XX. Bundeskongress der SDAJ
„Die SDAJ in den kommenden Klassenkämpfen stark machen!“
Die UZ, die Wochenzeitung der DKP, veröffentlichte am 7. Oktober ein Interview mit Björn Schmidt, Vorsitzender der SDAJ, anlässlich des XX. Bundeskongresses der SDAJ in Hannover:
UZ: Der XX. Bundeskongress der SDAJ hatte mit Zeitproblemen zu kämpfen. Die Diskussion, um den ersten Antrag für eine Antifa-Kampagne nahm fast den ganzen ersten Tag ein. Was ist die Zielstellung der letztlich mit 100 zu 40 Stimmen verabschiedeten Kampagne?
Schmidt: Die Kampagne zielt darauf ab, gegen die „soziale Demagogie“ von rechts aktiv zu werden. Der Kongress hat beschlossen, mit konkreten Vorhaben wie einer antifaschistischen Aktionswoche dafür zu sorgen, rassistischer Hetze an den Orten, an denen Jugendliche lernen und arbeiten entgegenzutreten. Gemeinsam mit Gewerkschaftsjugendlichen und Schülervertretungen soll darüber aufgeklärt werden, wie sich Faschisten und Rechtspopulisten gegen die Interessen von Schülern und Azubis stellen.
UZ: Die Kritiker sahen in der Kampagne eine falsche Orientierung. Nicht das Neonaziproblem brenne Arbeiterjugendlichen unter den Nägeln, sondern vor allem ihre soziale Situation, das Problem nach der Ausbildung nicht übernommen und in die Erwerbslosigkeit oder prekäre Beschäftigung entlassen zu werden …
Schmidt: Die SDAJ hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt mit der unmittelbaren Interessensvertretungspolitik von Arbeiterjugendlichen beschäftigt. Der XX. Bundeskongress hat beschlossen, ab Herbst 2012 einen Schwerpunkt auf Arbeiterjugendpolitik zu legen. Das heißt konkret, sich in wichtigen Tarifrunden an Auseinandersetzungen der Gewerkschaften zu beteiligen. Dies ist eine gute Möglichkeit, auch für Gruppen mit einer geringen betrieblichen und gewerkschaftlichen Verankerung aktiv werden zu können. In den vergangenen Monaten standen bei der Arbeiterjugendpolitik der SDAJ vor allem die Themen Leiharbeit und Befristung im Mittelpunkt. Mit dem Aufruf „Ausbildung und Übernahme statt Leiharbeit“ (www.übernahme-statt-leiharbeit.de) fordern wir gemeinsam mit der DIDF-Jugend ein generelles Verbot von Leiharbeit. Wir sehen den Aufruf als ein Diskussions- und Aktionsangebot, mit dem unsere Gruppen und Landesverbände an Gewerkschaftsjugenden herantreten können.
Die antifaschistische Kampagne ist eine Aktionsorientierung, die Antworten rechter Kräfte auf die miese Perspektive Jugendlicher möglichst unwirksam werden zu lassen. Das bedeutet also, eine Verbindung von Interessensvertretungspolitik und Antifaschismus. Die Diskussion auf dem Bundeskongress hat gezeigt, dass es im Verband unterschiedliche Analysen gibt, was die Einschätzung der rechten Gefahr und den Kampf gegen die Krisenabwälzung angeht. Der neugewählte Bundesvorstand hat damit den Auftrag bekommen, diese Diskussion weiterzuführen.
UZ: Auch zum Bildungsstreik am 17. November sind neben den Schülerinnen und Schülern, Lehrern, Eltern und Studierende Auszubildende aufgerufen. Gehst du von einer Mobilisierung der Gewerkschaftsjugenden aus?
Schmidt: Es gibt bereits Beschlüsse aus Gewerkschaftsjugenden auf bundesweiter Ebene, Bildungsstreiks zu unterstützen. Auch auf den bundesweiten Vorbereitungskonferenzen, an denen wir uns beteiligt haben, nahmen Vertreter der DGB-Jugend teil. Insofern gibt es hier eine gute Grundlage für eine solche Mobilisierung. Vergangene Bildungsstreiks haben gezeigt, dass es eine schwierige aber nicht unlösbare Aufgabe ist, diese Mobilisierung auch in Berufsschulen und Betrieben praktisch durchzuführen. Klar ist natürlich, dass es für Azubis viel schwieriger ist, während der Arbeits- oder Berufsschulzeit an den Demonstrationen teilzunehmen. Doch auch hier gibt es Erfahrungen, wie dies gelingen kann, z.B. mit verlegten Jugendversammlungen oder Freistellungen durch die Berufsschulen, die unser Anliegen unterstützen.
UZ: Welche Rolle hat der Bildungsstreik auf dem Kongress gespielt?
Schmidt: Mit einem Initiativantrag hat sich die SDAJ die Aufgabe gestellt, Bildungstreikbündnisse zu gründen und zu unterstützen. In den Bündnissen es vorrangige Aufgabe der Gruppen, die Kontakte und Verbindungen zu Schülervertretungen zu nutzen und zu steigern. Den Bildungstreik wollen wir auch dafür nutzen, die längerfristige Interessensvertretung an Schulen zu stärken, eben auch durch eine Politisierung von Schülervertretungen. Wir stellen unsere Agitation unter das Motto „Bildungsstreik statt Rettungsschirme – Geld für Bildung, nicht für Banken und Konzerne“. Von den Milliarden-Rettungsschirmen zur Bewältigung der Euro-Krise profitieren die Banken und Konzerne. Die Finanzierung der Kreditwürdigkeit anderer kapitalistischer Länder gegenüber den Banken, vor allem der deutschen, geht unmittelbar zu Lasten der Bildungsausgaben hierzulande. Die zusätzlichen Kürzungen im Bildungsbereich schlagen sich dabei vor allem in bundesweiten Sparpaketen, neuen landesweiten Schulgesetzen und kommunalen Schulschließungen nieder. Zur Verbreitung unserer Inhalte nutzen wir u.a. eine Extra-Ausgabe des SDAJ-Magazins „POSITION“ und verkaufen die reguläre „POSITION“.
UZ: Ohne große Debatte und sogar einstimmig verlief die Abstimmung über ein Kuba-Solidaritätsprojekt. Was ist geplant?
Schmidt: Das letzte Cuba-Solidaritätsprojekt haben wir 2004 gestartet. Auch diesmal werden wir mit einer Arbeitsbrigade ganz praktisch unsere Solidarität mit Cuba zeigen. In der Vergangenheit haben wir z.B. Räume einer Universität renoviert. Die Absprachen mit dem UJC, der kommunistischen Jugend in Cuba, beginnen nun, um die neue Brigade zu konkretisieren. Das Projekt hat daneben die Aufgabe, gegen die antikommunistische Propaganda in Deutschland die Errungenschaften des Sozialismus aufzuzeigen. Dabei wird sicherlich auch die Beschäftigung mit den Wirtschaftsreformen eine Rolle spielen.
UZ: Verschoben werden musste am Ende der Hauptantrag, das Zukunftspapier, ein programmatisches Papier. Wie geht ihr mit dem Problem um?
Schmidt: Der Bundeskongress hat mit einer Handlungsorientierung eine politische Orientierung und ein umfangreiches Arbeitsprogramm in allen Schwerpunkt- und Arbeitsfeldern für die nächsten zwei Jahre beschlossen. Neben den bereits erwähnten sind das Antimilitarismus, Internationalismus, Organisationspolitik, Frauenpolitik, Umweltpolitik, marxistische Bildungsarbeit und die „position“. Das heißt, wir haben eine inhaltliche und organisatorische Grundlage für die Arbeit des neues Bundesvorstands. Die Gruppen und Landesverbände haben im Vorfeld des Bundeskongresses den Antrag „Zukunftspapier“ intensiv diskutiert. Das macht die hohe Zahl an Änderungsanträgen deutlich. Um diese Diskussion und Beschlussfassung in ausreichender Zeit angehen zu können, haben wir beschlossen, eine zweite Tagung auszurichten.
UZ: Du bist für weitere zwei Jahre zum Bundesvorsitzenden gewählt worden. An dieser Stelle unser herzlicher Glückwunsch. Was war für dich das wichtigste auf dem Kongress?
Schmidt: Vielen Dank. Wichtig war für mich die große Ernsthaftigkeit, mit der der Verband bereits die Vorbereitung des Kongresses angegangen ist. Das zeigt sich im Bemühen, zentrale Anträge weiterzuentwickeln und im Beschluss künftig auf ein Delegiertenprinzip zu setzen. Der Verband hat gezeigt, dass er sich organisatorisch weiterentwickelt hat. Das machte nicht nur die hohe Teilnehmerzahl deutlich, sondern auch die Tatsache, dass ein neuer Landesverband im Norden entstanden ist und erstmals mehrere Gruppen aus Ostdeutschland dabei waren. Die Diskussionen auf dem Kongress waren bisweilen kontrovers, aber solidarisch und darauf gerichtet, die SDAJ in den kommenden Klassenkämpfen stark zu machen.