Gegen Neonazis, Rassismus und Ausgrenzung. Für eine gerechte und solidarische Gesellschaft!
Dazu rief das Bündnis „Birlikte – Zusammenstehen“ auf. Es besteht aus dem STERN, der Interessengemeinschaft Keupstraße, der Stadt Köln, der Künstlerinitiative Arsch Huh – Zäng ussenander, dem Konzertveranstalter Roland Temme, der Amadeu Antonio Stiftung, dem Schauspiel Köln und dem Musiker Mario Rispo. Letzterer sei mit der Idee zum STERN gegangen. „Daraus entstand dann dieses fantastische, dreitägige Anti-Nazi-Festival zu Pfingsten, aus dem sich das Aktionsbündnis ‚Birlikte’ gebildet hat.“
Vor 10 Jahren, am 9. Juni 2004, hatten zwei Neonazis mittels einer Nagelbombe 22 Menschen in der Keupstraße verletzt, vier davon schwer. Sieben Jahre lang, bis zum November 2011, wurden die Täter unter den Anwohnern gesucht.
70 000 Besucher genießen am Sonntag herrliches Wetter und türkische Gastfreundschaft. Zahlreiche Bühnen, Verkaufs- und Infostände. In einer der Veranstaltungen sagt Özcan Yildirim, Friseur von der Keupstraße 27, über die polizeilichen Ermittlungen gegen die Angegriffenen. „Die erste Bombe hat uns zwar verletzt, aber das was danach kam, war wie eine zweite Bombe.“ Aber er freut sich auf Bundespräsident Joachim Gauck. Viele Bewohner der Keupstraße empfinden den Besuch als lange fällige Wertschätzung.
Mehmet Demirkan aus Kassel berichtet vom 6. Mai 2006. Einen Monat nach dem Mord an Halit Yozgat forderten 2000 Demonstranten: „Kein 10. Opfer!“. Sie ließen keinen Zweifel, dass sie Nazis für die Täter der Mordserie hielten.
Unterstützt wird Birlikte von örtlichen antirassistischen Initiativen. Auch die VVN ist mit einem Infostand auf dem Fest vertreten. Die Initiative „Keupstraße ist überall“ hat ihren Standort im Café Sabahçı. Im überfüllten Hinterzimmer wird über die geplante Begleitung der Nebenkläger nach München berichtet. Zwei Rechtsanwälte erzählen vom NSU-Prozess. Martina Renner, PDL-MdB, sowie die Journalistin Heike Kleffner schildern ihre Erfahrungen mit den NSU-Untersuchungssauschüssen im Bundestag und in Thüringen. Klartext über die Unterstützung des NSU durch die Sicherheitsbehörden.
In einer Diskussion am Pfingstmontag schämt sich Bundesjustizminister Heiko Maas für das Versagen der Behörden. Anetta Kahane sieht das Problem im Rassismus der Mitte der Gesellschaft, weniger beim Verfassungsschutz. Stefan Aust fordert dessen Abschaffung. Jörges, Chefredakteur des STERN (Bertelsmann), distanziert sich von Sarrazin (Autor bei Random House, Bertelsmann).
Es ist heiß. Vor der Bühne bleibt Platz. Das Konzert wird im wdr-Fernsehen übertragen. Bundespräsident Gauck eröffnet. Neben ihm stehen die teilnehmenden Künstler sowie weitere wohlmeinende Nazigegner: OB Jürgen Roters (SPD), NRW-Innenminister Jäger (SPD), die NRW-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), Wolfgang Bosbach (CDU-MdB) sowie der Verleger Alfred Neven-Dumont, der in seiner kurzen Ansprache sagen darf, dass sich seine Generation nach 1945 zu Demokraten gewandelt habe. Ein Fordarbeiter erinnert an Pastor Niemöllers unvergessenen Spruch: „als die Nazis die Kommunisten holten...“
Vorwiegend kölsche Musik. Wegen Unwetters wird die Veranstaltung nach dem Auftritt von Niedeckens BAP um 20.15 Uhr abgebrochen.