Peter Simon

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Trauerrede
Peter Simon II


Am 31. August schrieb ich an Freunde und Wegbegleiter von Peter Simon: Ich wollte Euch mitteilen, dass gestern Abend, am 30. August 2019, unser gemeinsamer Freund, Genosse und Linksanwalt Peter Simon verstorben ist. Er ist 76 Jahre alt geworden.

Trauerecke mit brennender Kerze.

 

Ich möchte nun die Trauer mit Euch teilen, indem ich Euch an einen liebenswerten, gesellschaftlich und politisch interessierten und, ja, lebensfrohen Menschen erinnern möchte, der selten um eine Antwort verlegen, dennoch stets zurückhaltend, zuweilen bissig, sowie vielseitig interessiert war.


So haben Christine, meine Frau, und ich, ihn nicht nur in den letzten dreieinhalb Jahren nach einer Hirnblutung infolge eines Schlaganfalls Anfang 2016 häufig zunächst in der Reha in Godesberg und danach im Seniorenheim der Arbeiterwohlfahrt in der Kölner Südstadt besucht, nein, davor haben wir mehrmalige Reisen nach Frankreich unternommen, in sein von ihm so geliebtes Soulac am Atlantik, nach Paris in seine geschätzte Brasserie Wepler am Place Clichy, wo wir nicht umhin kamen mit ihm des Assietes de Crustacés / Teller mit Krustentieren mit entsprechender Weinbegleitung zu verspeisen, denn die Leidenschaft für gutes und reichhaltige Essen teilten wir ebenso wie sein politisches Engagement und seine Liebe zur Jazzmusik. Daher führte uns eine weitere Reise auf das Jazzfestival nach Marciac.


Aber auch in Köln gingen wir gemeinsam zu Jazzkonzerten, zumal seine ihm auch durch seine anwaltliche Vertretung eng verbundenen Kölner Jazzikonen Peter Herbolzheimer und Charlie Mariano enge Freunde von ihm wurden. Er konnte stundenlang von den Begegnungen mit derlei Jazzgrößen erzählen, nicht zuletzt ermöglichte er auch durch sein Engagement das berühmte Köln Konzert von Keith Jarrett, das in der Kölner Oper am 24. Januar 1975 stattfand. Im letzten Moment – Jarrett saß schon wieder im Wagen – gelang es dann Vera Brandes, den Pianisten zu überzeugen, trotz Übermüdung und ungenügenden Flügels zu spielen.


Seit SDS-Zeiten in Köln im MSB-Spartakus aktiv, bis zu seinem Lebensende Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei. Die Hochschulpolitik der gewerkschaftlich orientierten Studentenvertretungen, die vom Sozialistischen Hochschulbund (SHB) und Marxistischen Stundentenbund (MSB) getragen wurden, war eins der erfolgreichsten Politikfelder der DKP und währte immerhin fast zwei Jahrzehnte Jahre lang. Peter Simon war hier in Köln und im Rheinland ein wichtiger Protagonist dieser Politik.




Am 12. Januar 1969 kamen die Genossinnen und Genossen in Westhofen aus verschiedenen Hochschulorten der Bundesrepublik zusammen, vornehmlich aber aus Nordrhein-Westfalen und vor allem von den Universitäten Köln und Bonn, und gründeten die Assoziation Marxistischer Studenten – Spartakus (AMS). Bereits im Jahr darauf hatte dieser Zusammenschluss nahezu 1.000 Mitglieder, während der SDS sich im März 1970 auflöste. Das enge Bündnis von MSB und SHB hatte eine studentische Massen-anhängerschaft. 1972 zählte der MSB 40 Gruppen mit 2.000 Mitgliedern, 1973 der SHB 80 Gruppen mit etwa 3.000 Mitgliedern. Die Politik der gewerkschaftlichen Orientierung konnte nur durch eine brutale Berufsverbote-Politik gestoppt werden. Von den seit 1972 eingeführten Beschäftigungs- und Berufsverboten waren Mitglieder des MSB z. B. bei der Bewerbung für akademische Hilfstätigkeiten und bei Bewerbungen für den öffentlichen Dienst in hohem Maße betroffen.

Trauerredner Wolfgang Reinicke-Abel.


Der MSB gab das monatliche Studentenmagazin Rote Blätter heraus und führte das vormalige Kölner SDS-Blatt facit als umfangreiches zweimonatliches Theorieorgan («Beiträge zur marxistischen Theorie und Politik») fort. Die facit-Gruppe, für die Peter Simon schon im Jahre 1967 schrieb, war eine der Gründungsgruppen des MSB gewesen. Ihre Mitglieder hatten mit der illegalisierten KPD sympathisiert bzw. ihr angehört, so auch Peter. Er organisierte nicht nur mit viel Engagement in den frühen 1970er-Jahren den sogenannten «Roten Rummel»- ein erfolgreiches Kulturfestival des Marxistischen Studentenbundes, nein, er stand fast jeden Samstag mit einem UZ-Stand auf dem Chlodwigplatz.


Sein Interesse galt auch im weitesten Sinne ‹linker› Graphik und Kunst, seine Sammlung gab immer wieder Anlass zu Kunstversteigerungen in seiner Wohnung in der Goltsteinstraße, zunächst in der Nr. 76a, danach gegenüber in der ‹65›, in der er gemeinsam mit Wein-Eddy ein großherziger und großzügiger Gastgeber war. Ein munterer Haufen von Freundinnen und Freunden gaben sich hier über Jahre ein fröhliches Stelldichein: Gaukler und Künstler, Musiker und Literaten, Neu- und Altlinke.


Sein gesellschaftliches und anwaltliches Engagement soll bei dieser Aufzählung allerdings nicht zu kurz kommen. Nachdem er seinen gut dotierten Job als leitender Angestellter eines Kölner Versicherungskonzerns aufgegeben hatte, beriet und vertrat er insbesondere Mandaten, die nicht unbedingt auf Rosen gebettet waren. Bis zu seiner Hirnblutung war er für die kostenlose Sozialberatung rund um Hartz IV und Sozialhilfe für die Partei Die Linke tätig. Frau Hersemeier – seine langjährige Bürovorsteherin – und Gerda standen ihm bis zuletzt in seiner Kanzlei zur Seite. Sein ehemaliger Referendar, der heutige Anwalt Frank Niesen half dabei, die Kanzlei sukzessive aufzulösen.




Vor nahezu 77 Jahren wurde Peter Simon am 30. November 1942 in Berlin geboren, nach faschistischem III. Reich und verheerendem II. Weltkrieg ging es über Lippstadt, dort lebte die Familie des Vaters, 1956 nach Köln. Die Beziehung zu seinen Schwestern Eva-Maria und Bettina – er nannte sie Puppa und Tini – war stets von Liebe und Bruderstolz geprägt. Seine antifaschistische Haltung resultierte auch aus dem distanzierten Verhältnis zu seinem Vater, den er als Nazi kennzeichnete. Das Verhältnis zu seiner Mutter und seiner «Heimatstadt» Köln war eng. Er kannte ja «Gott und die Welt» und hat hier in Köln nahezu sein ganzes Leben verbracht. Der rheinische Humor und die Liebe der Kölner für Kölsch, Karneval und den 1.FC Köln waren ihm nicht fremd, was seine abendlichen Besuche in seiner damaligen Stammkneipe, der Eule in Bayenthal, beweisen. Auch Kuckis Weinkneipe zur Alten Wettannahme in der Alteburger Straße gehörte zu seinen bevorzugten Adressen. Samstagmorgens trank er dort gerne seinen Cremant. Im Tavernaki lauschte er bei griechischen Speisen den von seinem Freund Fotis organisierten Konzerten. Dort hielt er auch schon mal die einführende Rede.


Bayenthal und die Südstadt waren seine bevorzugten Veedel. Er lebte jahrelang mit seiner Frau Betty, die viel zu früh starb, auf der Goltsteinstraße, ganz in der Nähe seines Freundes André Müller und seiner Frau Anja Weintz, bei denen er häufig zu Gast war. Anja weilt auch nicht mehr unter uns. Immer wieder ist es ihm gelungen, durch seine abwartende, vermittelnde und ausgleichende Art Freundschafts- und Familienbande zusammenzuhalten.


Bis zu seiner Prostata-OP vor einigen Jahren spielte er leidenschaftlich gern Fußball als Torwart bei den alten Herren des Anwaltvereins.


Ich hatte das große Glück ihn im Jahre 2009 näher kennenzulernen, als ich mich wegen einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung hilfesuchend an den Genossen Anwalt Peter Simon wandte. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass unsere Interessen sehr ähnlich lagen: Die Liebe zu Frankreich und Griechenland, zu deren Kultur, Speisen und Getränken, zur Musik, insbesondere dem Jazz, zur Kultur und Kunst im Allgemeinen und zur Politik im Besonderen. Am Ende hat er mich als seinen «großen» Bruder bezeichnet, vice versa, lieber Peter.


Ich möchte heute insbesondere folgende Menschen nennen, die sich in großer Verbundenheit in den letzten Jahren intensiv um Peter gekümmert haben: seine Schwester Bettina und ihr Partner Günther, die ihm jeden Sonntag durch ihre Anwesenheit versüßt haben, meine Frau Christine, wie immer eine Stütze in der Brandung des Lebens, seinem langjährigen Freund Chris, ehemaliger Besitzer des legendären Metronome-Jazzclubs, der, wie wir, immer nach dem «Rechten» sah, Frau Hölzber, die seine Betreuung übernahm, und selbstverständlich die Freunde und Genossen, die ihn besuchten, beispielsweise Gerda, Raimund und Gillian. Peter Simon II ist nicht mehr.

Wir sind traurig.

Wolfgang Reinicke-Abel, Köln 19.09.2019


 


Wir trauern um unseren Genossen

Peter Simon

30. Oktober 1942 – 30. August 2019

Zwei Monate vor Vollendung seines 77. Lebensjahres verstarb unser gemeinsamer Freund, Genosse und Rechtsanwalt. Wir erinnern uns an einen liebenswerten, gesellschaftlich und politisch interessierten und lebensfrohen Menschen, der selten um eine Antwort verlegen, dennoch stets zurückhaltend, zuweilen bissig, sowie vielseitig interessiert war.

Zu nennen ist die Liebe zu Frankreich und Griechenland, zu deren Kultur, Speisen und Getränken, zur Musik, insbesondere dem Jazz, zu fortschrittlicher Graphik und Kunst. So organisierte er Kulturveranstaltungen und Kunstausstellungen. Seit SDS-Zeiten in Köln im MSB Spartakus aktiv, bis zu seinem Lebensende Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei.

Sein gesellschaftliches und anwaltliches Engagement zeigte sich auch dadurch, dass er insbesondere Mandaten vertrat und beriet, die nicht unbedingt auf Rosen gebettet waren. Bis zu seinem Schlaganfall vor dreieinhalb Jahren war er für die kostenlose Sozialberatung rund um Hartz IV und Sozialhilfe für die Partei Die Linke tätig. Durch seine abwartende, vermittelnde und ausgleichende Art hielt er häufig die freundschaftlichen, familiären und politischen Bande zusammen.

Nun ist der Genosse Peter Simon nicht mehr. Wir werden ihm mit Herz und Verstand verbunden bleiben.


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