, eine Feierstunde für die Opfer des Nazifaschismus so zu gestalten, dass sie einerseits dem Anlass, dem Jahrestag der Befreiung der Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz durch Soldat(inn)en der Roten Armee, angemessen ist und gleichzeitig in Form und Inhalt nicht zum ritualisierten und damit letztlich inhaltsarmen Honoratiorenereignis verkommt. Die Organisator(inn)en der Kölner Gedenkstunde „Erinnern – eine Brücke in die Zukunft“ meistern diese Schwierigkeit seit Jahren und schaffen es sogar, immer besser zu werden. Für ihre Mühe und deren beeindruckendem Ergebnis ist allen Mitwirkenden nicht genug zu danken.
Die Veranstaltung, die in diesem Jahr bereits am 26. Januar stattfand, um auch den jüdischen Menschen eine Teilnahme zu ermöglichen, die sonst wegen des Sabbats nicht hätten kommen wollen, erinnerte an die ungefähr 500.000 Menschen, die seit dem 30. Januar 1933 aus unterschiedlichen Gründen gezwungen waren, ihre Heimat Köln zu verlassen oder die, wie der US-Amerikaner Varian Fry alles daransetzten, Flüchtlingen aus Nazi-Deutschland ein Entkommen vor dem Terror zu ermöglichen. Nicht nur die Anwesenheit von Faye Cukier, die Deutschland als jüdisches Mädchen wegen des Nazi-Rassenwahns verlassen musste und in Belgien als Illegale überlebte, machten die Veranstaltung zu einem (auch hochemotionalen) Erlebnis – es war wahrscheinlich auch allen Anwesenden, die Kirche war wie in jedem Jahr voll besetzt, klar, dass das Thema Flucht und Exil so aktuell ist, wie es kaum ein anderes ein kann. Der anschließende Mahngang zum Altermarkt, auf dem die Gruppe Wohnen Wagen der Willkommensinitiativen Köln und das Ehepaar Kermani vom Avicenna Kultur- und Hilfswerk über ihre Arbeit für Flüchtlinge informierten, machte das zusätzlich deutlich.
Und wer hätte bei dieser Textpassage über Einreisebeschränkungen in den späten dreißiger und frühen vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht an die aktuelle europäische und deutsche Politik gedacht: „Eine internationale Konferenz im französischen Evian-les-Bains, die von den USA einberufen wird, um weitere Hilfsmöglichkeiten für jüdische Flüchtlinge zu organisieren, endet 1938 beschämend: Keiner der 32 anwesenden Staaten erhöht die Aufnahmequoten oder lockert die restriktiven Aufnahmebedingungen. Dagegen ist von „Überfremdung“ und „Einwanderungsflut“ die Rede.“
Es war eine Gedenkstunde, die nicht nur ungemein beeindruckend war und aktuell sondern selbst denjenigen, die tief im Thema stecken, Neues bot. Dafür sei noch einmal allen Mitwirkenden gedankt: Der Vorbereitungsgruppe (Ulrike Bach, Karola Fings, Irene Franken, Beate Gröschel und Klaus Stein), den Schauspieler(innen), die den Text vortugen (Maria Ammann, Renate Fuhrmann, Klaus Nierhoff und Stefan Preiss), den Musikern und der Sängerin (Henning Brand, Mohammed Dehghani, Margaux Kier und Kurt Maibaum) sowie Pfarrer Mathias Bonhoeffer und Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes.
(Peter Trinogga)